Der Markt für grüne Anleihen zählt zu den am stärksten wachsenden Segmenten am Kapitalmarkt. Dies, obwohl es an einheitlichen und detaillierten Standards für grüne Anleihen lange Zeit gemangelt hat. Unterschiedliche Standardisierungsorganisationen – überwiegend in Europa beheimatet – hatten versucht, dieses Problem zu lösen. Mit der nun vorgelegten Präzisierung der ICMA ist ein großer Schritt vorwärts gelungen.


Die International Capital Markets Association (ICMA) ist ein internationaler Branchenverband für Kapitalmarktteilnehmer mit Sitz in Zürich. Mitglieder sind im Wesentlichen europäische Banken und Finanzdienstleister. Eine wesentliche Aufgabe der Organisation betrifft die Selbstregulierung des Kapitalmarktgeschäftes. Da in Europa derzeit mit Abstand die meisten Green Bonds sowohl nach Anzahl als auch nach Emissionsvolumen emittiert werden besitzen die Principles durchaus Gewicht.


Klare Positivliste grüner Bereiche


In den vergangenen Jahren hat die Vielfalt der Emittenten und Projekte, die durch Green Bonds unterstützt werden, zugenommen. Das hat für eine gewisse Unübersichtlichkeit für Investoren geführt, da den einzelnen Green Bonds in einem Fonds mitunter nicht zu entnehmen war, welche Projekte mit welcher Stoßrichtung denn nun genau gefördert werden. Das hat sich durch die Neuauflage geändert, denn jetzt gibt es eine Positivliste der Bereiche. Weitere nachhaltige Vorhaben können hinzukommen, die Liste ist offen. Im Einzelnen sind dies derzeit Investitionen in


-       Erneuerbare Energien (Produktion und Übertragung sowie Hardware dazu)


-       Energieeffizienz


-       Energiespeicher, Fernheizungen, Intelligente Netze und die dazugehörige Hardware


-       Abfallvermeidung, insbesondere Reduzierung gasförmiger Emissionen, Reduzierung Boden- und Wasserverschmutzung, Abfallvermeidung, Technologien zur Energieerzeugung aus Abfall


-       Nachhaltiger Ackerbau mit natürlicher Schädlingsbekämpfung und intelligenter Nutzung von Saatgut und innovativer Bewässerung (drip irrigation), nachhaltige Tierhaltung, nachhaltige Fischerei und Aquakultur, nachhaltige Forstwirtschaft mit Wiederaufforstung und Projekte zur Wiederherstellung natürlicher Landschaften


-       Erhalt und Förderung der Biodiversität an Land und zu Wasser


-       Saubere Mobilität und Transport, Elektromobilität, Schienenverkehr, multimodale Transportsysteme


-       Nachhaltiges Wasser- und Abwassermanagement inklusive Infrastruktur, Wasseraufbereitungsanlagen und intelligenter Abwasserbehandlung in Städten, Renaturierung von Flüssen und Maßnahmen zur Hochwasservermeidung


-       Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, Beobachtungs- und Warnsysteme


-       Förderung der Kreislaufwirtschaft, Recycling, umweltgerechte Weiterentwicklung der Produktion


-       Nachhaltige Gebäude, die international anerkannten Standards der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit entsprechen


 


