FondsDISCOUNT.de: Herr Müller, dieses Jahr ging es, vor allem im Herbst, an den Börsen wieder etwas wilder, weil volatiler zu. Hat Sie das überrascht?


Dirk Müller: Nein, absolut nicht. Das war zu erwarten und ich hatte das in meinen Jahresprognosen im Januar auch so beschrieben. Es ist allgemeiner Konsens, dass „die Märkte“ seit 2009 im Wesentlichen durch die immer wieder ins System gepumpten frischen Notenbankgelder nach oben getrieben wurden. Dieser Logik folgend ist klar, dass die Märkte unter Druck kommen, sobald die Notenbanken kein neues Geld hinein schleusen. Der Fahrplan der internationalen Notenbanken für 2018 war schließlich bekannt. Ab Herbst 2018 würden die maßgeblichen Notenbanken netto Geld aus den Märkten abziehen. Dies in Kombination mit steigenden US-Zinsen – auch das war bekannt – musste nahezu zwangsläufig zu negativen Auswirkungen an den Börsen führen. Das war den großen Marktteilnehmern natürlich genauso klar wie mir, daher verkaufen seit Anfang des Jahres alle wesentlichen Anlegergruppen netto Aktien. Entsprechend kamen die Europäischen und asiatischen Aktienmärkte schon früh unter kräftigen Abgabedruck. Einzig in den USA hielten sich die Kurse bis Herbst, denn die einzigen, die noch Aktien gekauft haben waren die amerikanischen Konzerne selbst. Sie haben hunderte Milliarden US-Dollar aus repatriierten Geldern in der Folge von Trumps Steuergesetzen in Aktienrückkaufprogramme investiert. Das hat die Märkte einige Monate stabil gehalten und den „großen Tieren“ die Möglichkeit gegeben, ihre Aktien zu hohen Kursen abzustoßen. Diese Konzernkäufe laufen derzeit aus und der Abgabedruck nimmt sogar noch zu.


Gerade die Technologie-Aktien haben rund eine Billion Dollar verbrannt. Wie erklären Sie sich diesen Einbruch und wie schätzen Sie diesen Sektor in der Zukunft ein?


Dass die Technologieunternehmen in einer Welt der Digitalisierung die Zukunft bedeuten war ein „no-brainer“. Das war jedem klar. In der Folge ist sehr viel „dummes Geld“ – so bezeichne ich Investorengeld, dass relativ undifferenziert „in die Märkte“ investiert – in eben genau jene Aktien geflossen, deren Unternehmen ja „nur gewinnen können“. Sehr viel dieses Geldes ist über ETFs in diese Unternehmen geflossen und hat deren Aktienkurse in immer neue Höhen getrieben. Etwaige unternehmerische oder konjunkturelle Risiken waren da längst nicht mehr mit eingepreist. In dem Augenblick, in dem dieses „dumme Geld“ aus Furcht vor fallenden Märkten wieder „aus den Märkten“ abgezogen wird, wollen alle durch die gleiche schmale Tür raus und so kommen in sehr kurzer Zeit sehr viele Aktien dieser – noch immer guten – Technologieunternehmen auf den Markt und die Kurse brechen stärker ein als alle anderen. Für mich eine wunderbare Situation. Mir waren Amazon, Nvidia und Co immer viel zu teuer, jetzt bekomme ich Aktien dieser starken Unternehmen plötzlich zum halben Preis. Herzlichen Dank. Denn selbstverständlich wird die westliche Welt künftig einen großen Teil ihres Einkaufs bei Amazon machen. Selbstverständlich wird kaum ein selbstfahrendes Auto ohne die Chips von Nvidia auskommen. Solche besonderen Marktsituationen, die aus dem kopflosen Verhalten kurzfristigen „dummen Geldes“ entstehen, sind wunderbare Chancen für „Smart Money“. Geld, das wohl überlegt langfristig in gute Unternehmen investiert.


ETFs waren auch in diesem Jahr bei Anlegern beliebt, viel Geld ist so in den Markt geflossen. Welche Risiken sehen Sie hier für die kommenden Jahre.


ETF-Investitionen sind für mich „dummes Geld“. Ich möchte gerne in die besten Unternehmen der Welt investieren. Dafür mache ich mir die Mühe, jedes einzelne Unternehmen bis ins Detail zu analysieren und die Besten der Besten zu finden. Ein ETF auf den DAX investiert einfach in alle 30 Werte des Dax. Wer sagt denn, dass das alles gute Unternehmen sind? Manche von denen waren das vielleicht mal vor 20 Jahren. Aber sind sie es heute noch? Finde ich wirklich keine besseren Unternehmen als Lufthansa, Deutsche Bank oder Thyssen Krupp? Ganz sicher sogar. Dazu kommt eine von den Anlegern völlig unterschätzte Gefahr. ETFs bewegen sich 1:1 wie der zugrundeliegende Index. Das bedeutet, dass ein ETF-Investor in einem Crash 50 Prozent oder sogar 70 Prozent seines Geldes verliert, wie im Jahr 2008 oder 2000. Man erzählt den Leuten immer sie sollen davor keine Sorge haben, das würde sich dann auch schnell wieder erholen. Und was wenn nicht!? Nach dem 90 Prozent Crash von 1929 hat es 30 Jahre gedauert, bis die Kurse wieder erreicht waren. Die Inflation ist dabei noch gar nicht berücksichtigt! Der Crash in Japan ist jetzt ebenfalls 30 Jahre her und die Aktien stehen noch immer erst wieder bei der Hälfte ihres damaligen Wertes. Das erlebt nicht mehr jeder. Ich bin gespannt, was die Fürsprecher der ETFs ihren Anlegern erzählen, wenn sich diese Situation wiederholt. Wenn tausende Anleger ihre Altersvorsorge verlieren, nur weil ein paar leichtsinnige Berater der Meinung sind, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholen kann. Ich für meinen Teil sehe ein solches Szenario zumindest als realistische Möglichkeit und will nicht erleben, dass meine Anleger ihr Geld verlieren. Daher sichere ich die Aktienbestände in meinem Fonds in Phasen wie wir sie aktuell erleben zu 100 Prozent gegen Kursverluste ab. In den vergangenen Wochen haben wir im Gegensatz zu den Märkten folgerichtig nichts verloren. Ein ETF spart gegenüber einem gemanagten Fonds etwa ein Prozent Gebühren im Jahr. Was nutzt das, wenn man dafür im Crash 50 Prozent oder mehr verliert!?


