Eigentlich ist es paradox: Weltweit beherrschen tiefgreifende politische und wirtschaftliche Unsicherheiten die Schlagzeilen und dennoch sind die Kennzahlen zur Aktienvolatilität rückläufig. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären? George Efstathopoulos, Manager des Fidelity Zins & Dividende (ISIN: LU1129851157) verweist in einem aktuellen Kommentar zunächst darauf, dass die Kennzahlen zur Marktvolatilität als Risikobarometer zu wünschen übrig lassen. Erschwerend komme hinzu, dass ruhigere Börsenphasen bei den Anlegern eine gewisse Selbstzufriedenheit auslösen. Die Folge sei ein sich selbst verstärkender Trend an den Märkten mit noch geringerer Schwankungsbreite – damit steige jedoch zugleich die Gefahr eines plötzlichen Stimmungsumschwungs, so der Kapitalmarktexperte.

In den vergangenen vier Jahren sei dieses Anlegerverhalten durch die Politik der Zentralbanken noch verstärkt worden. Denn historisch niedrige Zinsen und großangelegte Anleihekäufe hätten Anleger in riskantere Anlageklassen getrieben. Dies habe die Preise erhöht und die Volatilität gedämpft. Derzeit sei die realisierte Aktienvolatilität sogar nicht weit von den 2006/2007 erreichten Allzeittiefs entfernt. Sporadische Überraschungen hätten jedoch immer wieder massive Kursverluste ausgelöst und verdeutlichten die mit dem aktuellen Umfeld einhergehenden Risiken.

Nach Einschätzung des Fondsmanagers könnte sich der Wind an den Märkten jedoch nun langsam drehen. So habe die US-Notenbank bereits einen Politikwechsel vollzogen und die Zinsen erhöht. Auch die Europäische Zentralbank und die Bank von Japan hätten ihre Taktik geändert, nachdem ihre geldpolitischen Maßnahmen mit Negativzinsen und immer neuen quantitativen Lockerungen zunehmend wirkungslos verpufften. „Den Pfad der quantitativen Lockerung haben sie zwar noch nicht ganz verlassen. Anleger können sich aber nicht länger darauf verlassen, dass die Zentralbanken automatisch den Geldhahn weiter aufdrehen und Wirtschaft und Märkte stützen, wenn sich die Lage verschlechtert“, so Efstathopoulos weiter. Ein Beleg dafür, dass die Geldpolitik ihre tragende Rolle für Wirtschaft und Finanzmärkte an die Haushaltspolitik abgegeben habe, sei der jüngste Volatilitätsrückgang bei Aktien und die starke Ausrichtung vieler Portfolios auf mehr Wachstum und Inflation.

Allerdings sei die Wirkung haushaltspolitischer Maßnahmen eine andere. Efstathopoulos verweist in diesem Zusammenhang zunächst auf die starke Rotation an den Aktienmärkten seit Anfang November vergangenen Jahres: Defensive anleiheähnliche Aktien seien in der Gunst der Anleger zurückgefallen, die vermehrt in traditionell zyklische Aktien mit höherer Volatilität umschichten. Seitdem sei die Volatilität von Portfolios mit niedrigem Risikofaktor höher als von solchen, die auf die Faktoren Qualität, Wachstum und Substanz setzen. Auch auf Einzeltitelebene habe die Volatilität zugenommen und sei bei anderen Anlageklassen wie Staatsanleihen aus Kernländern und an den Devisenmärkten ebenfalls auf dem Vormarsch.

„Anleger sollten daher mit tendenziell höheren Schwankungen bei Aktien und möglicherweise stärkeren Kursausschlägen im Vorfeld und nach wichtigen bevorstehenden Ereignissen rechnen“, warnt der Börsenprofi, kann Anleger, die allein beim Gedanken daran nervös werden, jedoch auch gleichzeitig beruhigen: „Das muss aber nicht unbedingt schlecht sein. Da die verzerrende Wirkung der quantitativen Lockerungen nachlassen dürfte, werden fundamentale Faktoren die Renditen künftig wohl wieder stärker beeinflussen. Höhere Volatilität und das Abebben des ständigen Wechselbads aus Risikoscheu und Risikobereitschaft sollten eine bessere Diversifizierung von Portfolios ermöglichen. Darüber hinaus ist die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen tendenziell niedriger, wenn die Aktienvolatilität zunimmt. Beides ist für eine effiziente Asset-Allokation vorteilhafter.“

Für Efstathopoulos ist die Aussicht auf höhere Volatilität somit kein Schreckgespenst, sondern bietet nicht zuletzt auch höhere Chancen für aktive Fondsmanager, die diese Gegebenheit zu nutzen wissen.

Tipp: Anleger, die sich dennoch gegen höherer Schwankungen wappnen und ihr Depot wetterfest machen möchten, können beispielsweise auf spezielle Low-Volatility-Strategien wie etwa den Parvest Equity World Low Volatility (ISIN: LU0823417810) oder den Jyske Invest Equities Low Volatility (ISIN: DK0060512358) ausweichen. Auch Total-Return-Fonds weisen eine geringe Volatilität auf und können vor Rücksetzern in turbulenten Phasen schützen.