Zuordnung und Benennung der Sustainable Goals der UN


Diese Themenbereiche lassen sich jeweils den Sustainable Development Goals der UN zuordnen, die Emittenten von Green Bonds sind daher angehalten, die Ziele exakt zu benennen und vor allem im Fortgang der Laufzeit auch zu dokumentieren. Für diesen Nachweis des Impacts wurde ein eigener Leitfaden (Harmonised Framework for Impact Reporting) festgelegt, um die Fortschritte durch die investierten Mittel möglichst einheitlich vergleichen zu können. Das ist gewissermaßen die zweite Stufe zur Vermeidung von Greenwashing: Emittenten müssen fortan den Erfolg der Investitionen periodisch nachweisen. Damit können Investoren einzelne Anleihen in Green Bonds Fonds überprüfen. Für Fondsanbieter eröffnet sich die Möglichkeit, ausschließlich Bonds ins Portfolio zu nehmen, die den neuen, strengeren Anforderungen gerecht werden und somit die Nachhaltigkeit nachweislich zu befördern. Damit Emittenten nicht in allgemeine Angaben flüchten können sehen die neuen Principles die exakte Benennung der erreichten Verbesserungen vor. Dafür wurde der Begriff der Key Performance Indicators (KPI) näher definiert. Für jede durch einen Bond finanzierte Maßnahme soll demnach der Erfolg möglichst genau quantifiziert werden. Dafür gibt es ebenfalls eine eigene Sub-Richtlinie, die hier am Beispiel Biodiversität erläutert wird:


Klarheit auch für Emittenten


Emittenten Grüner Anleihen, die sich zu einem Teil oder ganz dem Ziel der Verbesserung der Biodiversität verschrieben haben, sind angehalten, etwaige Erfolge exakt zu beziffern. Bei Gebieten, die unter Schutz gestellt wurden, umfasst dies die genaue Angabe der Größe in Quadratkilometern, ebenso bei Wiederaufforstungen oder anderweitigen Renaturierungen. Bei Entgiftungen sollen exakte Größen- oder Prozentangaben erfolgen. Innerhalb der Gebiete ist zu berichten, welche Spezies in welchem Umfang sich hat erholen können oder neu angesiedelt wurde, welche weitere entwicklung angestrebt wird und wie diese umgesetzt werden soll.


Die erweiterten Green Bond Frameworks behandeln neben dem inhaltlichen, nachhaltigen Festsetzungen weitere Präzisierungen für Kernbereiche: Der Dokumentation der exakten Mittelverwendung, dem Prozess der Projektevaluation und –auswahl sowie der finanziellen Berichterstattung. Dies ermöglicht einem Fondsmanagement die erleichterte, standardisierte Überprüfung von Green Bonds und sorgt für die Professionalisierung des Segments.


Insgesamt wird deutlich, dass Green Bonds wesentlich mehr Themen umfassen als Klimaschutz und Decarbonisierung der Wirtschaft. Die nun präzisierten technischen Leitlinien erlauben Emittenten einen sicheren Fahrplan für den Zugang zu nachhaltigem Kapital, da die Bereiche und Anforderungen im Nachgang der Emission klar benannt sind. Bislang zögernde Anbieter können nun sicher abschätzen, ob ihre Projekte eine ausreichende Wirkung entfalten, um sich auf dem Markt für grüne Finanzierungen zu qualifizieren.


Die Vorlage der 2021er Green Bond Principles setzt die Fortschritte in Bezug auf Leitlinien und Rahmen von führenden Industriegruppen im Bereich der Übergangsfinanzierung, mit der Unternehmen in Branchen mit höherem Kohlenstoffausstoß einen nachhaltigeren Weg einschlagen wollen, fort. Die Climate Bonds Initiative (CBI) und die Credit Suisse „Financing Credible Transitions“, hatten zuvor einen Rahmen veröffentlicht, der ehrgeizige Ziele definieren und zusätzliche Klarheit für potenzielle Teilnehmer am Transition-Bond-Markt schaffen sollte.  Um von der CBI als „grün“ eingestuft zu werden, müssen 100% der Nettoerlöse einer Anleihe für die Finanzierung oder Refinanzierung ausgerichteter grüner Vermögenswerte, Projekte und Aktivitäten verwendet werden.


Fazit


Green Bonds stellen weiterhin einen jungen Markt dar. Die Professionalisierung schreitet aber dank der nun deutlich präzisierten Green Bond Principles spürbar voran. Investoren werden zeitnah die Möglichkeit besitzen, sehr zielgenau zu investieren – und die Umweltrendite ihres Investments sehr exakt bemessen können.