Wer einen Blick auf die aktuellen Marktkommentare der Banken und Fondsgesellschaften wirft, erkennt die Zurückhaltung, mit der die Marktakteure derzeit auf die Böse schauen. Die britische Großbank HSBC hat ihren Ausblick für den Aktienmarkt auf „neutral“ zurückgenommen, heißt es im Market Insight für Mai 2016. Für Europa stellen die Brexit-Entscheidung am 23. Juni und auch die anschließenden Wahlen in Spanien wichtige Weichen. Zudem haben die US-Währungshüter als einzige große Notenbank der Welt das Thema Zinserhöhung nicht aufgegeben. Bei guten Arbeitsmarktdaten könnte im Juni ein weiterer Zinsschritt kommen. „Für Anleger ist das Ergebnis dieser Analyse zwiespältig“, meint Christian Heger, Chief Investment Officer bei HSBC Global Asset Management, in seinem aktuellen Marktkommentar. Für einen nachhaltigen Börsenaufschwung fehlten weiter die Voraussetzungen.

Ähnlich skeptisch gibt sich auch Union Investment. „Das Union Investment Committee (UIC) hat angesichts dieser unterschiedlich wirkenden Kräfte seine Risikopositionierung unverändert auf Stufe 3 (neutral) belassen“, heißt es in der überarbeiteten Marktmeinung der Frankfurter Investmentgesellschaft. Das Gremium sehe nach wie vor Risiken für den längerfristigen Ausblick und nehme daher die Aktiengewichtung auf die Grundallokation zurück.

Die Schweizer Großbank UBS warnt ebenfalls vor dem drohenden Brexit, dessen Auswirkungen schon jetzt in Ansätzen in Großbritannien zu spüren sei. Unternehmen würden sich mit Investitionen zurückhalten. Im aktuellen UBS Marktausblick mit dem Titel „Global Perspectives“ betont die Gesellschaft ihre „neutrale“ Einstellung zu Aktien und begründet dies mit dem schwachen Wachstum der Weltwirtschaft und den zurückgehenden Unternehmensgewinnen. Der Ausblick auf den Aktienmarkt bleibt UBS zufolge eine „Herausforderung“.

Psychose an der Börse: Bipolare Märkte
Die Fondsgesellschaft Ethenea vergleicht den Zustand der Kapitalmärkte gar mit einer Psychose: „Die Kapitalmärkte waren in den vergangenen Monaten geprägt von mitunter starken manischen oder depressiven Stimmungsschwankungen, ohne dabei einen klaren Trend aufzuzeigen“, heißt es im aktuellen Marktkommentar mit dem Titel „Bipolare Märkte“. Defensive Fonds wie der Ethna Defensiv dürften in solchen Marktphasen wieder stärker gefragt sein (WKN: A0LF5Y).

Ähnlich drastische Töne kommen vom Finanzdienstleister Wave. „Die Aktienmärkte präsentierten sich unberechenbar“, heißt es dort im aktuellen Fondsmanagerkommentar. Der Wave Total Return Fonds (WKN: A0MU8A) investiert überwiegend in Rententitel. Die Aktienquote liegt bei derzeit 16 Prozent (Edisoft, 11.05.2016), der Fonds konzentriert sich in dem Segment auf europäische Blue-Chip-Titel.

Die Schweizer Bantleon Bank macht die Investoren für diese Unberechenbarkeit verantwortlich. „Diese verkehrte Welt ist das Ergebnis einer asymmetrischen Reaktion der Investoren“, sagt Harald Preißler, Chefvolkswirt und Leiter Anlagemanagement von Bantleon. Demnach löst fast jede ökonomische Entwicklung – zum Beispiel in den USA – neue Unsicherheit aus: „Entweder fallen die US-Konjunkturdaten positiv aus, dann entsteht Leitzinserhöhungsangst, der US-Dollar wertet auf und schickt die weltweiten Aktienmärkte auf Talfahrt, was die EUR-Märkte überproportional belastet. Oder aber die US-Wirtschaftsdaten enttäuschen, dann wertet der US-Dollar ab und der Euro auf, was den EUR-Börsen wiederum überproportionale Verluste beschert.“ Der Bantleon Opportunities (WKN: A0NB6N) investiert derzeit ausschließlich in Rentenpapiere. Nur in Phasen des Konjunkturaufschwungs wird eine zusätzliche Aktienquote in Höhe von 20 Prozent des Fondsvermögens aufgebaut.