Norwegen macht es bereits seit fast 20 Jahren vor. In einem Staatsfonds wird das Geld aus dem Verkauf von Rohöl am Aktienmarkt investiert und für die Altersvorsorge verwendet. Diese Strategie verläuft äußerst erfolgreich, der Staatsfonds erwirtschaftet im Schnitt eine Rendite von fünf Prozent seit 1997. Nun wollen Hessens Landesminister Tarek Al-Wazir von den Grünen und Stafan Grüttner und Thomas Schäfer von der CDU dieses Modell auch für Deutschland einführen – die sogenannte Deutschland-Rente soll die Lücke zwischen gesetzlicher und privater Altersvorsorge schließen.

Nur sind es im Fall der deutschen Bürger nicht die Milliarden aus dem Abbau von Rohstoffen, von denen sie im Alter zehren können. Sie sollen neben dem Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung einen weiteren Teil des Lohns für die Deutschland-Rente an die Rentenversicherung abführen. Das ist dem Entwurf zufolge zwar unbürokratisch und schnell, bedeutet aber zunächst eine Mehrbelastung der arbeitenden Bevölkerung.

Die Idee findet dennoch eine breite Zustimmung, denn die Bundesbürger fürchten sich nachweislich vor Altersarmut. Neben CDU und Grünen haben sich auch Stimmen der SPD für diesen neuen Rentenentwurf ausgesprochen. So überzeugend die Idee einer freiwilligen Zusatzvorsorge klingen mag, müssen die Entscheidungsträger noch einige Schwachstellen ausbügeln.

Nicht alle über einen Kamm scheren
So soll der Fonds auf Selbstkostenbasis arbeiten, ohne eigenes Gewinninteresse. Damit genügend Deutsche mitmachen, wird der Beitrag automatisch vom Gehalt der Bürger eingezogen, bis diese aktiv dagegen widersprechen (Opt-out). Wer sich schon früher schlau gemacht und einen eigenen Plan für die Altersvorsorge hat, muss also zunächst einmal mit neuen Abzügen rechnen oder schnell widersprechen.

Alternativen zur gesetzlichen Rente gibt es schließlich genug. Auch am Sparwillen der Deutschen dürfte es nicht scheitern. Im vergangenen Jahr sind Rekordsummen in Mischfonds geflossen. Auch Fonds-Sparpläne werden immer beliebter.

Eine einheitliche Anlagestrategie der Deutschland-Rente für alle widerspreche überdies allen Grundsätzen, die seit Jahren in der Anlageberatung gelten, schreibt Chefredakteur Bernd Mikosch in einem Kommentar zur Deutschland-Rente auf Fonds Professional Online. Außerdem bestünde die Gefahr, dass der Staat in Versuchung gerät, andere Projekte mit dem Geld der Altersvorsorge zu finanzieren. So werde das Risiko der Altersvorsorge nicht gestreut, sondern erhöht.

Des Weiteren sind Politiker abhängig von Wählerstimmen und Legislaturperioden. So bestehe für die Anleger die Gefahr, dass die Anlagepolitik der Deutschland-Rente viel zu konservativ ausfalle, schreibt Mikosch weiter. Politiker hätten Angst davor, den Wählern am Jahresende ein Minus beichten zu müssen. So würde die Aktienquote niedrig gehalten und die Rendite damit geringer ausfallen.

Nicht zuletzt gelte es zu klären, in welche Assets der Fonds investieren dürfe. Werden deutsche Unternehmen bevorzugt, sind Investitionen in die Rüstungsindustrie vertretbar, darf der Fonds Staatsanleihen kaufen und damit den Bundeshaushalt mitfinanzieren? – All diese Fragen würden die Manager eines solchen Fonds von einem ins nächste Dilemma versetzen.

Risiko und Rendite selbst bestimmen
Der Staat kann nur in begrenztem Maß für die Altersvorsorge seiner Bürger verantwortlich sein. Selbstentscheider sind gefragt. Denn die Risikoneigung ist von einem zum nächsten Individuum unterschiedlich. Sie ändert sich zudem je nach Alter, Einkommen und den persönlichen Wünschen der Anleger.