FondsDISCOUNT.de: Herr Kölsch, das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG), bietet Anlegern Orientierung im Bereich Nachhaltigkeitsfonds. Mögen Sie uns kurz Ihre Zielsetzungen und die Organisationsstruktur erläutern?


Roland Kölsch: Der Fachverband für Nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz, repräsentiert als eingetragener Verein über 200 Mitglieder, die sich für mehr Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft einsetzen. Dazu zählen Banken, Kapitalanlagegesellschaften, Ratingagenturen, Finanzberater, wissenschaftliche Einrichtungen und Privatpersonen. Das FNG fördert den Dialog und Informationsaustausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik und setzt sich seit 2001 für verbesserte rechtliche und politische Rahmenbedingungen für nachhaltige Investments ein. Es verleiht das Transparenzlogo für nachhaltige Investmentfonds, gibt die FNG-Nachhaltigkeitsprofile heraus und hat das FNG-Siegel für nachhaltige Investmentfonds entwickelt. Das FNG ist außerdem Gründungsmitglied des europäischen Dachverbandes Eurosif.


Ich selbst verantworte die FNG-Tochtergesellschaft QNG (Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen mbH). Diese trägt über die Zertifizierung von Finanzprodukten, Gutachten und die Entwicklung von Standards und Dienstleistungen zur Qualitätssicherung nachhaltiger Investments bei. Sie hat u.a. die Gesamtverantwortung für das FNG-Siegel.


Das FNG-Siegel liefert eine Vorauswahl an glaubwürdigen und professionell verwalteten Nachhaltigen Geldanlagen und hilft Anlegern somit, ihre eigene Suche nach solchen Finanzprodukten einfach und schnell zu meistern. Dies ist wichtiger denn je, denn seit kurzer Zeit entdeckt jeder Fondsanbieter einen Schnipsel Nachhaltigkeit in seiner DNA und auf einmal ist jeder ein Pionier oder sieht sich als der Strengste, Innovativste, Größte, Grünste oder was auch immer. Mittlerweile tummeln sich mehr als 1.000 Produkte, die sich „nachhaltig“ nennen auf dem Markt.


 


Welche Kriterien fließen in die Vergabe Ihres FNG-Siegels mit ein?


Die ganzheitliche Methodik des FNG-Siegels basiert auf einem Mindeststandard. Dazu zählen Transparenzkriterien und die Berücksichtigung von Arbeits- und Menschenrechten, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung wie sie im weltweit anerkannten UN Global Compact zusammengefasst sind. Auch müssen alle Unternehmen des jeweiligen Fonds explizit auf Nachhaltigkeits-Kriterien hin analysiert werden und der Fonds eine explizite Nachhaltigkeits-Strategie vorweisen. Tabu sind Investitionen in Atomkraft, Kohlebergbau, bedeutsame Kohleverstromung, Fracking, Ölsande sowie Waffen und Rüstung.   


Hochwertige Nachhaltigkeits-Fonds, die sich in den Bereichen „institutionelle Glaubwürdigkeit“, „Produktstandards“ und „Impact“ (Titelauswahl, Engagement und KPIs) besonders hervorheben, erhalten bis zu drei Sterne.


Das FNG-Siegel geht weit über die reine Portfoliobetrachtung hinaus und ist ganzheitlich und aussagekräftig.   


Mit über 80 Fragen wird z.B. der Nachhaltigkeits-Anlagestil, der damit einhergehende Investmentprozess, die dazugehörigen ESG-Research-Kapazitäten und ein evtl. begleitender Engagement-Prozess analysiert und bewertet. Darüber hinaus spielen Elemente wie Reporting, die Fondsgesellschaft als solche, ein externer Nachhaltigkeitsbeirat und Themen der guten Unternehmensführung eine wichtige Rolle.


Kurzum: Zuerst einmal definiert das FNG-Siegel einen Mindeststandard für die Qualität Nachhaltiger Geldanlagen. Es vermeidet somit, dass Anleger auf Mogelpackungen reinfallen. Finanzprodukte, die unser Gütezeichen tragen, sind solide und professionell verwaltete Nachhaltige Geldanlagen. Und die Anlageprodukte, die mehr als nur die „Pflicht“ erfüllen, sondern in der „Kür“ über den Mindeststandard hinaus gehen, werden mit bis zu drei Sternen ausgezeichnet.


