Der Healthcare-Sektor boomt – die demografische Entwicklung, neue Behandlungsansätze aber auch eine Zunahme sogenannter Wohlstandskrankheiten machen die Gesundheitsbranche zu einem Mega-Markt, an dem auch Anleger teilhaben können. Maximilian-Benedikt Köhn, Analyst für den Sektor Healthcare bei der DJE Kapital AG sowie Fondsmanager des Aktienfonds DJE – Europa (ISIN: LU0159548683), kennt die Branche genau. Seiner Einschätzung nach zählen Übergewicht (Adipositas) und Diabetes zu den wichtigsten Herausforderungen im internationalen Med-Sektor.


„Diabetologen sprechen von einem ‚Diabetes-Tsunami‘, der fast alle Länder betreffen wird: Laut aktuellen Schätzungen leiden 425 Millionen Erwachsene zwischen 20 und 79 Jahren an Diabetes. Bis 2045 soll die Anzahl der Betroffenen auf über 629 Millionen steigen. Dabei sind über 50 Prozent der Diabetiker weltweit noch gar nicht diagnostiziert – und nur sechs Prozent aller Diabetiker werden aktuell leitliniengerecht behandelt bzw. liegen mit ihren Blutzuckerwerten im Zielbereich“, erläutert Köhn. Und noch eine Volkskrankheit mit ihren Folgeerscheinungen dominiert den Markt: Adipositas, also starkes Übergewicht. „Während über die Hälfte der europäischen Bevölkerung übergewichtig ist, sind es in Nordamerika bereits 74 Prozent der Bevölkerung“, so der Fondsmanager. „Besonders in jungen Jahren ist der Gewichtsunterschied sehr hoch: In den USA wiegt der durchschnittliche 20-39-Jährige 89 kg – in Deutschland hingegen nur 83 kg. Dabei sind deutsche Männer durchschnittlich auch 2 cm größer als Männer in den USA. Insgesamt leiden heute etwa 650 Millionen Menschen an Adipositas. Die Erfahrung zeigt, dass allein die Änderung des Lebensstils, wie Ernährungsumstellung und körperliche Aktivität, in den wenigsten Fällen eine dauerhafte, stabile Gewichtsreduktion bewirken können (sogenannter Jo-Jo-Effekt).“


Mehr Kranke, mehr Behandlungsbedarf


In den vergangenen Jahren seien immer wieder medikamentöse Behandlungsstrategien entwickelt worden, die teils zwar erfolgreich waren, aber vielfach wegen ihrer Nebenwirkungen abgesetzt bzw. sogar vom Markt genommen wurden. Seit neuerem gebe es nun aber effektive Medikamente, die teils bereits seit Jahren aus der Diabetologie bekannt seien, so Köhn. „Dazu gehören beispielsweise Medikamente von Novo Nordisk, die in ein begleitendes Online-Coaching-Programm eingebunden sind.“ Derzeit würden aber nur rund 13 Millionen Menschen, also gerade mal zwei Prozent aller Übergewichtigen, mit Medikamenten behandelt. „Die WHO hat zwar Adipositas offiziell als chronische Erkrankung anerkannt, und die Adipositas-Chirurgie ist auch eine Leistung des öffentlichen Gesundheitssystems – aber Medikamente werden in der Regel nicht erstattet. Dies wiegt umso schwerer als von einer Dauerbehandlung ausgegangen werden muss. Erschwerend hinzu kommt, dass adipöse Erwachsene 42 Prozent mehr für direkte Gesundheitskosten ausgeben als Erwachsene, die ein Normgewicht haben. Die Gesundheitskosten pro Kopf für schwerst- oder krankhaft-fettleibige Erwachsene sind sogar 81 Prozent höher als für Erwachsene mit Normgewicht“, rechnet der Experte vor.


