Am Dienstag, den 18. Oktober 2016, fand im Hamburger Hotel Radisson Blu die Gläubigerversammlung der Magellan Maritime Services GmbH statt. Seit Juni 2016 befindet sich die Gesellschaft im Insolvenzverfahren, betroffen sind etwa 9000 Investoren mit Direktinvestments in Höhe von 350 Millionen Euro. FondsDISCOUNT.de sprach mit Investoren, die vor Ort waren. Nach deren Schätzungen sollen etwa 800 bis 900 Personen anwesend gewesen sein. Der Andrang war so groß, dass die Versammlung erst mit 90-minütiger Verspätung beginnen konnte, die übrigens vom Amtsgericht organisiert wurde, die „mangelhafte Organisation ist nicht Magellan anzurechnen, sondern der Stadt Hamburg, deren Ordnungsvertreter auch für einen halbwegs reibungslosen Ablauf sorgten“, so eine Anlegerin.

Die wichtigste Frage im Raum war das Thema Eigentum und Aussonderungsrecht. Zu diesem Punkt gibt es keine neue Erkenntnis, der Insolvenzvertreter Peter-Alexander Borchardt verwies auf die schwierige Sachlage, da unklar ist, welches Recht überhaupt angewendet werden muss –deutsches, chinesisches oder internationales Recht.

Zudem sind die Eigentumsverhältnisse der Anleger an den Containern unklar. Der Insolvenzverwalter vertritt die Ansicht, dass die Anleger wohl kein rechtmäßiges Eigentum an dem Containerportfolio erlangt haben. Aus den Kauf- und Verwaltungsverträgen zwischen den Anlegern und Magellan sei dies nicht erkennbar. Es soll zwar ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sein, allerdings begründe dies noch keinen Eigentumserwerb, da es nicht zu einer mittelbaren Übergabe der verkauften Gegenstände kam. Diese Einschätzung ist in Juristenkreisen durchaus umstritten. Es entstand bei vielen Betroffenen der Eindruck, dass man ihnen ein eigenmächtiges Vorgehen ausreden wollte, etwa um das Aussonderungsrecht im Einzelfall durchzuklagen. „Man will offenbar keinen Präzedenzfall“, fasste eine Investorin die Situation zusammen.

Ausschuss gewählt
Im Zuge der Versammlung wurde ein gemischter siebenköpfiger Gläubigerausschuss gewählt, der laut unseren Gesprächspartnern vorwiegend aus Anwälten, einer Logistikexpertin, einem bayrischen Privatinvestor und einem ehemaligen Mitarbeiter von Magellan besteht. Das Publikum war sehr gemischt, in den Gesprächen unter den betroffenen Investoren wurden viele Schicksalsfälle geschildert, der die Insolvenz von Magellan in den Privatleben der Anleger ausgelöst hat.

Eine Anlegerin hat die Verantwortlichen gefragt, warum Magellan nicht auf die Investoren zugekommen sei. Magellan hätte erklären können, dass ein Engpass besteht und die Investoren um einen zweimonatigen Aufschub der Zahlungen bitten können. Dieser Redebeitrag wurde mit Beifall bedacht, offenbar wären zahlreiche Investoren bereit gewesen, einem Zahlungsaufschub zuzustimmen. Da die Gläubiger zu 97 Prozent Investoren aus dem Containergeschäft seien, wäre dies auch einfacher gewesen, als wenn Magellan noch an weiteren Stellen offene Posten gehabt hätte. Beantwortet wurde dieser Einwand von Seiten des Insolvenzvertreters oder Magellan nicht.

Für die Zukunft bieten sich laut Borchardt mehrere Varianten an: Eine Weiterführung durch Magellan, den sofortigen Verkauf der Container oder den Verkauf an einen Investor, der das Modell weiterführen soll. Aus dem Publikum kam die Frage, ob denn niemand von Magellan vor Ort sei, meldete sich der Gründer Carsten Jahns. Auf die Frage, ob er noch Visionen für Magellan hätte, sagte er wörtlich: „Wenn ich noch Vision hätte, müsste ich zum Arzt“. Ein betroffener Anleger schildert den Moment als durchaus ergreifend, weil damit eigentlich klar sei, dass eine Fortführung ausgeschlossen sei.