 


Sie sind zudem Mitglied in der Arbeitsgruppe zum EU-Ecolabel, das die Umweltverträglickeit von rund 70.000 Produkten und Dienstleistungen bescheinigt. Angesichts der Vielzahl an Labels: Wie sehr kann man als Verbraucher solchen Kennzeichnungen vertrauen?


Wie auch sonstwo geht es auch bei Gütesiegeln im Finanzbereich um Produktklarheit- und -wahrheit, da es gerade bei Nachhaltigen Geldanlagen um komplexe Themen geht, in der es auch nicht selten zu Zielkonflikten kommt. Wichtig ist daher, dass man weiß, was der Inhalt eines Labels ist. Gut ist es, wenn hier Transparenz herrscht, um keine falsche Erwartungshaltung aufkommen zu lassen.


Schauen Sie, ob der Labelanbieter seine Methodik leicht zugänglich und verständlich erläutert.


Auch die Governance des jeweiligen Labels sollte offengelegt werden, um potentielle Interessen-konflikte erkennen zu können und um die Unabhängigkeit zu attestieren.


Was die Organisation bzw. Governance des FNG-Siegels angeht, sind wir überzeugt, eine glaubhafte und professionelle Struktur zu haben, die Gewähr leistet, möglichst nah an 100% Unabhängigkeit zu kommen. Konkret heißt das:  


- Das Audit wird separat und unabhängig von der Universität Hamburg durchgeführt. Dafür erhält sie im Rahmen von Drittmittelförderungen einen fixen Preis. Die Research Group on Sustainable Finance der Universität Hamburg ist mit 20 Researchern (darunter 5 Lehrstühlen) eine der weltweit führenden akademischen Einrichtungen im Bereich Sustainable Finance.              


- Der Vergabeprozess wird von einem externen Komitee überprüft. Im Komitee sind verschiedene Stakeholder aus der NGO-Szene, dem Umweltbereich, der Kirch und der Wissenschaft vertreten.


- Die das FNG-Siegel verantwortende QNG selbst ist nicht das FNG und es gab schon Fondsanbieter, die beim Berwerbungsprozess durchgefallen sind, obwohl sie Mitglied beim FNG sind und andersherum gibt es viele, die das FNG-Siegel tragen ohne Mitglied zu sein.


- Neben der Governance-Struktur, sind die formalisierten Kriterien und Prozesse in den Verfahrensbedingungen festgeschrieben.


Die Aussagen und Wahrnehmung anderer sind ein weiter Gradmesser von Vertrauenswürdigkeit.


Hier erhielt das FNG-Siegel von "label-online", dem von verschiedenen Ministerien geförderten Portal des Bundesverbands "Die Verbraucherinitiative" in allen Dimensionen die höchste Auszeichnung und ist in den Warenkorb des Rats für Nachhaltige Entwicklung aufgenommen worden. Seriöse Medien wie das Handelsblatt, die FAZ und verschiedene Schweizer Zeitungen kommentierten positiv.


Zur Wahrheit gehört aber auch, dass so manche NGO Kritik am FNG-Siegel übt, da ihnen Kriterien nicht umfassend oder streng genug sind. Das gehört dazu, solange die Kritik fundiert und konstruktiv ist. Leider gibt es aber auch im NGO-Bereich Eigeninteressen, die dann schonmal zu Falschanschuldigen und tendenziöser Berichterstattung führen. Hier muß sich jeder in Bezug zu seinem eigenen Nachhaltigkeits-Verständnis ein eigenes Bild machen und im Rahmen der Transparenz-Bemühungen eines Label-Anbieters selbst eine Bewertung vornehmen.


 


Zurück in die Finanzwelt: Neben den ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) hat sich mittlerweile auch die Abkürzung SRI (Socially Responsible Investment) durchgesetzt. Wie werden Investmentfonds hiernach klassifiziert, kann man die soziale Verantwortlichkeit eines Investments „messen“?


