Das Thema Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren global immer mehr an Bedeutung gewonnen. Diese Bedeutung wurde im Pandemie-Jahr 2020 durch verschiedene Faktoren nochmals gepusht. Auch im Finanz- und Investmentbereich hat sich der Begriff von der Nische zu Mainstream gewandelt. Große und kleine Anleger setzen verstärkt den Fokus auf nachhaltige Geldanlagen. Doch ESG (Environment, Social, Governance) und Nachhaltigkeit sind weitgehend unregulierte Begriffe. In der Tragweite der Bedeutung sei dies auf europäische Ebene nicht mehr angemessen, meinen die französischen und niederländischen Marktregulierungsbehörden. Sie fordern die Schaffung eines europäischen Regulierungsrahmens für die Bereitstellung von Ratings, Daten und außerfinanziellen Dienstleistungen.


Rechtsrahmen für mehr Anlegerschutz


Die Autorité des Marchés Financiers (AMF) und ihr niederländisches Pendant, die Autoriteit Financiële Markten (AFM), haben sich innerhalb eines gemeinsam veröffentlichten Positionspapieres für einen europaweiten Rechtsrahmen ausgesprochen. Der vorgeschlagene Rahmen soll es ermöglichen, eine Kapitalfehlallokation und Greenwashing zu vermeiden und den Anlegerschutz zu gewährleisten. „Es sieht Transparenzanforderungen in Bezug auf Methoden, Interessenkonfliktmanagement, interne Kontrollverfahren und einen verstärkten Dialog mit Unternehmen vor, die einem außerfinanziellen Rating unterliegen“, heißt es in dem Schreiben der Behörden. Der Einfluss von ESG-Kriterien sei wichtig und werde bei der Investitionsentscheidung zunehmen. Gleichzeitig treibt die Stärkung der nachhaltigen Finanzregulierung die Nachfrage der Anleger nach ESG-Daten an. Eine erhöhte Transparenz der getroffenen methodischen Entscheidungen sowie der Herkunft der Daten sei angesichts der Vielfalt der für das außerfinanzielle Rating verwendeten Methoden von grundlegender Bedeutung. AMF und AFM schlagen deshalb vor, eine einheitliche Aufsicht von ESG-Datenlieferanten bei der EU-Wertpapierbehörde ESMA zu etablieren. Das würde für eine wesentliche Transparenz beitragen. Die nationalen Aufsichtsbehörden geben an, mit ihrem Positionspapier zunächst vor allem eine Debatte anregen zu wollen. Andere Finanzaufsichtsbehörden wollen sie aufrufen, sich daran zu beteiligen.


Robert Ophèle , Präsident der Autorité des Marchés Financiers: „Der nachhaltige Investmentmarkt wächst rasant, aber seine Glaubwürdigkeit hängt weitgehend von der Qualität und Zuverlässigkeit der verwendeten außerfinanziellen Informationen ab. Mit diesem Ziel und um das Vertrauen der Anleger zu gewährleisten, möchten wir mit der AFM einen europäischen Rechtsrahmen für Anbieter von ESG-Daten und -Diensten vorschlagen. Der Aufbau einer solchen Verordnung sollte in die Tagesordnung der erneuerten Strategie für nachhaltige Finanzen aufgenommen und gemeinsam durchgeführt werden. “


Unterschied zwischen ESG-Daten-Lieferanten und ESG-Ratings


Bei den Dienstleister-Gesellschaften muss man aber genau hinschauen. Es gibt Anbieter, welche ESG-Daten sammeln und bereitstellen und es gibt Anbieter, welche ESG-Rating abgeben. Einige Dienstleister bieten beides an: „Man kann entweder mit den aus diversen Quellen zusammengetragenen Rohdaten arbeiten, aber auch Ratings beziehen oder beide Ansätze miteinander kombinieren“, schreibt das Portal privat-banking-magazin dazu. Wenn man sich auf die Nutzung der Rohdaten beschränken wolle, könne man über web-basierte Plattformen darauf zugreifen und die Informationen für die Wertpapierauswahl nutzen. „Wer eine konkrete Einschätzung benötigt, wird auch bei zahlreichen Anbietern fündig – Rating-Agenturen bewerten die Unternehmen nach individuellen Maßstäben“, so das Branchenportal weiter. Dazu gehören demnach große Anbieter wie MSCI ESG, ISS ESG, Sustainalytics (ab 2020 Mitglied der „Morningstar-Familie“) oder Vigeo Eiris.


FNG-Siegel populärster Anbieter von ESG-Ratings in Deutschland


Zu den bekanntesten Ratinganbietern in Deutschland zählt das vom Forum für Nachhaltige Geldanlagen (FNG) vergebene FNG-Siegel. Laut einer Umfrage des Branchenportals Fonds Professionell ist es hierzulande noch vor dem Morningstar Sustainability Rating die Nummer eins. FNG definiert Nachhaltigkeit als „Ergänzung der klassischen Kriterien Rentabilität, Liquidität und Sicherheit um ökologische, soziale und ethische Aspekte“. Zu den Kriterien zählen Mindeststandards wie Ausschlüsse bestimmter Unternehmen und Staaten, Nachhaltigkeitsabdeckung und Transparenz. Zudem stehen institutionelle Glaubwürdigkeit, Produktstandards und Impact im Fokus. Der in Berlin ansässige Verband hat zusammen mit seinen Pendants aus Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien und Italien Eurosif (European Sustainable Investment Forum) gegründet. Ziel ist es, anhand des transnationalen Verbundes das Wachstum des europäischen ethischen Investmentmarktes zu fördern und einheitliche Standards zu definieren.