Messer, Kochtöpfe, Kaffeemaschinen: Produkte aus dem Schwabenland, die der mächtigen amerikanischen Beteiligungsgesellschaft Kohlberg, Kravis, Roberts & Co., kurz KKR, offenbar profitversprechend erscheinen: Anfang Juli blätterten die Finanzinvestoren knapp 600 Millionen Euro für den Geislinger Haushaltswarenhersteller WMF auf den Tisch. KKR ist vor allem durch Unternehmenskäufe im zweistelligen Milliardenbereich bekannt geworden. Dass die Gesellschaft sich nicht zu schade ist, auch bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen einzusteigen, ist beispielhaft für die aktuelle Situation auf dem Private-Equity-Markt. Die Finanzinvestoren haben den Mittelstand für sich entdeckt. Über die Hälfte aller Beteiligungen und Übernahmen im zweiten Quartal 2012 lagen laut dem Research-Dienst Preqin im Bereich unter 100 Millionen Dollar. Beteiligungen und Übernahmen unter 500 Millionen Dollar machten sogar fast 90 Prozent aller Geschäfte aus. „Die Zeit der Milliardentransaktionen wird so schnell nicht wiederkommen“, sagt Michel Degosciu, Managing Director des Schweizer Index- und Researchanbieters LPX Group, ohne Bedauern. „2006 und 2007 haben wir eine Übertreibung gesehen. Jetzt ist eine gewisse Normalisierung des Markts eingetreten. Das Geschäft an sich ist intakt.“

Totgesagt und auferstanden
Tatsächlich birgt die anhaltende Schuldenkrise Chancen für eine Branche, die noch vor drei Jahren allgemein als tot bezeichnet wurde. Denn Banken und Staaten fallen als Finanziers für Mittelständler derzeit größtenteils aus. Private-Equity-Gesellschaften dagegen können und wollen investieren. An Kapital herrscht kein Mangel: Weltweit verwaltete die Branche im vergangenen Jahr Anlagen in Höhe von drei Billionen Dollar — ein Rekord. Vergangene Woche meldete die US-Firma Carlyle, sie habe im abgelaufenen Quartal fast vier Milliarden Dollar eingeworben — der höchste Betrag für ein Quartal seit 2008. „Das beweist: Trotz der Unsicherheit und Volatilität der vergangenen Jahre glauben Investoren immer noch daran, dass Private Equity ihnen eine adäquate Rendite liefern kann“, sagt Bronwyn Williams von Preqin. Zumindest von 1991 bis 2011 war dieses Vertrauen gerechtfertigt: Aufs Jahr umgerechnet schlugen die Private-Equity-Renditen sowohl den S & P 500 als auch den MSCI Europe. „Die erwarteten Renditen liegen jetzt vielleicht einen Tick niedriger, weil der Hebel durch Kredite geringer ist als vor der Krise. Gleichzeitig sind aber auch die Zinsen so niedrig, dass Anleger trotzdem eine Überrendite erzielen können“, sagt Michel Degosciu. Hinzu kommt: Investmentalternativen sind rar. Deshalb stecken Versicherungen und Pensionsfonds erhebliche Mittel in Private Equity, so beispielsweise der Lehrer-Pensionsfonds des US-Bundesstaats Texas, der Ende 2011 KKR und Apollo Global insgesamt sechs Milliarden Dollar anvertraute.

Schuldenabbau in der Krise
Positiv für Anleger ist auch, dass viele Private-Equity-Gesellschaften die Krise genutzt haben, um sich und ihre Beteiligungen zu restrukturieren und Schulden abzubauen. Dass zahlreiche Firmen in den vergangenen Monaten trotz brachliegenden IPO-Markts und allgemeiner Krisenstimmung gewinnbringend aus Beteiligungen aussteigen konnten, lässt den Sektor zunehmend attraktiv erscheinen. So hat die Schweizer Capvis bei der Abgabe von WMF an KKR etwa das 2,5-Fache des ursprünglichen Kaufpreises herausholen können. AXA Private Equity konnte den Einsatz beim Verkauf des Homeshopping-Kanals HSE 24 an die Private-Equity-Gesellschaft Providence mehr als verdreifachen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Aktienkursen der börsennotierten Beteiligungsgesellschaften wider. Der Benchmark-Index LPX MM, in dem die 25 liquidesten Private-Equity-Unternehmen enthalten sind, hat seit Jahresbeginn um rund 20 Prozent zugelegt. „Trotzdem existieren immer noch sehr hohe Discounts zwischen Marktpreis und Buchwert der Beteiligungen“, sagt Michel Degosciu. „Denn auch deren fundamentale Bewertungen sind gestiegen.“ Impulse für weitere Kursgewinne könnten bereits die kommenden Wochen bringen. Dann rechnen Branchenkenner mit einer deutlichen Belebung des europäischen Private-Equity-Markts. Grund: Die Olympischen Spiele sind vorbei, und die in den Urlaub geflüchteten Londoner Banker kehren an ihre Arbeitsplätze zurück.