Vor etwa zehn Jahren erschütterte die Insolvenz von Lehmann Brothers die Finanzwelt. Auch zahlreiche offene Immobilienfonds gerieten in diesen Sog – denn immer mehr Anleger wollten ihr investiertes Geld zurück haben. Da sich Immobilien aber nicht so plötzlich verkaufen lassen, mussten 18 große Fonds eingefroren werden. Die Abwicklungen dauern zum Teil bis heute an. Das Rating- und Analysehaus Scope ist in einer aktuellen Untersuchung nun der Frage nachgegangen, wie weit dieser Prozess bei den einzelnen Fonds vorangekommen ist und wie sich die erzielten Ergebnisse bis dato darstellen.


Zwar seien immer noch nicht alle Objekte verkauft, so die Experten, dennoch zeige sich bereits jetzt ein klares Bild, wie hoch die Verluste jeweils ausgefallen seien. Die folgende Grafik zeigt demnach die zwischen dem 30. September 2008 und dem 5. März 2018 entstandenen Verluste der genannten Fonds. Wie sich daraus ersehen lässt, schwanken die Ergebnisse zwischen +0,8 Prozent und -54,8 Prozent. Der von Scope errechnete Mittelwert liegt bei einem Verlust von rund 22 Prozent.



Warum weichen die Ergebnisse so stark voneinander ab? Ein wichtiger Einflussfaktor ist hierbei laut Scope der Auflagezeitpunkt des Fonds. Der Morgan Stanley P2 Value und der TMW Immobilien Weltfonds seien beispielsweise vor dem Ausbruch der Finanzkrise in einer Hochpreisphase aufgelegt worden. Als die Fonds nach der Finanzkrise ihre Portfolios veräußern mussten, sei es zu erheblichen Wertverlusten gekommen. Andere Fonds hätten sich zum Zeitpunkt der Auflösung sogar noch im Aufbau befunden und hätten Verluste demzufolge kaum abfedern können. Ein weiterer Einflussfaktor sei die Höhe des eingesetzten Fremdkapitals. Fonds, die zum Zeitpunkt der Schließung Kreditquoten von 40 bis 50 Prozent aufweisen, hätten auch höhere Verluste generiert. Neben dem Ankaufszeitpunkt und der Finanzierungsstruktur spielen auch die Zusammensetzung des jeweiligen Immobilienportfolios eine Rolle. Grundsätzlich gelte: Je besser die Qualität der Objekte, desto höher sei auch die Nachfrage seitens potenzieller Käufer. Je niedriger der Leerstand, desto geringer seien die Wertverluste. So habe bei vollvermieteten Objekten der durchschnittliche Wertverlust nur 8,4 Prozent betragen Objekte mit Leerstand von 80 Prozent bis 100 Prozent hätten hingegen im Durchschnitt fast die Hälfte ihres Wertes verloren. Ein weiterer Zusammenhang, den die Analysten nachweisen, ergibt sich durch die Objektgröße: Je größer das Objekt, desto geringer der Verlust. So konnten in der Größenklasse ab 200 Millionen Euro im Zuge der Abwicklung Wertzuwächse von durchschnittlich 1,5 Prozent erzielt werden. Kleine Objekte mit einem Volumen von weniger als 25 Millionen Euro verloren durchschnittlich fast ein Viertel an Wert.


Auch regional ergeben sich Unterschiede. Die höchsten Verluste wurden demnach mit Fondsobjekten in Japan erlitten (im Schnitt -36,3 Prozent). Der einzige Markt mit einem im Saldo positiven Ergebnis (+2,3 Prozent) sei Großbritannien. Die meisten Objekte der 18 in Abwicklung befindlichen Fonds befinden bzw. befanden sich in Deutschland (8,6 Milliarden Euro Verkehrswert) und Frankreich (5,8 Milliarden Euro). In beiden Ländern seien die Wertverluste mit durchschnittlich 8,7 Prozent bzw. 11,4 Prozent vergleichsweise moderat ausgefallen.


Und schließlich habe auch der Verkaufszeitpunkt einen großen Einfluss auf das Ergebnis.  Am geringsten fallen demnach die Wertverluste für Objekte aus, die gleich im ersten Jahr nach Bekanntgabe der Auflösung veräußert wurden. Im weiteren Verlauf der Abwicklung stiegen die Verluste in der Regel an. Am höchsten seien die Verluste für Immobilien, die nach Ablauf der Abwicklungsfrist an die Verwahrstelle übergehen.


Von den 18 betrachteten Fonds haben sieben ihr Portfolio bereits vollständig abgebaut. Neun Fonds besitzen noch eine einstellige Objektanzahl. Die beiden Fonds CS EUROREAL und SEB ImmoInvest müssen noch größere Portfoliobestände im Wert von 765 Millionen Euro bzw. 634 Millionen Euro veräußern (siehe nachfolgende Grafik).


Investoreninfo: Damit sich solche ungeplanten und massenhaften Anteilsrückgaben nicht wiederholen können, wurden offene Immobilienfonds vom Gesetzgeber inzwischen mit Mindesthalte- und Kündigungsfristen ausgestattet. Seit dem Jahr 2013 schreibt das Kapitalanlagegesetz somit eine Mindesthaltefrist von 24 Monaten sowie eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten für alle Neuanleger vor. Das heißt: Wer neu in einen Immobilienfonds investiert, muss zwei Jahre warten, bis die Anteile wieder verkauft werden dürfen und muss dann seine beabsichtigte Rückgabe ein Jahr vorher ankündigen. Weitere Aspekte rund um das Thema Immobilienfonds haben wir hier für Sie zusammengetragen: Häufige Fragen zu offenen Immobilienfonds