Sein Faible für moderne Kunst und kostspielige Gemälde von Andy Warhol und Gerhard Richter etwa, die sein luxuriöses Büro am Place Vendôme schmücken, eine der vornehmsten Adressen in Paris. Die Information, dass der 65-Jährige gern mit Privatjet reist, scheint bei den Schilderungen fast schon Pflicht, ebenso wie der Hinweis auf das ausgeprägte Selbstbewusstsein des Franzosen. Meist folgt daraufhin der dezente Hinweis, dass sich der Firmengründer von Carmignac Gestion diese Attituden durchaus leisten kann, seitdem die Fonds des Franzosen in den vergangenen Jahren dank herausragender Ergebnisse mit Geld überhäuft wurden. Insgesamt 21 Milliarden Euro ist der Misch- und Flaggschifffonds Carmignac Patrimoine, der in internationale Anleihen, Aktien und Devisen investiert, inzwischen schwer. Der globale Aktienfonds Carmignac Investissement kommt immerhin auf 7,4 Milliarden Euro. Vor allem die langfristige Rendite von 114 Prozent in den vergangenen zehn Jahren für den Mischfonds und 190 Prozent Plus für die Aktienvariante hat für diese Geldschwemme gesorgt.

Kritik begleitet Carmignac
Läuft es bei den Franzosen allerdings mal nicht so rund, dann wird das exquisite Ambiente von Carmignacs Stammsitz in Paris gern als Beweis herangezogen, dass das Milliardenvermögen die Flaggschiffe und den französischen Kapitän wohl träge gemacht habe. Dies war im vergangenen Jahr der Fall, als der Patrimoine der Konkurrenz zwischenzeitlich hinterherhinkte, da Carmignac seine Fonds frühzeitig im Jahr defensiv aufgestellt hatte und somit den Kursanstieg bis Mitte 2011 verpasste. Der daraufhin folgende Kurseinbruch im August belehrte die Kritiker eines Besseren. Ende 2011 stand beim Patrimoine bei der Jahresperformance nur ein kleines Minus von 0,8 Prozent zu Buche. Damit zählte das Portfolio wieder einmal zu den besten 25 Prozent der ausgewogenen Mischfonds.

Viele Varianten der Absicherung
Gleichzeitig konnte Carmignac erneut sein Versprechen an seine Investoren erfüllen. „Fallen die Aktienkurse, schützen wir das Kapital der Anleger. Steigen sie, wollen wir am Aufschwung teilhaben.“ Sein Meisterstück in dieser Hinsicht lieferte der Franzose in den Jahren 2008 bis 2010 ab. Dank defensiver Ausrichtung überstand das Portfolio das Crashjahr 2008 ohne Verlust, 2009 investiert Carmignac dagegen stark unter anderem in unterbewertete Bankaktien und lag damit goldrichtig. „Wir haben keine Angst, uns gegen den Markt zu stellen“, lautet eine weitere Maxime des Managers. Zur Risikosteuerung des Fonds stehen Carmignac gleich mehrere Werkzeuge zur Verfügung. Die Aktienquote des Fonds kann er zwischen null und 50 Prozent variieren, das frei gewordene Kapital etwa in sicherere Anleihen und Währungen umschichten. Zudem agiert der Fondsmanager mit Derivaten zur Absicherung. Aber auch bei der gezielten Titelauswahl besteht zusätzlicher Spielraum, den Fonds offensiver oder defensiver aufzustellen. Ergebnis dieser variablen Aufstellung je nach Marktlage: Die durchschnittlichen Rendite von per annum über sieben Prozent in den vergangenen Jahren kann sich für einen Mischfonds durchaus sehen lassen.