Dabei verhielten sich die Kostenträger medizinischer Behandlungen zwiegespalten: Einerseits würden frühzeitige und effektive Behandlungen von Adipositas und/oder Diabetes Folgeerkrankungen, die mit weiteren, oftmals hohen Behandlungskosten verbunden seien, verhindert. Andererseits führe die deutliche Zunahme an behandlungspflichtigen Menschen zu einer finanziellen Belastung der Kostenträger, die durch einen immer größeren (Preis-)Druck auf die forschende pharmazeutische Industrie und Verordnungsreglementierungen gesenkt werden solle.


Auch der Markt für digitalisierte Diabetiker-Produkte unterliege einer starken Veränderung: „App-gesteuerte kontinuierliche Glukosemessungen (CGM) ermöglichen nicht nur eine bessere Einstellung und eine Reduktion von unterzuckerbedingten Krankenhausaufenthalten, sondern bedeuten für den betroffenen Patienten auch eine größere Flexibilität und Unabhängigkeit. Unternehmen wie Abbott Laboratories, aber auch jüngst Apple haben mit einem adaptiven Blutzuckermessgerät einen Markt für sich entdeckt, der auf 31 Milliarden US-Dollar in 2022 geschätzt wird“, schreibt der Fondsmanager.


Diabetes und Adipositas – Krankheiten mit enormen Folgewirkungen


Etwa 850 Millionen Menschen weltweit leiden an Nierenerkrankungen – das sind doppelt so viel wie Diabetiker, fährt Köhn fort. „Diabetes ist wiederum für 20 bis 30 Prozent aller chronischen Nierenerkrankungen weltweit verantwortlich. Oft hilft nur noch eine Nierentransplantation oder eine Dialyse. Weltweit soll die Anzahl der Dialyse-Patienten in 2025 auf fünf Millionen ansteigen. Über eine halbe Million US-Amerikaner sind derzeit auf eine Dialyse angewiesen. 90 Prozent der amerikanischen Patienten werden in Nierenzentren behandelt, davon sind knapp 50 Prozent der anfallenden Kosten Personalkosten. Allein die öffentliche Krankenversicherung Medicare gibt dafür jährlich rund 35 Milliarden US-Dollar aus.“


Den Dialysemarkt beschreibt der Healthcare-Analyst als Duopol – geteilt zwischen dem deutschen Unternehmen Fresenius Medical Care und dem US-Konkurrenten DaVita. „Mit der abgeschlossen NxStage-Akquisition könnte Fresenius Medical Care den Heim-Dialyse Markt neu definieren und würde nicht nur einen Mehrwert für den Patienten schaffen, sondern auch die Kosten reduzieren. US-Präsident Trump teilt diese Einschätzung und möchte bis 2025 80 Prozent der Dialyse-Patienten mit einer Heim-Dialyse behandeln lassen oder eine Nierentransplantation ermöglichen.“


Auch viele Patienten, die von nicht alkoholbedingtem Leberschaden (NASH) betroffen seien, litten unter anderem an Übergewicht, Typ-2 Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und/oder dem metabolischen Syndrom, also einer Kombination aus Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhten Fett- und Blutzuckerwerten. Am häufigsten werde NASH bei Patienten zwischen 40 und 60 Jahren diagnostiziert. Momentan seien keine pharmakologischen Behandlungsmethoden von NASH zugelassen. Jüngste klinische Studien seien leider enttäuschend gewesen. Der Markt ist nach Einschätzung  Köhns weiter heiß umkämpft, sowohl bei möglichen Neuzulassungen als auch bei Übernahmekandidaten. Spannende Kandidaten für mögliche Zulassungen seien Novo Nordisk, Intercept, Marginal Pharmaceutical als auch das französische Biotech-Unternhemen Genfit.


