FondsDISCOUNT.de: Frau Sander, Sie sind mittlerweile stolze 81 Jahre und nach wie vor begeisterte und sehr erfolgreiche Börsianerin. Was fasziniert Sie so sehr am Investieren?


Beate Sander: Börse ist spannend! Und mit Mut, Entschlossenheit, Wissen und Disziplin gibt es auch immer wieder große Chancen, die meine Hoch-/Tief-Mutstrategie untermauern. Am letzten Freitag stieg die Nemetschek-Aktie kurzfristig auf ein Allzeithoch von 169,95 Euro. Da machte ich einen Teilverkauf. Es reichten zehn Aktien aus dem Altbestand, zu knapp 4 Euro gekauft, um mit diesen 1.690 Euro im gestrigen Abendhandel Voltabox, um 25 Euro abgeknallt, für knapp 12 Euro zu kaufen. Meinem Sohn Uwe empfahl ich, die Wasserstoffaktive NEL NASA für 0,75 Euro. Im Moment kostet Voltabox über 14 Euro und NEL ASA, heute bis zu 15 gestiegen, 0,87 Euro.


Wieder hat sich die von mir erfundene Hoch-/Tief-Mutstrategie bewährt. Das bedeutet: Nur Teilverkäufe bester Aktien mit Kursgewinnen im drei- bis vierstelligen Bereich, um damit chancenreiche, abgestürzte Titel neu zu erwerben oder nachzukaufen. Mein Depot finanziert sich auf diese Weise selbst. Und ich hatte schon im April ein neues Allzeithoch. Dazu kommen neben der breiten Streuung wieder angelegte Dividenden. Bei Fuchs Petrolub sind es alljährlich schon 25 Prozent, bei Rational 33 Prozent. Da wäre selbst ein Teilverkauf dumm, zumal die Dividende bei sehr langfristiger Anlage weiter steigen dürfte.


Wenn Sie zurückblicken: Was waren Ihre besten Investitionsentscheidungen? Und gab es auch Flops?


Im Altbestand verzeichnen Bechtle, Eurofins, Isra Vision, Mensch und Maschine, Nemetschek, Rational, Samsung und Sartorius Kursgewinne über 1.500 Prozent. Bei den Dividenden führen Aurelius, Fuchs Petrolub, Hermle und Rational mit Renditen über 20 Prozent die Rangliste an. Bei den erst vor einem oder zwei Jahren gekauften Titeln liegen Hypoport und VARTA bereits dreistellig im Plus. Dauerhafte Verlustbringer verkaufe ich, sobald ich mit Veräußerungsgewinnen den vom Finanzamt gewährten Steuerausgleich von rund 28 Prozent ausschöpfen kann. Deshalb habe ich mich von LEONI und ElringKlinger getrennt, ebenso von Vectron und rechtzeitig von SMA Solar.


Value oder Growth – haben Sie einen bevorzugten Investmentstil?


Rund 30 Prozent von meinem mengenmäßig großen Depot nehmen unterbewertete, dividendenstarke Valueaktien aus verschiedenen Branchen, Indizes und Nationen ein. Ein weiteres Drittel investiere ich in Titel wie Apple, die beiden Bereichen zuzuordnen sind, nämlich Hightech und Konsum. Das gilt auch für Samsung und weitere Aktien. Hier erwarte ich faire Bewertung und eine durchschnittliche Dividende. Dabei achte ich auch darauf, dass ethische Faktoren nicht zu kurz kommen. Das restliche gute Drittel gehört den Zukunftsmärkten Künstliche Intelligenz, Automatisierungsprozesse, digitalisierte und vernetzte Welt, Cloud Computing, Robotik, Internet der Dinge, Industrie 4..0. Ich nenne aus dem Kopf nur mal die Growthaktien aus meinem Depot mit dem Buchstaben A: Adobe, Alexion, Alibaba, Amazon, AMD, Amgen, Alphabet A und C sowie Apple. Großteils habe ich hier im Dezember 2018 zu niedrigen Kursen zugekauft.


Wer sich ebenfalls an den Kapitalmärkten engagieren möchte, den direkten Aktienkauf und den damit verbundenen Researchaufwand aber scheut, kann auf professionell gemanagte Aktienfonds zurückgreifen. Was sollte man bei der Fondsauswahl beachten?



