Wenn eine Stiftung sich heute daran macht, sich um ihre Kapitalanlage zu kümmern, dann spricht das Depot häufig eine einfache Sprache. In der Regel finden sich dort zu viele Anleihen, die wenn sie zurückgezahlt werden auch noch für einen Bargeldüberhang sorgen, für den nicht selten Strafzinsen gezahlt werden müssen. Aktien finden sich, wenn dann nur in homöopathischen Dosen im Depot, Dinge wie REITs oder Infrastruktur oder Immobilienfonds sind Beimischungen, wenn überhaupt.


Delegieren oder selber machen, ist das die Frage für die nächsten Jahre?


Ausgehend von diesem Depot-Status quo, der für eine Phase mit normal-hohen Zinsen durchaus funktioniert, steht zu vermuten, dass dies in den kommenden Jahren eher weniger funktionieren dürfte. Stiftungen brauchen ordentliche Erträge, Stiftungsverantwortliche müssen sich genau hierum kümmern, es ist eine ihrer wichtigsten Pflichten. Wenn nun die Zinsen nahe null verharren, ist dieses Kümmern automatisch auch eine Frage des Selbermachens oder des Delegierens. Wer nicht mehr ausreichend fachliche und zeitliche Ressourcen aufwenden kann, um zu verschiedenen Anlagen sachgerechte Entscheidungen treffen zu können, der muss reflektieren. Vermutlich ist dann das Delegieren die richtige Alternative, und die Delegation der Kapitalanlage an Fonds hat verschiedene Vorteile.


Fondsanlage hat für Stiftungen viele Vorteile


Dieser Strauß an Vorteilen beginnt mit der Diversifikation über verschiedene Anlagestile, Anlagekonzepte und Anlageklassen hinweg. Stiftungen haben dem Diversifikationsgebot zu folgen, zudem ist ihnen das Spekulieren verboten. Einem Portfolio bestehend aus Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds kann unterstellt werden, dass hier nicht spekuliert sondern investiert wird – da zudem diese Fonds nach Möglichkeit entlang eines klar formulierten Kriterienrasters ausgewählt wurden. (1) Sie schütten aus, (2) ihr Anlagekonzept ist verständlich, (3) sie informieren stiftungsspezifisch, (4) verzichten auf Performance-Gebühren und sind (5) ohne Ausgabeaufschlag zu kaufen. Dazu gibt es (6) einen Ansprechpartner für Stiftungen, den Stiftungsverantwortliche mit Fragen behelligen können. Dieses Kriterienraster können Stiftungen noch ergänzen um einen Mindest-ESG-Score oder eine gewisse Prozentschwelle für problembehaftete Aktivitäten (UN Global Compact), und schon dampft sich das Fondsuniversum auf ein überschaubares Maß zusammen. Außerdem sind Fonds buchhalterisch einfach zu handhaben und erlauben durch ihre zahlreich gelieferten Informationen auch ein zielgerichtetes Controlling.


 



 


Delegieren ist eine Entscheidung gegen das Selbermachen


Legt eine Stiftung also ihr Stiftungsvermögen in Fonds an, dann hat sie sich für die Delegation der Kapitalanlage an Fondsanbieter entschieden. Die Entscheidung fußt dann auf der Tatsache, dass die Stiftungsentscheiderinnen und -entscheider sich nicht so eingehend mit den Märkten beschäftigen können, wie dies das heutige Umfeld notwendig macht. Niedrige Zinsen verlangen ein anderes Agieren an den Börsen, Stiftungen müssten langfristiger denken und handeln, sich frei machen vom Denken in Berichtsjahren, sie müssten viel breiter diversifizieren und deutlich höhere Gewichtungen zulassen für Anlagen in den sich entwickelnden Ländern. Zu diesen Aspekten müsste sachgerecht entschieden, müsste fachlich abgewogen und dann aktiv allokiert werden. Für Stiftungsverantwortliche ist eine Entscheidung pro Fonds folglich eine für einen Rollenwechsel: weg vom aktiven Portfoliomanager hin zum passiven Portfoliokontrolleur.


