Kommenden Donnerstag dringt ein altes Unterhaltungs-Schwergewicht in die Streaming-Landschaft: Disney+ geht in den USA an den Start. Zu sehen sein werden alle Inhalte aus dem Disney-Katalog – von Star Wars über Schneewittchen, bis zum neuesten Marvel-Superhelden. Konzern-Chef Bob Iger ließ deshalb schon vorsorglich einige Disney-Produkte von Konkurrenten-Plattformen wie Netflix abziehen. Doch wie kam es dazu?


Die Medienlandschaft in den USA ist von Übernahmen geprägt. So wurde beispielsweise die General-Electric-Unterhaltungssparte vom US-Kabelnetzbetreiber Comcast geschluckt. Das Filmproduktionsstudio Warner ging an AT&T, für satte 85 Milliarden Dollar. Damit hat der Telefon- und Internetanbieter nicht nur Zugriff auf die Warner-Studios, ihm gehören nun auch große Sender wie HBO und CNN. Aber nicht nur Comcast und AT&T waren auf Einkaufstour. Disney-Chef Iger machte sich ebenfalls auf die Suche nach geeigneten Investitionsmöglichkeiten. Er wurde bei Rupert Murdoch fündig. Der alte Medienmogul war laut Wirtschaftswoche, die sich auf Hollywood-Gossip berufen, schon länger müde von den ständigen Umwälzungen in der Branche. Er verkaufte neben verschiedenen Sendern und Filmbibliotheken die Spielfilmproduktion 21th Century Fox für 70 Milliarden Dollar – eine Rekordsumme in der 100-jährigen Firmenhistorie von Disney. Murdoch behielt lediglich das Nachrichten-Flaggschiff Fox-News und den größten Sportsender. Die US-Kartellbehörden gaben zuvor schon grünes Licht, so „horizont.net“.


Somit ist Igers Konzern die größte Macht an den Kinokassen, wie das Handelsblatt schreibt. Mit 40 Prozent Marktanteil im vergangenen Jahr überrage der Mickey-Mouse-Konzern die Konkurrenten Warner Bros und Universal (16 und 15 Prozent). Alle anderen lägen im einstelligen Bereich. Bob Iger, der die Zukunft seiner Branche in der Streaming-Technologie sieht, wollte bei seiner Einkaufstour an der Kasse noch schnell Netflix einladen, aber Gründer Reed Hastings, ließ sich nicht aufs Kassenband legen. Iger versuchte es wohl mehrmals, doch Netflix blieb stur.


Mit Disney+ scheint Iger nun wohl in die Offensive zu gehen. Der hauseigene Streaming-Dienst könnte laut JP-Morgan Analystin, Alexia Quadrani, die Abonnenten-Zahl von Netflix um 20 Milliarden auf 160 Milliarden übertrumpfen. Dass Disney für einen Wettkampf mit Netflix bestens gerüstet ist, zeichnet sich schon daran ab, dass der Konzern mit der Übernahme von 21th Century Fox auch gleichzeitig der größte Aktionär eines weiteren Netflix-Konkurrenten, Hulu, geworden ist. Derweil ist Walt Disney das zweitgrößte Medienunternehmen der Welt. Die Wirtschaftswoche recherchierte und schätzte einen diesjährigen Umsatz von 91 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Netflix käme 2019 nur auf Platz 12, mit einem geschätzten Umsatz von 20 Milliarden Dollar.


Außerdem scheinen sich Gerüchte zu verdichten, Disney könnte gemeinsame Sache mit Apple machen. Laut Bloomberg gibt es zwischen den beiden Unternehmen eine Vielzahl an Lizenzvereinbarungen für digitale Dienste. Konzernchef Tim Cook hatte vor einigen Tagen zwar verkünden lassen, dass er selbst einen Streaming-Dienst an den Start bringen will, doch die potenzielle Konkurrenzsituation könnte weniger bissig ausfallen, als derzeit bei Disney und Netflix. Auch ein Grund: Bob Iger sitzt seit 2011 im Apple-Aufsichtsrat – Laurene Powell, Witwe von Steve Jobs, ist wiederum Großaktionärin bei Disney. Spekuliert wird wohl in alle Richtungen. Auch eine Übernahme von Neflix seitens Apple sei möglich.


