10.800 Punkte oben, 10.200 Punkte unten – das sind die DAX-Marken, die wir nun schon seit vielen Wochen börsentäglich benennen müssen. Nach einem kurzen Test der oberen Marke liefen die Kurse wieder zurück und wir bleiben weiterhin in dieser Range gefangen. Bei einem Ausbruch über die 10.800 Punkte hinaus können die Märkte schnell um 600 Punkte nach oben laufen. Nachdem die 10.800-Punkte-Schwelle sehr oft gehalten hat, werden wohl viele Marktteilnehmer im Falle eines Ausbruchs hinterherrennen und für einen steilen Anstieg sorgen. Gefährlich wird es erst wieder unterhalb von 10.200 Punkten.

US-Wirtschaftsdaten überwiegend negativ
Die US-Wirtschaftsdaten der letzten Tage waren, von wenigen Ausnahmen abgesehen, negativ. So enttäuschten u.a. das US-Verbrauchervertrauen, der Richmond-Fed-Index (dieser war bereits den dritten Monat in Folge negativ) oder die stagnierenden US-Einzelhandelsumsätze – und das bei all dem, was man in den letzten Jahren in die Märkte gepumpt hat. Wir sehen nach wie vor sehr hohe Subventionen und Defizite sowie rekordniedrige Zinsen und trotzdem kommt die US-Konjunktur nicht aus dem Quark. Das bereitet Sorge. Zudem zieht die Kerninflation in den USA langsam an während die Konjunktur nicht mitzieht. Die Gefahren einer Stagflation – steigende Preise bei gleichzeitig stagnierender oder sogar schrumpfender Wirtschaft – nehmen also zu. Die Stagflation ist mithin die gefährlichste aller Wirtschaftslagen.

Deutsche Bank: Hü und Hott ums Privatkundengeschäft
Die Deutsche Bank überlegt nun, wie man hört, die einst erworbene Postbank nun doch zu integrieren. Erst wollte man sie verkaufen, hat aber keinen Käufer gefunden, der bereit war, den Preis zu zahlen, den man sich vorgestellt hat. Nun will man die Postbank vielleicht doch behalten. Das kann man nur noch mit Herumeiern bezeichnen, denn offenkundig findet man keinen richtigen Weg für die Zukunft der Bank. Zuerst wollte man sich von den Privatkunden lösen und sich auf das Investmentbanking konzentrieren, hat aber dann einiges auf die Nase bekommen. Jetzt besinnt man sich wieder auf die Privatkunden. Diesen Schlingerkurs sehen wir schon seit einigen Jahren. Wie bei einem Eiskunstläufer lautet das Motto rechts-links-rechts-links. Die Schwierigkeit, in dieser Situation eine vernünftige Strategie zu entwickeln, ist zwar durchaus nachvollziehbar. Das macht die Lage für die Deutsche Bank allerdings nicht besser. Im deutschen Privatkundengeschäft sitzen die Volksbanken und Sparkassen fest im Sattel, im internationalen Investmentbanking haben die großen US-Häuser die Nase weit vorne und beißen – gerne auch mit Hilfe der US-Regierung – unliebsame Konkurrenten aus dem Ausland weg. Da fällt es für die Deutsche Bank (ebenso wie andere europäische Privatbanken) schwer, ein lukratives Geschäftsfeld zu finden.

Erfolg für Wirecard und Apple
Der Online-Zahlungsdienstleister Wirecard hat, wie viele Unternehmen in dieser Woche, Zahlen vermeldet. Diese waren durchweg positiv: Der Umsatz wuchs gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel, der Ausblick bleibt sehr positiv. Die Aktie, die auch im Dirk Müller Premium Aktien Fonds enthalten ist, hat in den letzten Monaten stark zugelegt. Insgesamt war der Titel immer wieder Spielball der Spekulanten und wurde vor allem von Short-Verkäufern mithilfe dubioser Nachrichten nach unten gedrückt.