Nach Zahlen von Genfit leiden 70 Prozent der diabetischen und adipösen Patienten über 50 Jahren an NASH, der Hauptursache von Lebererkrankungen in Industrieländern. „NASH lässt sich bislang nur mit Leberbiopsie, also einer invasiven Maßnahme diagnostizieren. Allerdings gibt es auch von Genfit einen Antrag für ihren NASH-Schnell-Test. Mit Hilfe von Biomarkern im Blut soll eine NASH-Erkrankung diagnostiziert werden können. GlobalData prognostiziert, dass der NASH Markt in den USA und den größten europäischen Ländern mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 63 Prozent bis 2026 einen Wert von 18,3 Milliarden US-Dollar erreichen könnte. Die aktuellen Statistiken für die USA deuten darauf hin, dass die mit NASH verbundenen Gesundheitskosten bei rund 5 Milliarden US-Dollar liegen. Dies bietet einen attraktiven Markt für Pharma- und Biotech-Unternehmen sowie für potenzielle Investoren“, ist Köhn überzeugt.


Wie Anleger von diesen Entwicklungen profitieren können


Für Investoren seien klassische Pharmaunternehmen mit hohem Diabetes-Fokus am naheliegendsten, um in den Wachstumsmarkt Diabetes zu investieren, schreibt der Analyst und rät: „Hierbei sollten insbesondere Firmen im Vordergrund stehen, die Diabetes-Präparate mit gleichzeitig positiven kardiovaskulären Endpunktstudien aufweisen. Denn aktuell führen Zulassungsstellen dies als Kriterium für eine problemlosere Kostenerstattung auf. Attraktive Investments können auch besonders innovative Medizintechnik-Unternehmen sein, da die Kombination aus besserer Krankheitssteuerung und größerer Unabhängigkeit bzw. Flexibilität sowohl für Kostenträger als auch betroffene Patienten relevant ist. Für risikofreudigere Anleger sind Biotech-Unternehmen mit dem Schwerpunkt Folgekrankheiten durchaus interessant.“


Healthcare im Depot: Fonds für Privatanleger


Wer sich in diesem aussichtsreichen Markt engagieren möchte, kann zum Beispiel auf den von Maximilian-Benedikt Köhn gemanagten DJE – Europa (ISIN: LU0159548683) zurückgreifen. Der Aktienfonds investiert europaweit in aussichtsreiche Unternehmen, wobei auch der Healthcare-Sektor berücksichtigt wird. Nach dem Lebensmittelkonzern Nestle folgt bei den Top-Holdings im Portfolio bereits an zweiter Stelle der Pharmariese Roche, der sich mit seiner Sparte „Diabetes care“ unter anderem auch der Zuckerkrankheit verschrieben hat. An dritter Stelle in der Top 10 der größten Positionen folgt der internationale Pharmakonzern AstraZeneca. Einer der Therapieschwerpunkte des Unternehmens liegt auf Herz-Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten. Damit bietet der im Jahr 2003 aufgelegte Fonds interessante Beteiligungschancen am Gesundheitsmarkt, mischt diese Engagements aber breit gestreut mit weiteren Branchen wie etwa Industrie, Technologie oder Banken und Versicherungen.


Anleger, die sich gezielt mit Healthcare-Fonds beschäftigen, kommen auch am mehrfach ausgezeichneten nova Steady Healthcare (ISIN: DE000A1145J0) kaum vorbei. Der 2015 aufgelegte Aktienfonds wird von Dr. Andreas Bischof, promovierter Molekularbiologe und erfahrener Aktienexperte, sowie Oliver Kämmerer, langjähriger Healthcare-Analyst, gemanagt. Die beiden Experten bedienen sich aus rund 1.600 Gesundheitsaktien, wovon es etwa 20 bis 30 Titel nach eingehender Analyse ins Portfolio schaffen. Statt auf Biotech setzt der Fonds hingegen eher auf Unternehmen, die zum Beispiel an der Alterung unserer Gesellschaft – und den damit verbundenen Gesundheitsleistungen verdienen.


Breit gestreute Investitionen in den Gesundheitsmarkt, allerdings unter Einbeziehung des dynamischen Biotech-Sektors, bieten zum Beispiel auch der 2009 aufgelegte JP Morgan Global Healthcare Fund (ISIN: LU0432979614) oder der seit 2005 erhältliche apo Medical Opportunities (ISIN: LU0220663669).


 



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