„Rascher Verkauf oder jahrelanges Warten“
Der Insolvenzverwalter pocht auf einen schnellen Verkauf des Containerportfolios, deutliche Unterstützung erhielt er in diesem Punkt von der Beratungsgesellschaft KPMG. Ein schneller Verkauf sei zwischen Januar und März 2017 möglich. Alles andere „könnte bis zu zehn Jahre dauern“. Einige Investoren kritisieren die eindeutige Bevorzugung dieser Verkaufsvariante durch die andere Seite.

Es gab viele Investoren, die es bevorzugen würden, wenn es zu keinem sofortigen Verkauf des Containerportfolios kommt, sondern ein Investor das Geschäft übernimmt. Laut KPMG gibt es bereits zahlreiche Interessenten, erste unverbindliche Angebote würden vorliegen. Man könne aber keine konkreten Zahlen nennen, da ein Interessent im Saal anwesend sei.

Zum Schiffs- und zum Containermarkt gab KPMG an, dass wegen des Überangebots von Schiffen und Containern und des gleichzeitigen globalen Rückgangs im Schiffstransportgeschäft ein enormer Preisverfall der Container zu verzeichnen sei. Zu dem Thema gab es eine weitere Publikumsfrage: Warum nicht auf einen interessierten Investor gewartet wird, der die Verträge übernimmt, anstatt das Horrorszenario sofortiger Verkauf durchzuziehen – vor allem vor dem Hintergrund des schlechten Preises, der aktuell verlangt werden könne? Auch hierfür soll es Beifall gegeben haben. Auch die Möglichkeit einer Hybridlösung – ein Teil wird übernommen, ein Teil wird verkauft – wurde nur am Rande besprochen, obwohl sich die betroffenen Investoren auch dafür interessiert haben.

„Ich denke, Magellan hat einfach Pech gehabt. Eigentlich ist das Geschäftsmodell gut und Magellan war ein gesundes Unternehmen. Das zeigt sich ja auch am Gläubigeranteil von 97 Prozent Containerinvestoren“, so eine Anlegerin. Auch die Gegenseite machte mehrmals den schwachen Containermarkt für die Situation verantwortlich: „Der Weltmarkt ist sehr sensibel, vor allem der asiatische“, hieß es oft.

„Kein Schneeballsystem“
Der Insolvenzverwalter verneinte den in den Medien oft geäußerten Vorwurf des Schneeballsystems. Borchardt erklärte es damit, dass die Rückkaufwerte für die Container, die Magellan den Investoren am Ende der Laufzeit in Aussicht gestellt habe, nicht garantiert, sondern nur prognostiziert gewesen seien. Zudem hätte es keine auffälligen Transaktionen von Magellan-Firmenkonten gegeben. Es soll sich also auch nicht um verschleppte Insolvenz handeln. Alle aktuellen Mietverträge sollen laut Insolvenzvertreter von den Reedereien bedient werden. Das Geld fließt auf ein Anderkonto.

Man habe die Gläubiger immer wie Eigentümer behandelt, warum werden sie jetzt enteignet und alles der Gläubigermasse zugeführt, obwohl nur drei Prozent der Gläubiger keine Containerinvestoren seien, soll ein betroffener Anwalt gefragt haben. Borchardt soll zu den Eigentumsverhältnissen gesagt haben, es sei eine rechtlich ungeklärte Situation mit einer nicht homogenen Investorengruppe“.

Die Frage, ob ein zweites Gutachten zu den Eigentümerverhältnissen erstellt werden soll, wird nun der Gläubigerausschuss entscheiden. Wann die nächste Versammlung stattfinden wird, ist bislang nicht bekannt.