Auch Apple wurde in den letzten Monaten immer wieder kritisch betrachtet. Dabei lagen die jüngsten Bilanzzahlen – trotz Umsatz- und Gewinnrückgangs – über den Erwartungen. Man wusste bereits, dass es dieses Jahr etwas dünner wird. Für das Gesamtjahr hat Apple einen Gewinn von 45,7 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Es gibt nur wenige Unternehmen, die so etwas vorweisen können. Derzeit verzeichnet Apple mehr Nachfrage nach Smartphones als lieferbar sind. Natürlich hängt das auch mit den schweren Pannen bei Samsung zusammen. Dementsprechend haben die Kalifornier den Ausblick angehoben, die Umsatzerwartung für das nächste Quartal steigt auf 76,8 Milliarden Dollar; erwartet hatten die Analysten nur 75,3 Milliarden Dollar. Diese Zahlen – wohl gemerkt für ein einziges Quartal – bleiben beeindruckend! Dies wäre zugleich ein Rekordquartal für Apple.

Angesichts der Explosionen von Samsung-Handys und die millionenfachen Rückrufe der Geräte suchen die Kunden nun nach Alternativen. Viele wechseln jetzt zu Apple. Das ist eine sehr spannende Geschichte, denn ein solcher Wechsel, ist ganz schwer wieder rückgängig zu machen. Wer nämlich einmal seine gesamten Daten auf das neue System transferiert und sich auf die neue Bedienweise eingestellt hat, wird einen Teufel tun und als nächstes wieder zurück zu Samsung zu wechseln. Diese Wechselkunden werden also sehr wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren bei Apple bleiben. Das könnte für Apple spürbare Marktanteilsgewinne in den nächsten Jahren nach sich ziehen. Das gilt es beim Blick auf die einzelnen Bilanzposten zu berücksichtigen. Alles andere außer dem iPhone – etwa die Cloud, Musik- und Streaming-Dienste, Apple Pay oder die Apple Watch – ist für Apple eigentlich nur Beiwerk.

Es geht nicht darum, mit einer Apple Watch Geld zu verdienen. Diese bringt, wie auch die Streaming-Dienste, ein wenig Klimpergeld, das bei Apple nebenbei hereinkommt. Tatsächlich geht es darum, die Kunden so tief wie nur irgend möglich in die Apple-Welt hineinzuziehen. So wird ein Wechsel zu einer anderen Marke schrittweise erschwert. Wer etwa seine Musik im Apple-System iTunes hat, muss schon einigen Aufwand betrieben, um all diese Daten zu einem Samsung-System zu transferieren. Wer also einmal in der Apple-Welt integriert ist, wird zumeist in dieser Welt bleiben und sich auch in den kommenden Jahren immer wieder das neue Smartphone kaufen – und das ist der eigentliche Gewinnbringer! Interessanterweise sind selbst dann, wenn die Absätze etwas zurückgehen, die Preise pro Handy wieder gestiegen. Auf das iPhone kommt es also in der Bilanz von Apple an, alles andere sind lediglich Markenbildner, also Produkte, die den Kunden an das iPhone binden. Die Zukunftsaussichten für den Konzern sind gerade nach den Samsung-Vorfällen ausgesprochen positiv. 157 Milliarden Dollar Cash (nach Abzug der Schulden) in Apples Schatztruhe seien am Rande auch noch erwähnt...

Daimler produziert jetzt auch Pick-ups – aber warum nicht für die USA?
Daimler will nun einen Pick-up produzieren. Der Stuttgarter Automobilkonzern hatte solch ein Gefährt bislang noch nicht im Angebot. Interessant ist dabei, dass dieser Pick-up in Europa, Australien, Südafrika und Südamerika verkauft werden soll. Fehlt Ihnen da auch etwas? Der eigentliche Hauptmarkt für Pick-ups vielleicht, die USA? Ja, mir auch. Daimler weiß aber offenkundig genau, was zu tun ist. Daimler weiß genau, was dem Unternehmen blüht, wenn man sich mit den großen amerikanischen Automobilherstellern auf ihrem Heimatmarkt USA in deren Kernsegment der großen Pick-ups anlegen würde. Vermutlich würde es dem Konzern dann ähnlich gehen wie VW... Bei Daimler hat man offensichtlich gelernt und hält sich aus diesem Markt heraus. Umgekehrt sind die US-Unternehmen eben auch aufgrund der aggressiven Wirtschaftspolitik in Washington die erfolgreichsten der Welt. Die Konzerne wissen die mächtigste Nation auf Erden mit ihrer vollen Stärke hinter sich, die alles tut – juristisch und, wenn es sein muss, auch geostrategisch– um die Konkurrenz aus dem Weg zu räumen. Genau deshalb kommt man an amerikanischen Aktien trotz allem, was einen daran stört, nicht herum.

Herzliche Grüße,
Ihr
Dirk Müller