Im Fokus


Wer wie Bob Iger als „Mächtigster Mann Hollywoods“ betitelt wird, muss damit rechnen im Mittelpunkt zu stehen und somit zur Zielscheibe zu werden. Der bei den Liberalen gefeierte Senator Bernie Sanders aus dem US-Bundesstaat Vermont, kritisierte Iger immer wieder wegen seinem üppigen Honorar. In einem neuen Gehaltssprung soll er 50 Millionen Dollar bekommen. Das mache bis zu seiner Rente im Jahr 2021, gut 400 Millionen Dollar, errechnete der Aktionärsberater ISS. Sanders bemängelte, dass dies im krassen Gegensatz dazu stehe, was die Mitarbeiter in den Disney-Vergnügungsparks bekommen würden. Selbst die eigenen Aktionäre lehnten das neue Honorar ab, sie stimmten sogar in einem Votum dagegen. Iger giftete via Facebook gegen Sanders zurück: „Wir haben in Disneyland in den letzten zehn Jahren 11.000 neue Jobs geschaffen. Und unser gesamtes Unternehmen schuf 18.000 Jobs in den vergangen fünf Jahren. Wie viele Jobs haben Sie geschaffen? Was haben Sie für die US-Wirtschaft getan?“ Der Disney-Chef hatte im Wahlkampf Konkurrentin Hillary Clinton unterstützt. Zudem war er im Beratergremium von Donald Trump aktiv, stieg allerdings aus, als sich Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen verabschiedete.


Die Fusion zwischen Disney und der Fox-Filmschmiede soll 4.000 Entlassungen kosten. Natürlich will man auf Doppelbesetzung, wie etwa zwei Marketing-Abteilungen, verzichten. Dennoch war man überrascht wie viel Köpfe am Ende durch alle Hierarchien hinweg rollen. Auch traf es Angestellte, die aufgrund der Revolution in der Branche nicht mehr benötigt werden, schreibt „4kfilme.de“. Internationale Verkaufs-, Vertriebs-, Marketing, und Verwaltungsjobs würden in Zeiten von Streaming einfach nicht mehr gefragt sein. Einige Insider berichten von Chaos und Hektik. Kinostarts wurden verschoben, weil diese in Konkurrenz zu den eigenen Disney-Kinopremieren standen. Bis sich alles eingliedert, wird es wohl noch einen Moment dauern.


Einstufung


Die US-Investmentbank Goldman Sachs bewertete Walt Disney vergangene Woche mit „Buy“. Kursziel: 142 US-Dollar. Analyst Drew Borst spricht in einer Studie von einem Gesamtrenditepotenzial von 28 Prozent, so „finanzen.net“. Der Unterhaltungskonzern stehe vor einer neuen Ära. Die milliardenschwere Übernahme von Fox und das Debüt in der Streaming-Landschaft bedeutete eine Veränderung des Geschäftsmodells. „Boerse.de“ stufte die Aktie sogar als „Champion-Aktie“ ein, was laut dem Portal auf nur 0,1 Prozent aller angebotenen Aktie zuträfe. In den vergangenen zehn Jahren habe das Papier gut 320 Prozent zugelegt. Das Anlagerisiko sei äußerst gering.


Wo steckt Unterhaltung drin?


Wer selbst gerne beim Umbruch in der Medienlandschaft mitmischen will, wird bei FondsDISCOUNT.de fündig. Einige Aktienfonds bieten Beteiligungen bei den Großen der Branche. Darunter auch Walt Disney.


Der GAMAX Funds – Junior A (ISIN: LU0073103748) investiert seine 355 Millionen Euro Anlagevolumen zu großen Teilen in Walt Disney und Alphabet Inc. – der Google-Holding. Aufgelegt wurde er bereits 1997. Der Fonds ist sparplanfähig.


Laut Monatsbericht ein Volumen von 1,81 Milliarden: Der Invesco Global Consumer Trends Fund C (ISIN: LU0100598878) wurde 1999 aufgelegt und investiert seinen Löwenanteil in Streaming-Konkurrent Amazon mit satten 9,9 Prozent seines Anlagevolumens. Alibaba, Netflix und Nintendo stecken auch mit drin.


Der Morgan Stanley INVF Global Brands Fund (USD) Z (ISIN: LU0360482987) legt mit satten 11,6 Milliarden US-Dollar Volumen, in das von Disney einverleibte 21th Century Fox an. Gegründet wurde der Fonds am 10.06.2008.