FondsDISCOUNT.de: Herr Dr. Preißler, Bantleon geht davon aus, dass der Abwärtstrend bei den Renditen jetzt endet. Worauf gründet diese Einschätzung?


Harald Preißler: Das Potenzial für sinkende Zinsen ist schlicht ausgeschöpft. So hat die EZB den Leitzins im Frühjahrslockdown erstmals in ihrer Geschichte nicht gesenkt, obschon die schwerste Rezession seit dem Ende des 2. Weltkrieges wütete – weil die Kosten-Nutzen-Abwägung negativ ausfiel. Entsprechend haben sich die Renditen 10-jähriger Bundesanleihen kaum bewegt, obwohl sie in früheren Rezessionen regelmäßig um 150 bis 200 Basispunkte gefallen sind.


 


Mehr noch: Sie erwarten Inflation und steigende Renditen. Auf welche unterliegenden Entwicklungen heben Sie dabei ab?


Wir sehen vor allem drei Gründe: Erstens erleben wir global einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik, der durch die Coronapandemie beschleunigt wird. Die Reflationierungsversuche der Zentralbanken sind gescheitert, weil sie ausschließlich die Vermögenspreise aufgebläht haben. Künftig wird die Fiskalpolitik eine größere Rolle einnehmen. Da die Staatsausgaben unmittelbar auf die Realwirtschaft wirken, ist dort mit anziehender Inflation zu rechnen. Hinzu kommt die unübersehbare Abschwächung der Globalisierung. Die Rückverlagerung von Produktionsstätten in die Industrienationen zwingt die Unternehmen, die höheren Produktionskosten auf die Preise überzuwälzen, um die Margen halten zu können. Drittens treibt auch die ungünstige Demografie die Inflation an. Weltweit werden in den nächsten Jahren die Arbeitskräfte knapper und damit teurer.


Wie passt Ihre Erklärung auf Japan: Angesichts der Überalterung der Gesellschaft müsste ja die Inflation galoppieren, stattdessen ist die Deflation sprichwörtlich?


Die Entwicklung Japans wirkt nur auf den ersten Blick wie ein Widerspruch. Zwischen 1999 und 2013 herrschte dort in der Tat moderate Deflation, die vor allem den engen Handelsverflechtungen mit China und dem davon ausgehenden Preisrückgängen für Importgüter zu verdanken war. Im Zuge der oben erwähnten Deglobalisierung hat dieser preisdämpfende Faktor indes zuletzt deutlich an Wirkung verloren. Seit mittlerweile fünf Jahren sind die Inflationsraten sogar wieder moderat positiv – insofern ist Japan im internationalen Vergleich keine Ausnahme mehr.


 


Welche Konsequenzen hat dies alles für die Asset Allokation?


Das skizzierte Umfeld weist Parallelen zu den 1970er Jahren auf, als ebenfalls die Renditen parallel zur Inflation gestiegen sind. Heute wie damals sollten Anleger bei Anleihen vor allem auf kurze Laufzeiten setzen, um bei steigenden Zinsen Kursverluste zu minimieren. Daneben könnte der Portfolioertrag durch den Einsatz von inflationsgeschützten Anleihen und Schwellenländeranleihen erhöht werden. In jedem Fall ist aktives Management gefragt, bei dem vor einem Renditeanstieg die Laufzeiten verkürzt und anschließend wieder verlängert werden. Weil steigende Zinsen die Gewinnmargen von Unternehmen belasten, sollten Anleger perspektivisch nur noch in Aktien und Anleihen gut aufgestellter Unternehmen mit soliden Bilanzen und überlegenen Geschäftsmodellen investieren. Die Titelselektion wird daher künftig an Bedeutung gewinnen. Passive Anlagevehikel wie ETFs sind in diesem Umfeld nicht geeignet, um Vermögen aufzubauen oder nach Inflation zu erhalten.


Bei Anleihen kommt es neben den Laufzeiten insbesondere auf die Risikoaufschläge (Spreads) an. Welche Entwicklung sehen Sie in diesem Bereich?


Die meisten Investoren haben in den vergangenen Jahren ihre Bestände an negativ rentierenden Staatsanleihen bester Bonität in Anleihen von schlechteren Emittenten mit höheren Coupons getauscht. Entsprechend groß war die Nachfrage nach Unternehmensanleihen sowie nach Hochzinsanleihen von Unternehmen und Schwellenländern. Die Folge davon ist ein massives Abschmelzen der Risikoprämien, die sich mittlerweile am unteren Rand ihrer historischen Bandbreiten bewegen. Diese Anleihen bieten daher im Falle eines Zinsanstiegs keinen wirksamen Risikopuffer mehr. Auch hier sind in Zukunft eine aktive Auslese sowie eine permanente Überwachung der Ausfallwahrscheinlichkeiten unabdingbar, um Verluste zu vermeiden.


Sie haben zuletzt Infrastruktur und nachhaltige Anlagen als attraktiv eingeschätzt. Bleibt es langfristig dabei?


Definitiv. Aktien aus dem Segment Basis-Infrastruktur bieten Zugang zu verschiedenen strukturellen Wachstumsthemen. So profitieren Infrastruktur-Unternehmen besonders von langfristigen Trends wie dem digitalen und dem demografischen Wandel sowie von der Energiewende. Unter dem Strich ist hier langfristig eine bessere Wertentwicklung zu erwarten als beim breiten Aktienmarkt, mit niedrigeren Drawdowns und konstant hohen Dividenden. Aber auch digitale Disruptoren, also innovative und schnell wachsende Unternehmen, die sich auf die Entwicklung neuer Technologien, Produkte oder Dienstleistungen konzentrieren, stehen bei uns im Fokus.


Vielen Dank für dieses Interview!


 


Investoren-Info:


Die langfristige Strategie setzt Bantleon bereits um, insbesondere der Bantleon Changing World sowie der Bantleon Select Infrastructure bilden den strategischen Ansatz ab. Der nachhaltige Multi-Asset-Fonds Changing World (ISIN LU1808872961 für die ausschüttende Tranche, ISIN LU1808872888 thesaurierend, vgl. Chartbild unten) investiert flexibel in Zukunftsthemen wie erneuerbare Energien, digitale Infrastruktur, intelligente Städte & Mobilität sowie digitale Disruptoren. Die Portfolio Manager steuern die Allokation der einzelnen Assetklassen – Aktien, Anleihen und Edelmetalle – flexibel in Abhängigkeit von der erwarteten Konjunktur- und Zinsentwicklung.