Um genau zu sein, gab es den Begriff SRI schon sehr viel länger als Synonym Nachhaltiger Geldanlagen, manche begannen dann, dieses Akronym mit Sustainable & Responsible Investment zu übersetzen, um die wirtschaftliche (Nachhaltigkeit ist ja ein aus dem 18. Jahrhundert stammendes Forstwirtschaftskonzept) und die ethische Dimension (als Geldanleger hat man auch eine moralische Verantwortung, mit seiner Macht die Welt zum Besseren zu bewegen) besser zum Ausdruck zu bringen. Und bevor es sog. ESG-Kriterien gab, arbeiteten die wirklichen Pioniere schon mit Nachhaltigkeitsmodellen, die auf dem Stakeholder-Ansatz beruhten, die also neben dem Eigentümer (Shareholder) auch die Mitarbeiter, Kunden, Zulieferer, die Umwelt und die Gesellschaft als Solches für eine Unternehmensbewertung mittels sog. extra-finanziellen Indikatoren ganzheitlich bewerten zu können. Thematisch gab es auch Häuser, die mit KPIs und sog. „Key Sustainability Challenges“, später auch mit den planetaren Belastungsgrenzen arbeiteten. Dies bereits lange vor den mittlerweile plakativ sehr bekannten 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (die bunten Kacheln). ESG ist dann eher ein spätes, von der konventionellen Finanzwelt eingeführtes Akronym, welches aber in prägnanter Weise die meisten Themenbereiche zusammenfasst, bei denen es oft in der Nachhaltigkeit geht.


Bei Geldanlagen gibt es viele Wege zu (mehr) Nachhaltigkeit. Seit der Jahrtausendwende haben sich verschiedene Anlagestile entwickelt, um (mehr) Nachhaltigkeit in Form von Geldanlagen umzusetzen. Im Grunde geht es immer um Verhindern, Fördern und/oder Fordern. Oder anders ausgedrückt: Es geht um Divestment, gezielte Investments und/oder die Einflussnahme darauf.


Kern aller Nachhaltigen Geldanlagen ist die Ausrichtung der Titelauswahl mithilfe eines konkreten Nachhaltigkeitskonzepts. Meist geschieht das mittels der sog. ESG-Kriterien, sprich Umwelt (Environment), Soziales und gute Unternehmensführung (Governance).


Eine Geldanlage mit Negativkriterien schließt zum Beispiel kategorisch Investments in Unternehmen aus, die in Waffen & Rüstung involviert sind, Atomenergie herstellen, Tabak oder Alkoholika produzieren oder Kohle abbauen oder verstromen, mit Glücksspiel oder Pornographie ihr Geld verdienen oder immer noch vermeidbare Tierversuche durchführen. Die Liste, meist ethisch-moralischer Natur, ließe sich lange fortsetzen. Hier geht es oft um ganz individuelle - manche sprechen auch von gesinnungsethischen - Überzeugungen.


Bei Geschäftspraktiken geht es gerade bei weltweit operierenden Konzernen um die Achtung von Menschen- und Arbeitsrechten, wie sie in den Kernarbeitsnormen der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) festgelegt sind. Insbesondere bei Zulieferern kommt es hier oft zu Verstößen. Die leidtragenden Beispiele in der Textilherstellung in Südostasien sind vielen von uns leider noch bildhaft vor Augen.


Bei Staaten möchte ein Anleger z.B. keinen Haushalt eines Landes mitfinanzieren, das die menschen-gemachte Erderwärmung (Pariser Klimaabkommen) nicht anerkennt, die Regeln der Weltgemeinschaft zum Schutz der Artenvielfalt nicht respektiert oder die Todesstrafe anwendet. Beim Spinner im Weißen Haus werden hier gleich mehrere rote Linien überschritten.


Daneben gibt es das gezielte Investieren mittels Positivkriterien. Hierzu zählen beispielsweise Investments in Themen wie Bildung, Umwelttechnologien, Infrastruktur, Erneuerbare Energien, Was­ser oder Mikrofinanz. Aber auch die Anlage in Unternehmen, die Lösungen für die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die sog. SDGs, anbieten.


Eine weitere, meist flankierend eingesetzte Methode, ist das sog. Engagement. Darunter versteht man den aktiven, langfristigen Dialog mit Unternehmen über verschiedene Kanäle, um auf deren Nachhaltigkeitsbemühungen einzuwirken. Hier geht es auch um die Ausübung von Stimmrechten.


Die weitaus schwieriger zu beantwortende Frage ist die der Messbarkeit. Hier steht die ganze Branche erst am Anfang, da die Unternehmen selbst überhaupt erstmal über sog. Schlüsselindikatoren der Nachhaltigkeit Bericht erstatten müssen, bevor der Finanzmarkt hier Standards entwickeln kann, die dann auch bewert- und vergleichbar sind.