Stiftungsfonds sind nur ein Portfolio-Baustein, nicht mehr DER Portfolio-Baustein


Delegieren heißt dann aber eben auch, sich für bestimmte Fonds zu entscheiden, die „mein“ Stiftungsportfolio bilden. Bei diesen gibt es nun einige Kennzeichen, die eine Stiftungseignung anzeigen, und nicht immer sind es die Stiftungsfonds, die die Kriterien erfüllen. Stattdessen gibt es viele Fonds, bei denen Stiftung nicht im Namen steht, bei denen aber viel Stiftung drinsteckt. Stiftungsfonds „leiden“ heute schon hier und da unter ihrer zu konservativen Anlagepolitik, die eben genau nicht mehr den Bedürfnissen einer Stiftung entspricht. Zu hohe Anleihegewichtungen machen ein gewisses Ausschüttungsniveau nicht mehr möglich, die häufig statische Allokation von 70 bis 80 Prozent in Anleihen und zu 20 bis 30 Prozent in Aktien steht zudem auch nirgendwo geschrieben. Stattdessen können Stiftungen viel mehr schattieren in ihren Anlagen, und genau deshalb sind einige Fonds stiftungsgeeigneter als mancher vielleicht denkt.


Drei Regeln für das Fondsportfolio einer Stiftung


Bei der Auswahl von Fonds müssen Stiftungen und Ihre Lenkerinnen und Lenker drei Grundregeln beachten: 1) Kenne Dein Anlageziel; 2) Kenne Deine Zielfonds; 3) Kenne Deine Schmerzgrenze. Das Anlageziel gilt es vorab zu definieren, dieses umfasst das Ziel für den ordentlichen Ertrag (basierend auf der Liquiditätsplanung einer Stiftung) sowie das WIE für die Umsetzung, was also in der Kapitalanlage Ausdruck finden soll. Die Zielfonds sollten eingehend analysiert werden, mindestens auf Basis einer Präsentation und eines Gesprächs mit dem Fondsanbieter. Die Schmerzgrenze beschreibt nichts anderes als die Schwelle, ab der ein Fonds verkauft wird, sollte er nicht „liefern“. Dies kann eine Schwelle für die Wertentwicklung oder das Absinken bzw. Ausbleiben der Ausschüttung umfassen.


Das finale Apercu


Die Fondsanlage kann sich für viele Stiftungen hierzulande als die zeitgemäßeste Lösung für die Herausforderung Kapitalanlage entpuppen. Dabei gilt es zuerst zum bisherigen Vorgehen zu reflektieren, ein paar Regeln aufzustellen, eine Fondsuniversum zu bilden, dieses in ein Portfolio zu übersetzen und dann regelmäßig zu kontrollieren. Die Kapitalanlage selber und so wie immer zu machen, dafür ist das Terrain in der jetzt angebrochenen Dekade allem Anschein nach zu anspruchsvoll. Exakt für dieses schwierige Terrain aber braucht es echte Fondskönner. Wie auf der Skipiste. Dort beherrschen wahre Könner das schwierige Terrain auch am besten.


 


Hinweis: Oben Gesagtes findet sich ausführlicher in der FondsFibel für Stiftungen & NPOs, der führenden Arbeitshilfe zur Fondsanlage für Stiftungen und NPOs. Die Publikation ist als PDF, FlipBook und Podcast unter www.fondsfibel.de hinterlegt.


 


Der Autor dieses Textes


Tobias Karow ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit 10 Jahren aktiv. Er ist Herausgeber der FondsFibel für Stiftungen & NPOs (www.fondsfibel.de), Vorträge hält er vor allem zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘. Für beide Themen betreibt er den Blog #stiftungenstärken (www.stiftungenstärken.de).