In nur zwei Monaten ist die Zahl der Fonds, die unter Artikel 8 oder 9 der EU-Taxonomie fallen, in Deutschland um 18 Prozent gestiegen. Nachhaltige Investmentfonds sind damit weiterhin auf Erfolgskurs, nimmt man das Angebot und dessen Wachstum als Maßstab. Binnen zwei Monaten ist die Zahl der Fonds, die als nachhaltig im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation SFDR) gelten, nach Analysen der Ratingagentur Scope um 742 gestiegen. Bei der vorangegangenen Untersuchung zum Stichtag am 28. Februar lag die Zahl der nachhaltigen Portfolios noch bei 4.113, am 30. April betrug sie 4.855. Berücksichtigt wurden alle in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Fonds.


Tatsächliches Nachhaltigkeitslevel unbedingt überprüfen


Bereits 40 Prozent aller in Deutschland angebotenen Fonds sind damit nach Artikel 8 oder 9 der EU-Taxonomie klassifiziert. Das kann eindeutig als Bestätigung gewertet werden, dass die Offenlegungsverordnung wirkt und eine hohe Nachfrage von Investoren existiert, ihr liquides Vermögen in Nachhaltigkeitsfonds anzulegen. Allerdings nähren diese immensen Wachstumszahlen auch Zweifel: Ist diese Steigerung wirklich vollumfänglich seriös umsetzbar? Oder mischen sich viele nur vordergründig grüne Angebote, die in Wahrheit eher dem Bereich Greenwashing zuzuordnen sind, in die Statistik? Für große Aufmerksamkeit sorgen in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Vorgänge bei der Deutschen Gesellschaft für Wertpapiersparen, eher unter der Abkürzung DWS als Tochterunternehmen der Deutschen Bank bekannt: Nach internen Greenwashing-Vorwürfen und staatsanwaltlichen Durchsuchungen kam es sogar zum Wechsel an der Unternehmensspitze.


Für Investoren bedeutet dies: Das tatsächliche Nachhaltigkeitslevel des jeweiligen Fonds sollte überprüft werden. Hilfreich dabei ist das valide Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlage. Das gibt es in drei Stufen, die durch Sterne gekennzeichnet sind. Auch die Ratings seriöser Anbieter wie MSCI ESG, Sustainalytics oder Vigeo Eiris geben gute Hilfestellung. Das Österreichische Umweltzeichen für Nachhaltige Finanzprodukte verschafft Investoren ebenfalls gute Einblicke. Besonders vertrauenserweckend ist es, wenn diese Berichte auf der jeweiligen Internetseite des Fondsanbieters veröffentlicht sind. Auf der Homepage des FNG findet sich eine Liste aller Fonds, die das Siegel erhalten haben.


Der Löwenanteil der nachhaltigen Produkte fällt unter Artikel 8. In Fonds dieser Kategorie werden mittlerweile knapp drei Billionen Euro verwaltet. Das Vermögen der in Deutschland vertriebenen Artikel-9-Fonds liegt bei knapp 340 Milliarden Euro. Dieses Verhältnis ist nicht überraschend, denn für einen Artikel-8-Fonds genügen letztlich eine hinreichende Anzahl an Ausschlüssen sowie ein Best-in-Class-Ansatz, der neben den Nachhaltigkeitszahlen auch Ratings für Governance (Unternehmensführung) und soziale Standards einbezieht. Deutlich anspruchsvoller ist es, ein Artikel-9-Angebot zusammenzustellen, da hierfür überwiegend Investitionen in direkt nachhaltige Unternehmen notwendig sind, die ein klar definiertes Umweltziel zu verfolgen. Dazu zählt auch, sogenannte Key Performance Indicators (KPI) zu benennen und zu quantifizieren, zum Beispiel die konkrete Summe an C02-Einsparungen.


Aktienfonds stellen die größte Gruppe unter den Artikel-8-Portfolios dar. Jeder zweite dieser Fonds investiert in diese Anlageklasse. Gemessen am verwalteten Vermögen kommen Aktienfonds auf einen Anteil von 42 Prozent. Knapp ein Viertel des Kapitals in Artikel-8-Fonds steckt in Rentenprodukten, ein Achtel in Mischfonds. Die Gruppe der sonstigen Fonds kommt auf ein Gewicht von 21 Prozent. Ein gänzlich anderes Bild ergibt sich gemäß der Scope-Analyse bei den Artikel-9-Fonds. Beim Volumen überragt die Gruppe der Aktienfonds die anderen Anlageklassen um Längen: Sie vereint auf sich 78 Prozent des Geldes, das in „dunkelgrünen“ Fonds steckt. Rentenfonds kommen auf einen Anteil von etwas weniger als 20 Prozent, Mischfonds nur auf knapp 3 Prozent. Sonstige Artikel-9-Fonds gibt es kaum.