Auch wenn in der Öffentlichkeit ein anderes Bild vorherrscht, Carmignac ist zwar der Patron von Carmignac Gestion, ein Alleinherrscher ist er nicht. Den Patrimoine managt er gemeinsam mit Rose Quahba. Ein Investmentkomitee steht den beiden wie auch den anderen Fondsmanagern beratend zur Seite. Dort fallen die Entscheidungen, welche Titel ausgewählt werden und welche Strategie der Fonds angesichts der makroökonomischen Lage verfolgt. Die Umsetzung kann trotz des Milliardenvermögens des Fonds schnell erfolgen. „Anfang 2012 haben wir uns entschieden, die Aktienquote innerhalb weniger Tage von null auf 45 Prozent zu erhöhen“, erklärt Didier Saint-Georges, eines der federführenden Mitglieder des Komitees. Ein Grund sei die Geldpolitik der Notenbanken gewesen, die weltweit den Markt mit Liquidität fluteten. „Insbesondere die massive Kapitalversorgung der Banken durch die Europäische Zentralbank bewerten wir als sehr positiv“, sagt Saint-Georges. Aber auch ermutigende Konjunktursignale aus den USA und China sorgten für ein Umdenken in Paris. Trotz der aktuell hohen Aktienquote ist das Carmignac-Team angesichts der Euro-Schuldenkrise alles andere als euphorisch. Das Portfolio ist daher weiter durch verschiedene Maßnahmen abgesichert. In Europa wird vor allem auf Exportunternehmen gesetzt, deren Absatzmärkte zu einem großen Teil außerhalb des Kontinents liegen. Dies soll dafür sorgen, dass bei einer wirtschaftlichen Eintrübung Europas die Kurse der ausgewählten Titel nicht stark unter Druck geraten.

Gold im Portfolio
Zudem setzt Carmignac verstärkt auf Goldminenaktien, die bei einem Wiederaufflackern der Krise in der Eurozone vom steigenden Preis des Edelmetalls profitieren könnten. Das Festhalten an den Bergbauunternehmen ist eine mutige Entscheidung. Denn der Goldsektor war schon 2011 im Portfolio stark vertreten, was sich allerdings trotz steigender Edelmetallpreise nicht ausgezahlt hat. Im Gegenteil: Minenaktien verloren im vergangenen Jahr um mehr als zehn Prozent an Wert. Viele Investoren hatten sich aus Risikogründen lieber Gold-ETFs, also goldgedeckte Schuldverschreibungen, statt Aktien der Minenbetreiber gekauft. Dies soll laut Carmignac 2012 anders verlaufen. Immerhin: In den ersten Monaten dieses Jahres legten die Papiere der Goldunternehmen wieder zu. Auf der Anleiheseite wird angesichts der weiter schwelenden Schuldenkrise ebenfalls mit Vorsicht agiert. Bei den Industriestaaten werden daher nur Staatsanleihen aus Deutschland und den USA ausgewählt. Ansonsten stehen festverzinsliche Papiere von Unternehmen im Fokus. „Unternehmensanleihen in den entwickelten Märkten sind noch nicht zu teuer“, erklärt Saint-Georges.

Schwellenländer sind Favoriten
Ins Schwärmen kommen Fondsmanager Carmignac und sein Team, wenn es um die Gewinnchancen in den Schwellenländern geht. Seit über zehn Jahren zählen Aktien- und Anleihen aus Emerging Markets zum festen Bestandteil des Fonds. Und daran wird 2012 festgehalten. Ein Expertenteam der Franzosen ist aktuell in China unterwegs, um die wirtschaftliche Lage zu analysieren. Die bisherigen Ergebnisse sorgen in Paris für Optimismus. „Die Regierung in Peking hat die anvisierte weiche Landung der Konjunktur und des heißgelaufenen Immobilienmarkts gut gemanagt“, sagt Saint-Georges. „Ein Rückschlag beim chinesischen Wachstum ist daher nicht zu erwarten.“ Auch in anderen Schwellenländern stehen die Zeichen auf Erholung. Ein Grund sind die sinkenden Inflationsraten in den aufstrebenden Wirtschaftsnationen, die den Notenbanken die Möglichkeit geben, die Leitzinsen zu senken und somit die Konjunktur stärker anzukurbeln. Daher betreiben derzeit nicht nur die Industriestaaten eine Politik des billigen Geldes, sondern auch die aufstrebenden Wirtschaftsnationen. Der große Nachteil für Anleger ist allerdings, dass die Liquiditätsschwemme wie schon im vergangenen Jahrzehnt die Gefahr von extremen Schwankungen in allen Vermögensklassen stark erhöht. Vorteil für die Franzosen: Gute Mischfonds wie der Carmignac Patrimoine zählen aufgrund ihrer Flexibilität in der Geldanlage zu den Gewinnern dieser Entwicklung. Porträts Edouard Carmignacs mit schillernden Details wird man daher auch in Zukunft wohl noch häufiger zu lesen bekommen.