Ein Gastbeitrag von Andreas Friedemann, Cash/Ressortleiter Geschlossene Fonds

Die Talfahrt der deutschen Strompreise an der Börse hält an: Im Mai 2013 hat der durchschnittliche Preis für eine Kilowattstunde (kWh) Strom für Deutschland im day-ahead-Handel der EPEX Spot mit 3,206 Cent den tiefsten Stand seit vier Jahren erreicht. Gegenüber dem Vormonat ist dieser Spotmarkt-Preis, an dem die zu liefernden Strommengen für den selben oder den nächsten Tag gehandelt werden, damit um mehr als 15 Prozent gesunken. Günstiger war der Strom an der EPEX zuletzt im Mai 2009 ( 3,093 Cent/kWh). Das Handelsvolumen in diesem Marktsegment erreichte im Mai eine Größenordnung von 20,95 Milliarden kWh den bisherigen Jahreshöchststand, wie das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) in Münster mitteilt.

Strombörse: Preise am Termin- und Spotmarkt sinken
In dem anderen Börsensegment für Strom, dem Terminmarkt, sinken die Strompreise ebenfalls: Hier kaufen die Großhändler und Großabnehmer bereits zum heutigen Zeitpunkt künftige Stromkontingente für die nächsten Jahre zu festen Preisen ein. So war der Preis für Strom zur Lieferung im Jahr 2014 im April 2013 erstmals unter die Marke von vier Cent/kWh gerutscht. Bereits heute kann am Terminmarkt Strom zur festen Lieferung für die Jahre 2014 bis 2019 gekauft werden. Zu sehr günstigen Preisen: Mit vier Cent/Kilowattstunde zahlen die Großabnehmer und die Industrie bis 2019 Strompreise auf einem so niedrigen Niveau, wie sie im Jahr 2005 üblich waren. Allerdings kommen die gesunkenen Börsen-Strompreise nicht bei allen Verbrauchern in Deutschland an. Im Gegenteil führen diese paradoxerweise dazu, dass die Preise für die privaten Stromkunden weiter steigen. Der Grund dafür liegt in dem Mechanismus nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), wonach die EEG-Strommengen zum größten Teil am Spotmarkt der Börse vermarktet werden. Die zusätzliche Angebotsmenge sorgt für sinkende Preise. Je niedriger der erzielte Börsenstrompreis für den Öko-Strom und je höher die Menge des umweltfreundlich erzeugten Stroms ist, umso stärker steigt auch die EEG-Umlage an, die der Endverbraucher zu zahlen hat. Seit dem Jahr 2009 ist die EEG-Umlage von 1,1 Cent pro Kilowattstunde auf derzeit 5,3 Cent pro kWh annähernd verfünffacht, während sich sich die zu vergütende Strommenge im gleichen Zeitraum von seinerzeit 75 Milliarden kWh (2009) auf prognostizierte 134 Milliarden kWh im Jahr 2013 nicht einmal verdoppelt hat. Private Haushalte und mittelständische Unternehmen zahlen derzeit rund 28 Cent/kWh und schultern damit den Löwenanteil der Subventionierung erneuerbarer Energieträger (siehe Grafik). In einem deutschen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden schlägt die Ökostromförderung mit 185 Euro pro Jahr zu Buche.

Gut gemeint aber schlecht gemacht
Diesen Missstand ändern kann nur der Gesetzgeber. Der Vorschlag des amtierenden Bundesumweltministers Peter Altmaier eine „Strompreisbremse“ einzuführen, hätte einen Schritt in die richtige Richtung bedeutet. Das Vorhaben war allerdings desaströs vorbereitet und wäre allein deshalb am Veto des rot-grün-dominierten Bundesrats gescheitert. Die Oppositionsparteien hatten sich dafür ausgesprochen, die Stromsteuer um bis zu 25 Prozent zu senken und bissen damit bei den Regierungskoalitionären auf Granit. Die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 20. April 2013, eine Entscheidung in der Sache auf die Zeit nach der Bundestagswahl am 22. September 2013 zu verschieben, war keine Entscheidung, sondern ein Aussitzen, wie es ihr politischer Ziehvater Helmut Kohl auch gerne praktiziert hat. Die Zeit, die die Politiker aller Couleur damit gewonnenen haben, kommt die stromsparenden Niedrigkonsumenten in Mittelstand und Privathaushalt weiter teuer zu stehen, die weiterhin die Zeche zahlen. Die Hoffnung darauf, dass die Privilegierung beziehungsweise Subventionierung von energieintensiven Industriebetriebe abgeschafft wird und die Unternehmen auch einen Beitrag zur Energiewende leisten, stirbt zuletzt.