Die Zahl der dunkelgrünen Artikel-9-Fonds ist also noch überschaubar. Einige Häuser kommen dennoch auf eine stattliche Anzahl. Mit großem Abstand offeriert Amundi die meisten Artikel-9-Portfolios (60 Fonds). Auf Platz zwei folgt BNP Paribas (35), auf Platz 3 AXA (29). Dass französische Fondshäuser diese Rangliste anführen, ist kein Zufall. Die Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien bei der Geldanlage hat in Frankreich eine lange Tradition. So sehen die französischen Kapitalmarktregularien bereits seit Jahren eine umfangreiche Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Zudem gibt es im französischen Aktienrecht das „Entreprise à mission“. Dabei handelt es sich um Unternehmen, bei denen neben der Gewinnerzielung soziale und nachhaltige Aspekte gleichberechtigt verfolgt werden. Bekanntester Vertreter dieser Gattung ist Danone S. A.


Pictet führt bei Summe des nachhaltig verwalteten Vermögens


Die breiteste Produktpalette führt nicht zwangsläufig zum größten Bestand. Dies zeigt ein Blick auf das Ranking nach verwaltetem Vermögen. Dieses wird angeführt vom Schweizer Fondshaus Pictet. Obwohl die Gesellschaft nur 13 Produkte anbietet, die gemäß Artikel 9 klassifiziert sind, verwaltet sie in diesen stattliche 43 Milliarden Euro. Ein Großteil entfällt dabei auf die sehr erfolgreichen Wasserfonds der Schweizer, die zum Teil so erfolgreich waren, dass ein Soft-Closing eingeführt werden musste. Damit bleibt für Amundi der zweite Platz. Rang drei besetzt der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock.


Mit großem Abstand offeriert Amundi die meisten Artikel-9-Fonds. Durch den finalen Erwerb des ETF-Anbieters Lyxor Anfang 2022 hat die französische Gesellschaft ihre Spitzenposition ausgebaut. Zu den 33 hauseigenen Produkten und den 13 Fonds der Amundi-Tochter CPR Asset Management sind durch die Übernahme 14 Artikel-9-Fonds von Lyxor hinzugekommen. Auch die Plätze zwei und drei sind mit BNP Paribas und AXA in französischer Hand. Die beiden Gesellschaften haben 35 bzw. 29 dunkelgrüne Fonds im Angebot. Vermögensverwalter müssen dort bereits seit 2010 angeben, inwiefern sie beim Investieren ökologische und soziale Kriterien berücksichtigen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung achten. Institutionelle Großanleger sind seit 2016 verpflichtet, über die Klimawirkung ihrer Investitionen zu berichten. Das Thema nachhaltige Geldanlage ist in der französischen Finanzwelt demnach fest verankert.


Hier ein Kurzüberblick über beliebte Nachhaltigkeitsfonds der drei nach Anlagesumme führenden Häuser:


Pictet Water (ISIN: LU0843168575)


Der Fonds mit zahlreichen unterschiedlichen Tranchen zählt zu den absoluten Klassikern und findet sich als Basisinvestment in zahlreichen Nachhaltigkeitsportfolios. Dazu werden mindestens zwei Drittel des Vermögens in Aktien von Gesellschaften weltweit investiert, die im Bereich Wasser und Luft tätig sind. Der Fonds legt den Schwerpunkt auf Unternehmen, die in der Wasserversorgung oder der Wassertechnologie aktiv sind oder Umweltdienstleistungen oder Dienstleistungen in der Wasseraufbereitung erbringen. Der Fonds strebt ein besseres ESG-Profil an als der Referenzindex. Mit mehr als acht Milliarden CHF Volumen zählt das Sondervermögen zu den Schwergewichten.


KBI Global Sustainable Infrastructure (ISIN: IE00BKPSDL06)


Dieser von der irischen Amundi-Tochter aufgelegte Fonds widmet sich ganz der nachhaltigen Infrastruktur. Auch dieses Sondervermögen spielt in der Liga der Großfonds mit Milliardenvermögen. Mit einem Fokus auf Agrikultur-Wirtschaft, sauberer Energie und Wasser vereint der Fonds Megatrends der Infrastruktur mit einem nachhaltigen Ansatz.


Lesetipp: Hier finden Sie ein ausführliches Portrait des Fonds.


BlackRock Global Funds - Sustainable Energy Fund (ISIN: LU0171289902)


Dieser sehr beliebte Fonds ist mittlerweile knapp sieben Milliarden EUR schwer. Der Fonds legt weltweit mindestens 70 Prozent seines Gesamtvermögens in Aktienwerten von nachhaltigen Energieunternehmen an. Nachhaltige Energieunternehmen sind solche, die in den Bereichen alternative Energie und Energietechniken tätig sind, u. a.: erneuerbare Energietechnologie, erneuerbare Energieentwickler, alternative Brennstoffe, Energieeffizienz, Realisierung von Energie und Infrastruktur. Mehr als 10 Prozent des Vermögens sind in deutsche Unternehmen allokiert.