Es gehört derzeit schon etwas Mut dazu, angesichts der Talfahrt am Aktienmarkt den Schritt aufs Parkett zu wagen. Die Brain AG aus dem hessischen Zwingenberg hat sich am 9. Februar trotz Turbulenzen nun zum Börsendebut entschieden. Dies ist die erste Neuemission in 2016 und zugleich der erste Börsengang eines deutschen Biotech-Unternehmens seit 2006 – nach den Boom-Jahren im Bereich Biotechnologie gelang es seither nicht mehr, einen Kapitalmarkt in Deutschland für diese Sparte zu etablieren.

Der Start verlief zunächst holprig: Gehofft hatte der Konzern auf einen Ausgabekurs von bis zu zwölf Euro, am Ende schloss die Aktie dann bei einem Ausgabepreis von neun Euro. Inzwischen liegt der Kurs bei 9,35 Euro. Insgesamt konnte Brain 3,6 Millionen Aktien platzieren. Mit dem IPO nahmen die Zwingenberger 31,5 Millionen Euro ein. Der Gewinn fließt ins Unternehmen, um das Produktgeschäft anzukurbeln.

Brain wurde im Jahr 1993 gegründet und positionierte sich im Bereich industrielle Biotechnologie. Das Geschäftsmodell: Aus einer Datenbank an Naturstoffen, Enzymen und Mikroorganismen werden aktive Substanzen entwickelt, die die Leistung chemischer Produkte steigern können – also etwa Enzyme im Waschpulver, welche die Reinigung bei niedrigen Temperaturen ermöglichen oder auch Nahrungsmittelbestandteile, mit denen der Salzgehalt von industriell verarbeiteten Lebensmitteln reduziert werden kann. Auch ein Zuckerersatzstoff, der 2000-mal mehr Süßkraft als herkömmlicher Zucker haben soll, ist im Gespräch.

Das Potenzial dieser „Biologisierung von Industrien“, wie es das Unternehmen umschreibt, hat das Emissionshaus HMW bereits früh erkannt. Der Initiator hat unter dem Namen „MIG Fonds“ mehrere Venture-Capital-Fonds für Privatanleger aufgelegt, welche seit 2006 Anteile an der Brain AG halten. Mit Ausgabe neuer Aktien für den IPO beträgt der aktuelle Anteil der Fonds am Grundkapital von Brain nun 15,4 Prozent. Damit sind die Private-Equity-Fondsgesellschaften ein wichtiger Investor für die Biotech-Firma. Unter den Zeichnern der Papiere befanden sich auch zahlreiche MIG-Anleger, die sich zusätzlich noch per Einzelinvestment an der Brain AG beteiligen wollten.

Aktuell in Platzierung ist das Beteiligungsangebot MIG Fonds 15. Angestrebt wird ein breit diversifiziertes Portfolio über verschiedene Unternehmen und Branchen – hierzu zählen beispielsweise Pharma, Biotechnologie und Medizintechnik, Umwelttechnologie, Energietechnologie, Robotik, der Bereich Internet und E-Commerce sowie die Kommunikations- und Informationstechnologie. Die Laufzeit der Beteiligung wurde mit zehn Jahren geplant, ein Beitritt ist ab 10.000 Euro möglich.