  1. Aktiv gemanagte Spitzen-Aktienfonds können zeigen, was sie können, wenn ich sie bei mengenmäßig großen Indizes einsetze, z. B. seit der Neuordnung der deutschen Indizes in den MDAX mit 60 Werten, angereichert mit 15 größten TexDAX-Titeln. Gleiches gilt für den SDAX mit nun 70 Werten, elf TecDAX-Titel in den Bereichen Hightech, Software, Biotech, Medtech attraktiver, also Mischung Value und Growth. Das gilt auch für den Nasdaq 100, S&P 500, MSCI World, Nikkei 225 und TOPiX.

  2. Bei mengenmäßig kleinen Indizes mit nur 30 Werten wie DAX, Dow Jones, TecDAX u. a. m. wird es für Fondsmanager sehr schwierig, den Index zu schlagen. Dies gilt vor allem dann, wenn keine anderen Indizes beigemischt werden. Beim DAX kann die Empfehlung nur lauten: Kursschwäche bei besten DAX-Titeln nutzen. An Nachrichten fehlt es weder bei Print noch Online. Selbst ein passiv gemanagter ETF ist hier nicht erste Wahl, weil MDAX und SDAX im Drei-, Fünf- und Zehn-Jahresvergleich doppelt so gut abschneiden und der TecDAX sogar mehr als dreimal so erfolgreich wie der Leitindex ist.


Ein typischer Anlegerfehler ist die sogenannte Heimatmarktneigung, d. h. dass etwa deutsche Anleger DAX-Titeln häufig den Vorzug geben. Woran liegt das?


Zum einen liegt dies daran, dass über den Leitindex überall berichtet wird: DAX – DAX – DAX, erst dann, wenn überhaupt, folgen andere Informationen. Börsen und Banken fördern diesen gar nicht so guten Trend, denn letztlich ist der DAX ziemlich lahm. Man sieht dies am jährlichen DAX-Aktientag. Da verzichten die meisen Depotbanken auf alle Gebühren, wenn nur in den DAX und in DAX-ETFs investiert wird. Warum wird nicht abgewechselt: DAX – MDAX – TecDAX – SDAX und traumhaft auch noch DAXplus Familiy 30, großartig, aber nahezu unbekannt, weil die komplette Print-Berichterstattung über Familienunternehmen hier fehlt. Dies droht nun auch dem deutschen Tabellenführer TecDAX. Aus Platzgründen komplett aus der Berichterstattung der Print-Medien gestrichen...


Wer breit streuen und verschiedene Märke abdecken will, könnte sich ja auch einfach ein paar ETFs ins Depot legen. Wo liegen aus Ihrer Sicht hier die Grenzen der Indexfolger? Was können Aktien oder aktive Aktienfonds gegebenenfalls besser?


Der Vorteil der passiv gemanagten ETFs liegt darin, dass jemand auch mit wenig Wissen, Geld, Lust und Zeit breit gestreut und mit geringem finanziellem Aufwand die wichtigsten Märke weltweit abdecken kann.


Als Hauptnachteil ist anzumerken, dass ein erfolgreiches Stock Picking nicht möglich ist. ich habe hier weder die Chance, Höchststände für Teilverkäufe zu nutzen, noch zu übertrieben starken Kurseinbrüchen einzusteigen oder zuzukaufen.


Tüchtige Fondsmanager schlagen den Index trotz des Ausgabeaufschlags, der im Übrigen verhandelbar ist und auf den zahlreiche Depotbanken aus Werbegründen verzichten.


In einem Video-Interview erzählten Sie davon, dass Sie mit Dr. Jens Ehrhardt (DJE) an einem eigenen Aktienfonds mit dem Fokus auf Familienunternehmen arbeiten…


Für den Moment nur so viel: Bislang handelt es sich um eine Ankündigung, weitere Informationen werden folgen. Fest steht, dass ich bezüglich der Konzeption aktiv sein werde. Alles andere macht DJE – bestens dafür ausgestattet mit qualifizierten Fachkräften und der notwendigen Technik.


Liebe Frau Sander, herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen und Ihnen weiterhin alles Gute!


 


 Tipp: Beate Sander veröffentlicht ihr Börsenwissen in zahlreichen Titeln, welche im FinanzBuch Verlag erscheinen und im Buchhandel erhältlich sind. Viele Tipps für die Fondsauswahl finden Anleger etwa in ihrem Ratgeber „“Wie finde ich die besten Investmentfonds?“ (FBV, 256 Seiten, 24,99 Euro, ISBN: 978-3-95972-028-1; Leseprobe).


 


Ein älteres Interview mit Beate Sander zum Thema Nebenwerte können Sie hier auf FondsDISCOUNT.de nachlesen.