Herr Soltau, wie bewerten Sie die nun rechtskräftige Regulierung geschlossener Fonds – ist damit der ersehnte Kompromiss zwischen Anlegerschutz und Praktikabilität gelungen?
Meiner Ansicht nach eher nicht, bzw. noch nicht! Denn die neue Regulierung ist zwar sinnvoll, aber noch nicht konkret genug. Die Gesetzgebung lässt zu viele Details ungeklärt und bietet damit Raum für Interpretationen. Schiffsfonds oder zum Beispiel Beteiligungen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien, die ihre Investments selbst betreiben und somit operativ tätig sind, wären nach aktueller Auslegung von den Regelungen gar nicht betroffen – obwohl es sich hierbei eindeutig um geschlossene Fonds handelt. Aufgrund der Komplexität der Materie trägt leider auch das kürzlich veröffentlichte Auslegungsschreiben der BaFin nicht gerade zu mehr Klarheit bei. Ich gehe aber davon aus, dass sich viele, derzeit noch sehr schwammige Passagen in den kommenden Monaten durch die praktische Erfahrung konkretisieren und damit auch zum Positiven für den Anleger entwickeln werden.

Das bedeutet also, statt verlässlichen Regeln bringt das Gesetz vorerst mehr Unsicherheit?
Was die Auslegung des Gesetzestextes betrifft: Ja! Dennoch ist der Ansatz im Kern richtig. Als sinnvoll erachte ich zum Beispiel die Lizenzbeantragung der Gesellschaften bei der BaFin und damit verbunden die Unterstellung der Emissionshäuser unter die Aufsicht der BaFin. Ebenfalls positiv zu werten ist die Vorschrift, dass die Geschäftsführer dieser Häuser ihr Know-how nachweisen müssen. Auch das erweiterte externe Controlling und die regelmäßige Bewertung des Assets tragen nach meiner Einschätzung zu mehr Anlegerschutz bei.

Gibt es auch Aspekte im Gesetz, die Sie kritisch sehen?
Wenig sinnvoll erscheinen mir beispielsweise die 60-prozentige Fremdfinanzierungsdeckelung oder die Vorschrift, eine Streuung der Fonds vollziehen zu müssen. Damit wird der private Anleger bevormundet. Zum Vergleich: Anleger kaufen auch direkt Immobilien und finanzieren diese unter Umständen sogar zu 100 Prozent. Und um bei diesem Beispiel zu bleiben: Private Immobilienkäufer erwerben in der Regel auch nur ein einzelnes Objekt und nicht gleich mehrere. Warum also verwehrt man dem Fondsanleger diese Option? Meiner Ansicht nach kann der Privatanleger durchaus selbstständig entscheiden, welches Risiko für ihn tragbar ist – also beispielsweise welcher Fremdfinanzierungsanteil für ihn sinnvoll erscheint und ob er in ein Objekt oder in mehrere investieren will. Unserer Erfahrung nach war es bislang oft so, dass sich ein Anleger mit jeweils 10.000 Euro an vier verschiedenen Fonds beteiligt hat und damit eine Streuung für sich selbst ausgewählt hat. Aufgrund der Mindestanlagesumme von nun 20.000 Euro pro Fonds stünden bei einer geplanten Anlagesumme von insgesamt 40.000 Euro nur noch zwei Fonds und somit auch nur zwei verschiedene Emissionshäuser und damit auch nur noch zwei Fondsmanager zur Verfügung. Kurz gesagt: Die Streuung des Kapitals wird insgesamt geringer.