Wo eine Messbarkeit schon recht gut funktioniert, sind sog. Impact-Investments. Impact Investingzielt primär darauf ab, in Unternehmen und Organisationen zu investieren, um konkrete, messbare, positive Auswirkungen im Nachhaltigkeits-Sinne zu erzielen . Die soziale bzw. ökologische Wirkung ist Teil der Investmentstrategie und wird gemessen. Damit unterscheidet sich Impact Investing sowohl von klassischen Nachhaltigen Geldanlagen, aber auch von Spenden bzw. Philanthropie, d.h. Impact Investing schließt die Lücke zwischen (meist) Rendite-Risiko-ausgewogenen Nachhaltigen Geldanlagen und Spenden.


 


Aus Ihrer Arbeit für das Forum Nachhaltige Geldanlagen kennen Sie sich im Markt für Nachhaltigkeitsfonds bestens aus. Wie viele Fonds erfüllen Ihre Nachhaltigkeitskriterien und wie hoch ist deren Anteil am gesamten Fondsangebot?


Das Volumen Nachhaltiger Fonds wächst zwar seit mehr als einem Jahrzehnt kontinuierlich weitaus stärker als der Gesamtmarkt, insgesamt kommt es aber lediglich auf einen Marktanteil von rund fünf Prozent Davon wiederum stammen nur zehn Prozent der Gelder (direkt) von Privatanlegern. Von etwas mehr als 1.000 Produkten auf dem deutschen Markt, die sich selbst als nachhaltig positionieren, waren bislang rund 100 so mutig und haben sich unserer unabhängigen Zertifizierung gestellt. Der Trend wächst aber bislang unaufhaltsam, so dass wir Ende November weitaus mehr Fonds sehen werden, die sich der anspruchsvollen Bewerbung um unseren SRI-Qualitätsstandard gestellt haben. Vielversprechend ist auch die Tatsache, dass es mittlerweile mehr als 400 Fonds gibt, die sich in einem ersten Schritt transparent mittels der FNG-Nachhaltigkeitsprofile oder im Rahmen des Eurosif-Transparenzkodex darstellen.


 


Als die Nachhaltigkeitsdebatte vor ein paar Jahren in der Finanzwelt angekommen war, glaubten viele an eine Modeerscheinung oder ganz profan an Marketinggründe – „grün“ trifft einfach den Zeitgeist. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Wie „nachhaltig“ ist der Nachhaltigkeitstrend?


Losgelöst von aller nun einsetzenden Regulatorik, haben wir genau genommen gar keine andere Wahl als unser Geld (vermehrt) nachhaltig(er) anzulegen. Und das hat nichts mit „Gutmenschentum“, „Gesinnungsethik“ oder falsch verstandener „political correctness“ zu tun.        


Will sagen, eine langfristig tragbare Geldanlage, die ja im Durchschnitt auch nur die Leistung der Realwirtschaft widerspiegeln kann (die Finanzwelt selbst erzeugt ja kaum eigene Wertschöpfung, auch wenn manche Finanzkonzern-Verantwortliche dies lange Zeit vorgaukeln wollten), MUSS per Definition NACHHALTIG sein, da wir uns sonst schlicht und einfach jegliche Grundlage unserer Existenz entziehen. Schauen wir uns doch nur einmal an, was in den letzten 75 Jahren geschehen ist: Ganz vereinfacht ausgedrückt, sind auf der Makro-Ebene von vielen Industrieländern enorme Schuldenberge angehäuft worden, die von unseren Enkelkindern zurückgezahlt werden müssen und  auf der Mikro-Ebene ließ man es dem Mantra des Shareholder-Value folgend viel zu lange zu, dass von Unternehmen verursachte Kosten nicht selbst getragen werden mussten, sondern externalisiert wurden. Dies ist leider betriebswirtschaftliche Logik, da das Abwälzen von Kosten auf Umwelt und Gesellschaft bis dato in keinem Verhältnis zu vermeintlicher Rufschädigung, Boykottaufrufen oder Strafzahlungen stand. Sprich, ein Unternehmenslenker konnte es sich schlicht einfach nicht erlauben, moralisch integer bzw. sehr langfristig zu handeln, indem er Ziele anderer Anspruchsgruppen in sein Management einzubeziehen. Dies ist im Begriff, sich zu ändern.


