Die Emerging Markets befinden sich am einen historischen Wendepunkt: Zum ersten Mal seit über 30 Jahren wird mehr Kapital aus den Schwellenländern abwandern, als aus dem Ausland investiert wird, berichtet das Institute of International Finance. Das Wirtschaftswachstum der Schwellenländer Brasilien, Russland, China und Südafrika verlangsamt sich. Indien kann sich diesem Trend nicht ganz entziehen, steht aber in der Gruppe der Schwellenländer wirtschaftlich noch am besten da: Von allen großen Volkswirtschaften wächst Indien am schnellsten. Der Weltbank zufolge gibt es 2015 ein Wachstum von 7,5 Prozent, mit einem Ausblick auf 8 Prozent bis 2018. Damit dürfte das Land erstmals seit 30 Jahren wieder schneller wachsen als China.

Doch ein Reformstau im Inland, eine schwache Handelsbilanz und niedrige Löhne in ländlichen Regionen gefährden dieses Wachstum. Die Regierung will deshalb Infrastrukturprojekte ermöglichen, die Investoren aus anderen Ländern anlocken sollen. Die Wirtschaft Indiens wird von Industrie, verarbeitendem Gewerbe und Handwerk getragen.

Die Bundeskanzlerin zu Besuch in Indien
Auf dem Staatsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim indischen Premierminister Narendra Modi am Montag wurde beschlossen, dass Deutschland über zwei Milliarden Euro in den Ausbau von erneuerbaren Energien in Indien investieren wird. Ferner gewährt die Bundesrepublik Entwicklungshilfe in den Bereichen Wirtschaft, Landwirtschaft, Innere Sicherheit, Verteidigung und Finanzmarktregulierung. Deutsche Unternehmen erhalten überdies eine „Überholspur“ für den Zugang zum indischen Markt (Fast Track).

Das ist auch dringend nötig, denn die Konkurrenz schläft nicht. Gunit Chadha, Vize-Chef der Deutschen Bank in der Region Asia Pacific ist davon überzeugt, dass Indien unter den Emerging Markets eine Sonderstellung einnehmen wird. Auch wenn die US-Zentralbank Fed die Zinsen in den kommenden Monaten leicht anheben sollte, habe das indische Finanzministerium Investoren aus allen Ländern die „Indien-Story erfolgreich verkauft“, sagte Chadha der CNBC. Indien profitiert auch von der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in anderen Emerging Markets wie in Brasilien, das vor einigen Wochen durch die Herabstufung von der Rating-Agentur S&P das Investment Grade verlor.

Google startet WLAN-Offensive
Allein Investitionen aus den USA sind in den vergangenen 15 Monaten um 87 Prozent gestiegen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Der Internetriese Google plant zusammen mit der indischen Regierung ein gigantisches Projekt, das 10 Millionen Indern jeden Tag Zugang zu öffentlichen WLAN-Netzen an den größten Bahnhöfen im Land ermöglichen soll. Die digitale Revolution in Indien könnte neue Wachstumsschübe auslösen. Doch die Infrastruktur ist bislang katastrophal. Nur 20 Prozent aller Inder haben Zugang zum Internet. Etwa 1,2 Prozent der Bevölkerung verfügen über einen Breitbandanschluss. Beim mobilen Datenverkehr sieht es noch düsterer aus: 3G- und 4G-Netze sind kaum verfügbar. 80 Prozent der Bevölkerung fehlen die Mittel, elektronisch für Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. Im Vergleich dazu ist Afrika in zahlreichen Regionen schon viel weiter, dort konnte man mit Hilfe von Investoren sogar ganze technologische Entwicklungsschritte überspringen.

Neben der schwachen Infrastruktur liegt ein großes Risiko für das Wachstum in Indien der Weltbank zufolge in den Bilanzen der Unternehmen und Banken. Die staatliche Aufsicht bei Unternehmensfinanzen ist ausbaufähig. Langfristig muss die Regierung eine angekündigte Reform der Waren- und Dienstleistungssteuern umsetzen und das Geschäftsklima für Unternehmen verbessern.

Das Wirtschaftswachstum in Indien ist also nicht so robust, wie es zunächst erscheint. Die Zentralbank (RBI) hat im September bereits zum dritten Mal in diesem Jahr den Leitzins gesenkt auf einen aktuellen Stand von 6,75 Prozent. Das wurde nötig, weil die Inflation auf ein Rekordtief von 3,6 Prozent gefallen ist. Angestrebt wird eine Inflation von etwa 6 Prozent. Die RBI will mit der Zinssenkung das Investitionsklima zusätzlich anheizen.

Aktienfonds mit starker Performance
Die Politik schafft also die Rahmenbedingungen dafür, dass Indien als ein riesiger Markt weiter wachsen wird. Das zeigt sich auch bei den Fonds, die in Aktien vor Ort investieren. Der First State Indian Subcontinent (WKN: A0QYLS) ist ein Aktienfonds und investiert zu über 90 Prozent in Verbrauchs- und Gebrauchsgüter, Finanzunternehmen, Industrie, Materialien und IT auf dem indischen Subkontinent. Der Fonds überzeugt mit einer 12-Monats-Performance von 19,82 Prozent (finanzen.net).

Der India Focus Fund (WKN: A0B8SR) investiert sogar bis zu 98 Prozent in indische Aktien. Neben der Branchen IT, Finanzen und Verbrauchsgüter sucht sich der Fonds von Fidelity Funds auch erfolgreiche Beteiligungen im Gesundheitssektor, im Energiesektor und bei Grundbedarfsgütern. In den vergangenen 12 Monaten konnte der India Focus Fund 15,41 Prozent zulegen.

Bereits im April haben wir Ihnen die beliebtesten Indienfonds unserer FondsDISCOUNT.de-Kunden vorgestellt. Doch auch die Fonds auf den hinteren Plätzen unserer Topseller-Liste können sich sehen lassen: Zum Beispiel der DWS India (WKN: 974879) mit einer Performance von 8,82 Prozent und der Jupiter India Select L (WKN: A0Q2X7), der innerhalb eines Jahres 11,62 Prozent zulegte (siehe Chartbild, oben).

Fazit: Obwohl in den kommenden Monaten Kapital aus den Schwellenländern abwandern wird, kann Indien durch seine stark wachsende Wirtschaft eine Sonderstellung einnehmen. Steigende Zinsen in den USA könnten dem Kreditboom der vergangenen Jahre ein Ende setzen. Das ändert aber nichts am Investitionspotenzial Indiens. Investoren werden weiterhin nach erfolgversprechenden Projekten und Unternehmen in Indien suchen.

Weitere Artikel in unserer Reihe über die Emerging Markets
Teil 1: Brasilien: S&P stuft Brasilien auf Ramsch-Niveau herab
Teil 2: Afrika: Investitionen in die Zukunft Afrikas
Teil 3: Indien: Aktienfonds überzeugen mit starker Performance
Teil 4: Russland: Putin: Wirtschaft ist am Tiefpunkt angekommen