„Mit der gewonnenen Popularität des Nachhaltigkeitsthemas schießen Kapitalmarktangebote wie Pilze aus dem Boden“, hat Frank Ackermann, Geschäftsführer SDG Investments, beobachtet. „Für wirklich nachhaltig orientierte Anleger ist es daher wichtig, das sogenannte Greenwashing zu vermeiden, also Anlageangebote, die auf den ersten Blick zwar nachhaltig erscheinen, bei genauerem Hinsehen dann aber Werte enthalten, die weit davon entfernt sind.“ Die bekannten Schlagwörter von „Sustainable“ über „Impact“ bis „Fair“ oder Abkürzungen wie ESG und SDG werden manchmal aus Marketing- und Vertriebszwecken in die Fondsnamen eingesetzt, ohne diese Versprechen im Sondervermögen zu halten.


 


ESG ist nicht trivial


ESG-Integration sei keine triviale Investmentstrategie, warnen die Autoren der aktuellen Markt-Analyse des Forum Nachhaltige Geldanlage (FNG): „Sie in das gesamte Kerngeschäft eines Asset Managers zu implementieren ist ein komplexer Vorgang, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und verschiedene Unternehmensbereiche und -prozesse betrifft.“ Aus der Sicht des FNG zeichnet sich die Qualität von ESG-Integration inhaltlich durch die fünf Handlungsfelder Policies, Prozesse, Reporting, Coverage und Wirkung aus. Folgt man dieser Argumentation, sind Stiftungen einstweilen bei solchen Unternehmen besser aufgehoben, die bereits seit Jahren oder besser Jahrzehnten und umfassend nachhaltige Themen verfolgen. Das muss nicht heißen, dass Newcomer ohne einschlägigen track-record nicht auch seröse und attraktive Nachhaltigkeitsangebote machen könnten – sicherer dürfen sich Stiftungen natürlich bei mit Anbietern fühlen, die mit kirchlichem, genossenschaftlichen und sozialpolitisch engagiertem Hintergrund die sozial-ökologische Form der Geldanlage quasi mitentwickelt haben.


 


Analysen brauchen Tiefe


Die Komplexität der Bewertung hat bereits vor geraumer Zeit eine von der Verbraucherzentrale Bremen in Auftrag gegebene Untersuchung verdeutlicht, im Rahmen derer konventionelle Fonds mit Nachhaltigkeitsprodukten verglichen wurden. Es zeigte sich, dass die Bewertung der Nachhaltigkeit auf mehreren Ebenen vorgenommen und insbesondere indirekte Treibhausgasemissionen berücksichtigt werden müssen. Basierend auf dem Standard des Greenhouse Gas Protocols wurden bei der vorgestellten Klima-Analyse die direkten und die indirekten Treibhausgasemissionen der Unternehmen vollständig berücksichtigt. „Dabei werden drei sogenannte Scopes unterschieden: Treibhausgasemissionen aus dem operativen Geschäft (Scope 1), aus zugekaufter Elektrizität und Wärme (Scope 2), sowie aus der Wertschöpfungskette und dem Nutzungszyklus der entsprechenden Produkte und Dienstleistungen (Scope 3)“, so die Untersuchung.


 


Auf der Suche nach der ehrlichen Klimabilanz


Insbesondere die Ebene der Wertschöpfungskette und des Nutzungszyklus ist wichtig, um die Treibhausgasemissionen eines Unternehmens vollständig und umfassend zu ermitteln. So müssten beispielsweise bei der Erstellung einer „ehrlichen“ Klimabilanz für eine Bank ebenfalls die Klimaauswirkungen der vergebenen Kredite berücksichtigt werden. In der Klimabilanz eines Autoherstellers muss auch der Treibhausgasausstoß berücksichtigt werden, der während der Lebensdauer der produzierten Autos entsteht sowie bei deren Entsorgung. Ein gutes Beispiel für eine umfassende Betrachtung bieten die Fair Value-Fonds von Acatis. Die werden aktuell mit dem Carbon Footprint Tool von Imug Vigeo Eiris und dem XDC-Modell des Klima-Startups right based on science untersucht. Die Ergebnisse solcher Analysen geben Stiftungen tiefschürfenden Einblick in die Nachhaltigkeit der ausgewählten Unternehmen.


 


Welches Nachhaltigkeitssiegel ist valide?


Für Berenike Wiener, Head of CSR & Sustainable Finance bei der Evangelischen Bank, gibt es inzwischen viele hilfreiche Plattformen, die die Orientierung für Stiftungen erleichtern. „Zu nennen wären etwa der Bundesverband Deutscher Stiftungen, CSSP, das Forum Nachhaltige Geldanlage und andere.“ Aus ihrer Sicht ist es für Stiftungen unerlässlich, sich intensiv mit dem Themenfeld nachhaltiger Investments zu beschäftigen und dann eigene Kriterien zu entwickeln. „Kleinere Stiftungen ohne umfangreiche personelle Ressourcen werden aber weiterhin auf seröse, vertrauenswürdige Nachhaltigkeits-Expertise angewiesen sein.“ Diese Expertise schreibt Dr. Elmar Peine, Geschäftsführer des Renditewerks, ebenfalls dem Forum zu: „Ich halte das FNG-Siegel für valide.“


„Für die große Zahl der Stiftungen ohne eigenes professionelles Kapitalmanagement bietet sich grundsätzlich nur ein Investment in nachhaltige Fonds an“ befindet auch Frank Ackermann, Geschäftsführer der SDG Investment GmbH. Auch er sieht eine gute Orientierung durch das FNG Siegel, das nach strengen Kriterien nur an Nachhaltigkeitsfonds vergeben wird. „Das sind in Deutschland inzwischen mehr als 100 Fonds“ verweist er auf die mittlerweile stattliche Auswahl.


 


ZUSAMMENGEFASST


Wie auch immer eine Stiftung sich dem Investitionsthema annähert: „Ums Thema Nachhaltigkeit kann sich keine Stiftung mehr herumdrücken“ betont Berenike Wiener. In einem ersten Schritt müssten sich Stiftungen „unbedingt einen soliden eigenen Wissenstand über nachhaltiges Investieren aneignen. Und dann fragen, fragen, fragen.“ Wie wusste Goethe schon: Wer nicht neugierig ist, erfährt nichts.


 


Der Autor dieses Textes


Dieser Text wurde erstellt von Stefan Preuss im Auftrag von www.stiftungsmarktplatz.eu. Stefan Preuss ist freier Autor, spezialisiert unter anderem auch auf das Segment Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds, und fungiert auch als Redaktioneller Leiter für die FondsFibel für Stiftungen & NPOs.