Drastisch gesagt, geschah seit Jahrzehnten ein schleichender Suizid über Generationen hinweg und der Raubbau am Planeten wird zwangsläufig zu einer Re-Kalibrierung der Natur führen, in der wir Menschen sicher nicht die Gewinner sein werden. Oder anders ausgedrückt: Die Erde braucht uns Menschen nicht, wir aber sehr wohl eine lebenswerte Erde.


Abgesehen von dieser wirtschaftlichen Notwendigkeit unseren Nachfolgegenerationen gegenüber, wird der Game-Changer aber ganz klar die neue EU-Regulatorik sein, denn bis spätestens 2022 wird jede Finanzberater*in im Anlagegespräch verpflichtet sein, ihre/seine (potentielle) Kund*innen auf ihre/seine Nachhaltigkeitspräferenzen anzusprechen. Hier möchte kein Fondsanbieter ins Hintertreffen geraten. Dadurch drängt sich dann aber wiederum noch mehr die Frage nach guter Orientierung und Glaubwürdigkeit Nachhaltiger Geldanlagen auf. Immer mehr Produktanbieter erkennen dies und sehen eine Sinnhaftigkeit in der externen und unabhängigen Validierung Ihrer Produkte in puncto Nachhaltigkeit.


Die gute Nachricht zum Schluss: Hier ging es bis dato übrigens überhaupt nicht um Renditeverzicht, da der Großteil der bislang angelegten Gelder im Nachhaltigkeitsbereich im Durchschnitt und in der langen Frist keine Nachteile im Rendite-Risiko-Sinne mit sich führte. Die Analogie „Der Bio-Apfel ist teurer“ also muß ich bei der Nachhaltigen Geldanlage auf irgendwas verzichten, ist empirisch widerlegt. Der Mythos entpuppt sich eben als solcher, im Gegenteil, der Anleger bekommt bei dieser Form der Geldanlage neben einem guten bzw. weniger schlechten Gewissen, einen „feel-good factor“ obendrauf und bislang ergab sich sogar tendenziell eine leichte Überrendite.


 


Wenn Sie gestatten, zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Falls Sie selbst Investmentfonds besitzen – wonach wählen Sie diese aus? Orientieren Sie sich an Labeln, kommen für Sie z.B. bestimmte Branchen definitiv nicht in Frage und wie wägen Sie für sich ab, wenn es um Renditeziele geht?


Da ich selbst Portfoliomanager war und fit genug bin, lege ich nicht direkt Gelder in Fonds oder ETFs an, da ich meine Streuung selbst mit Einzeltiteln gestalte. Und hier ist es eine Mischung aus themen-bezogenen Titeln, bei denen allerdings nicht immer Nachhaltigkeit im Vordergrund steht. Manchmal lege ich auch einen kleinen Teil kurzfristig, rein aus Spekulationsgründen an. So gebe ich unumwunden zu, dass ich seit Oktober 2019 mit den Kursschwankungen bei Wirecard gezockt habe und am Ende des Dramas darauf spekuliert hatte, dass der Kurs sich zumindest kurzfristig erholt. Dann war auch Glück dabei, dass ich am 09.06 bei 99,15 Euro verkauft habe. Mir war allerdings vollkommen bewusst, dass hier die Gefahr von Governance-Verfehlungen sehr groß war und so wundere ich mich, dass Fondsmanager, die treuhänderisch Kundengelder explizit in Nachhaltigkeit anlegen, hier nicht konsequent waren, auch wenn kriminelle Energie nur begrenzt vorhersehbar ist. Für die war das im wahrsten „G-Sinne“ ein ESG-Super-Gau.


Der Großteil meiner betrieblichen Altersvorsorge liegt allerdings in Nachhaltigen Fonds. Da meine ehemaligen Arbeitgeber aus Belgien, Frankreich und der Schweiz diese Gelder veranlagen, spielen gerade für die beiden erstgenannten Länder SRI-Label eine große Rolle. Ansonsten ist meine nachhaltigste und langfristigste „Anlage“ ein Sachwert, den wir uns als Familie fürs Rentenalter teilen: das elterliche Weingut mit Ferienwohnungen.


Herr Kölsch, vielen Dank für diese ausführlichen Einblicke!


 


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