Wo sehen Sie im nächsten Jahr die politischen Risiken für Börsenanleger, welche Entwicklungen werden sich auf die Aktienmärkte besonders auswirken?


Die Risiken sind vielfältig: Brexit, Italien oder die Spannungen mit Russland. All das halte ich aber für überschaubar. Die größeren Gefahren sehe ich aktuell in dem Konflikt USA-China. Eine aufstrebende Macht China versucht dem alten Hegemon USA die Weltmacht zu entreißen. Die USA werden alles tun, um das zu verhindern. Militärisch ist es nahezu unmöglich, wirtschaftlich ein Kinderspiel. Die USA müssten dazu nur Strafzölle erheben und die US-Leitzinsen anheben. Und siehe da… plötzlich wirken die Trumpschen Maßnahmen gar nicht mehr so verrückt. Das gleiche Spiel haben die USA Ende der 80er Jahre mit Japan gespielt. Die Folge war ein Platzen der japanischen Immobilien- und Kreditblase, von der sich das Land bis heute nicht erholt hat. Der Knall einer platzenden chinesischen Blase ist ob ihrer schieren Dimension wesentlich lauter und durch die Globalisierung noch am selben Tag rund um den Globus spürbar. Ich erwarte ausgesprochen gefährliche Märkte. Aber die Börse lehrt Demut. Man kann sich nie sicher sein. Sollten die USA morgen beginnen die Zinsen zu senken oder sich mit China auf einen Burgfrieden einigen, hätten wir explodierende Aktienkurse. Auch darauf muss ein aktiver Fondsmanager vorbereitet sein und entsprechend reagieren.


Die EZB hat ein Ende der Anleihekäufe angekündigt. Rechnen Sie dadurch mit steigenden Zinsen?


Nein, die EZB wird weiterhin die zufließenden Gelder fälliger Anleihen für Anleihekäufe einsetzen und auch die Leitzinsen auf dem aktuellen Niveau belassen. Einige Länder wie Italien könnten sich höhere Zinsen unmöglich leisten.


Ihr Fonds hat im Gegensatz zu vielen anderen den volatilen Herbst gut überstanden. Was waren Ihre Treiber?


Wir haben die Entwicklung rechtzeitig vorausgesehen und die Aktien gegen fallende Kursen abgesichert. So konnten wir die Aufwärtsbewegung im Januar noch mitnehmen, aber schon den Februar-Crash unbeschadet überstehen. Die gute Aktienauswahl starker Unternehmen kombiniert mit einer sehr spezifischen Absicherungs-Strategie  hat sich voll ausgezahlt. Aktuell liegen wir für 2018 etwa neun Prozent im Plus, während der Vergleichsindex ein Minus von etwa vier Prozent zu verzeichnen hat. Auch die hochgelobten ETFs konnten wir - trotz im Vergleich höherer Managementgebühr - deutlich schlagen. Ein Anleger mit monatlicher Einzahlung hat seit unserer Auflage vor 3,5 Jahren etwa acht Prozent Rendite auf sein eingezahltes Geld. Hätte er einen ETF auf den Vergleichsindex genommen, wären es nur vier Prozent Dabei hatten wir nur die Hälfte der Schwankungsbreite und jederzeit unsere Absicherungsstrategie für die Anlegergelder, während der ETF immer einem hohen Verlustrisiko ausgesetzt war. Die Anleger wissen das sehr zu schätzen, wie der große Kapitalzufluss auf nunmehr 125 Millionen Euro und die vielen positiven Zuschriften bestätigen.


Wie hoch schätzen Sie im Moment die globale Crashgefahr ein und wie stellen Sie Ihren Fonds darauf ein?


Ich schätze die Gefahr recht hoch ein und der Fonds ist genau für solche Phasen gebaut. Wer nach unten nichts verliert, der wird im danach folgenden Aufschwung sofort hohe Gewinne einfahren können, während andere erst noch ihre Verluste aufholen. Aber auch wenn es nicht zum Crash kommt, lösen wir die Absicherungen im stabilen Markt kurzfristig auf, um von den steigenden Kursen zu profitieren. Nach oben dabei, nach unten gesichert. Das ist die Grundphilosophie.


Herr Müller, vielen Dank für dieses Interview!


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