Die Rating-Agenturen Standard&Poor’s und Fitch entziehen Großbritannien den Triple-A-Status mit der Begründung, die Abstimmung die EU zu verlassen gefährde die verfassungsrechtliche und ökonomische Integrität des Landes. Der Brexit könne das Ende des Vereinigten Königreichs bedeuten, weil Schottland und Nordirland in der EU verbleiben wollen und sich daher von Großbritannien trennen müssten. Die unmittelbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft seien ebenfalls ein Risiko, weil Unternehmen ihre Investitionen auf unbestimmte Zeit hinauszögern, heißt es in der Begründung von Fitch Ratings.

Beide Agenturen setzen den Ausblick für Großbritannien auf negativ, weitere Herabstufungen sind also möglich. Mit der aktuellen Bewertung befindet sich Großbritannien auf einer Stufe mit Belgien und Frankreich, aber hinter den Triple-A-Ländern Deutschland, den Niederlanden und Australien.

Die dritte große Rating-Agentur Moody’s steht einem Bericht des Wall Street Journals zufolge ebenfalls kurz vor einer Neubewertung des britischen Kreditratings. Neben den bereits erwähnten Folgen eines Brexit werde der Finanzsektor aufgrund der hohen Unsicherheit einen Nachteil davon ziehen. Das zeigt sich nicht nur am Chart des britischen Indizes FTSE 100, sondern auch am US-amerikanischen Leitindex S&P 500, der am zweiten Handelstag nach der folgenschweren Entscheidung der Briten weiter nachgibt.


So überraschend die Abstimmung der Briten für einen Austritt aus der EU auch gewesen sein mag, die meisten Fondsgesellschaften haben sich im Vorfeld auf dieses Risiko eingestellt. Seit der Ankündigung des Referendums durch den britischen Premier David Cameron waren die Umfragen über Brexit oder Bremain (einen Verbleib in der Staatengemeinschaft, Anm. d. Red.) relativ ausgeglichen. Dieses Risiko konnten die Kapitalanlagegesellschaften nicht ignorieren. „Sieht man sich die Umfrageergebnisse im Zeitverlauf an, so kann man sich eigentlich nur wundern, warum der Brexit eine Überraschung darstellt und den Markt kalt erwischt hat“, heißt es in einem Kommentar zur Marktsituation von Mandelbrot Asset Management.

Schaut man sich den deutschen Leitindex DAX an, so sind die Auswirkungen nach dem Referendum am Kursverlauf zwar deutlich abzulesen, auf einer Skala der vergangenen zwei Wochen zeigt sich jedoch kein deutlicher Abwärtstrend, sondern eher eine Seitwärtsbewegung. Denn der DAX ist in der Woche vor dem Brexit von 9.500 auf 10.300 Punkte angestiegen und hat diese Gewinne nach der Überraschung schlagartig wieder verloren. Der DAX notiert am Dienstagvormittag bei 9.484 Punkten.

Das Marktumfeld war auch vor dem Brexit bereits volatil. Die Marktteilnehmer bei Mandelbrot reagieren auf den Brexit entsprechend cool: „Letztendlich haben sich ‚nur‘ die Erholungsbewegungen seit Anfang letzter Woche an einem einzelnen Tag korrigiert. Eigentlich ist an der Börse derzeit alles beim Alten.“

Noch.

Denn auch bei Mandelbrot sieht man die Gefahr, dass das Vereinigte Königreich und die EU an den Folgen des Brexit zerbrechen könnten. Nachdem die alte Unsicherheit über den Brexit nun in der Vergangenheit liegt, tun sich am Horizont neue Unsicherheitsfaktoren auf, die das Szenario an den Finanzmärkten in Zukunft beherrschen werden.

Tipp: Der Aktienfonds Mandelbrot Market Neutral (WKN: A14N8Q) konnte nach dem Brexit sogar zulegen (siehe Chartbild, unten). Die Anlagestrategie des Fonds wird in diesem Artikel und im Interview mit Fondsmanager Dr. Wilhelm Berghorn ausführlich erklärt.