Die Umsetzung dieser Beschlüsse ist mit einem erhöhten Verwaltungs- bzw. Kostenaufwand verbunden. Was bedeutet dies für die bis dahin herrschende Vielfalt auch an kleineren Emissionshäusern und letztendlich auch für den Anleger?
Es ist davon auszugehen, dass künftig deutlich weniger kleinere Emissionshäuser neue Fonds an den Markt bringen werden. Die Einstiegshürden sind einfach sehr hoch. Das würde gleichzeitig dazu führen, dass viele innovative und vor allem ertragreiche Ideen den Anlegern verwehrt blieben. Doch auch dafür gibt es bereits jetzt eine Lösung: Diese Häuser weichen auf andere Produktvarianten aus, darunter zum Beispiel Genussrechte, Namensschuldverschreibungen oder Direktinvestments. Aber auch für die größeren Häuser birgt die Gesetzgebung einige Herausforderungen. Die Anforderungen an das Personal und die Kontrollinstanzen innerhalb der Häuser sind hoch – das alles muss natürlich bezahlt werden. Und klar ist auch, dass diese Kosten auf den Anleger umgelegt werden. Bestes Beispiel: Längerfristig geplante Windfonds in Frankreich oder Deutschland mit einer geplanten Laufzeit von ca. 15 bis 20 Jahren sind nach der Übergangsfrist nicht mehr umsetzbar. Die Fremdfinanzierungsdeckelung sowie die erhöhten laufenden Kosten durch die Gesetzgebung sorgen am Ende dafür, dass der Anleger statt der bisher geplanten 8 Prozent p.a. nur noch ca. 5,5 Prozent bis 6 Prozent p.a. erwirtschaften kann. Sie merken also, der Anlegerschutz kostet bares Geld. Dahingehend werden viele Häuser Ihre Konzepte überdenken müssen. Auch jetzt sehen wir schon, dass selbst etablierte Häuser in den Bereich der Genussrechte oder Anleihen wechseln, da dort kein solcher Anstieg an laufenden Kosten zu erwarten ist und die Renditen entsprechend höher kalkuliert sind. Andere Anbieter wiederrum machen aus langfristigen Investments Kurzläufer – gehen also eher in Projektentwicklungen statt in Bestandsobjekte – was letztendlich die Rendite aber auch die Risiken erhöht.

Das klingt sehr nach einer Branche im Umbruch. Gibt es denn trotz der neuen Regelungen überhaupt noch „klassische“ Emissionshäuser?
Ja, es gibt natürlich auch Häuser, die all diese Kriterien bereits erfüllen. Häuser wie beispielsweise CFB, KGAL, Hannover Leasing, Real IS oder auch das Fondshaus Hamburg und viele weitere Anbieter können wie gewohnt ihre Produktvielfalt darstellen. Der erhöhte Aufwand für die Verwaltung ist bereits seit längerer Zeit bei den Fondskosten berücksichtigt, so dass sich für die Produkte dieser Häuser keine maßgebliche Änderung ergeben wird.

Auch das Wort „Bestandsschutz“ war in den vergangenen Wochen oft zuhören. Wie hoch schätzen Sie den Anteil an Altfonds, die noch über den 22. Juli vertrieben werden dürfen?
Als Vermittler haben wir voller Spannung auf den 22. Juli gewartet, da bis zum letzten Tag nicht klar war, welche Emissionen weiterhin in der Platzierung sein werden und welche nicht. Das lag hauptsächlich daran, dass das an diesem Tag in Kraft getretene Gesetz in der endgültigen Fassung erst am 10. Juni verabschiedet wurde und bis dahin völlige Ungewissheit herrschte. Somit wurden auch keine neuen Fonds konzipiert. Nach heutigem Stand können wir feststellen, dass fast 60 Prozent der Emissionen zu diesem Stichtag beendet wurden. Wobei auch zu erwähnen ist, dass einige dieser Emissionen nicht durch die AIFM aus der Platzierung genommen wurden, sondern weil das angestrebte Fondsvolumen bis zu diesem Zeitpunkt vollständig eingeworben werden konnte. Aktuell sind also rund 40 Prozent der bisherigen Produktvielfalt verfügbar. Diese Fonds bieten Anlegern weiterhin die Möglichkeit, in Sachwerte zu investieren und versprechen aufgrund der nicht anzuwendenden Regulierung höhere Renditen als die Fonds, die dann nach dem neuen Gesetz konzipiert werden müssen.

Herr Soltau, vielen Dank für das Gespräch!

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