Der jährliche Dialog vom Forum für Nachhaltige Geldanlagen (FNG) findet nächste Woche Montag (3. Juni) statt. FondsDISCOUNT.de sprach vorab mit einer der Teilnehmerinnen an der Podiumsdiskussion, Marion Krimmel. Die CFA Charterholderin und EFFAS ESG Analystin verantwortet als DWS Co-Head Multi Strategy ein Team mit 20 Mitarbeitern und Assets in Höhe von rund 25 Mrd. EUR in verschiedenen Multi Asset Strategien. Darunter auch dedizierte ESG Mandate für institutionelle Anleger als auch Investmentfonds. Sie ist zudem Mitglied des Multi Asset ESG Portfolio Strategie Teams.
Frau Krimmel, wie wirtschaftet ein Unternehmen nachhaltig und gewinnbringend? Was ist Nachhaltigkeit überhaupt?
Das Prinzip der nachhaltigen Ressourcen-Wirtschaft bedeutet, dass nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren bzw. künftig wieder bereitgestellt werden kann. Seit der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung im Jahr 1992 besteht darüber Konsens, dass nur durch die gleichrangige Verfolgung aller drei Themen – Umwelt, Soziales und Unternehmesführung (Environment, Social, Governance, kurz ESG) - dauerhaft eine stabile Gesellschaft ermöglicht werden kann. Nachhaltigkeit bei Unternehmen ist eine erfolgreiche Verknüpfung von finanzieller und gesellschaftlich-ökologischer Stabilität und sollte auf einen langfristigen Mehrwert für die Interessensgruppen des Unternehmens ausgerichtet werden. Erfolgreich angewandt macht nachhaltiges Wirtschaften Unternehmen widerstandsfähig und krisenresistent.
Und was bedeutet Nachhaltigkeit für Investmentfonds?
Der Begriff ESG hat sich international auch in der Finanzwelt etabliert, um zu beschreiben, wie zum Beispiel bei Finanzdienstleistern oder Emittenten ökologische und soziale Aspekte sowie die Art der Unternehmensführung berücksichtigt und bewertet werden. Bei der nachhaltigen Geldanlage wiederum geht es darum, wie aus diesen drei Bereichen sinnvoll Entscheidungen herangezogen werden können, um damit letztendlich einen Beitrag zum gesamtheitlichen Ziel der Nachhaltigkeit in der Welt zu leisten.
Laut EU-Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ soll geprüft werden, ob Ratingagenturen verpflichtet werden müssen Nachhaltigkeit in ihre Bewertung einfließen zu lassen. Wie sinnvoll ist das?
Ein Nachhaltigkeitsrating sollte ein zusätzlicher Baustein für Anlageentscheidungen darstellen. Sie sollten also neben den klassischen Ratings eingeführt werden.
Welche Auswirkungen könnten „grüne“ Ratings auf Fondskäufe haben?
Bislang ist es so, dass Investmentfonds nur mit mindestens vier oder fünf Morningstar-Sternen im Vertrieb erfolgreich sind. Zukünftig könnten Nachhaltigkeitsratings eine ähnliche Wirkung auf den Vertriebserfolg aufweisen.
Ist es richtig, dass nach den Vorstellungen der EU, Vermögensverwalter ihre Kunden aufklären müssen, ob eine Investition nachhaltig ist? Wie soll das konkret aussehen?
Anlageberater werden nach derzeitig vorliegender politischer Agenda zukünftig Ihre Kunden nach den nachhaltigen Präferenzen fragen müssen. Umfang und Dokumentation sind noch nicht festgelegt. Klar ist jedoch, dass eine solche Einführung das Wachstum nachhaltiger Geldanlagen beschleunigen würde.
Es gibt Aktienfonds, die beispielsweise in Waffenhersteller investieren. Zugleich investieren diese aber auch in Firmen, die etwa in der Solarbranche aktiv sind. Wie wichtig ist ein Siegel, wie das vom Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG)? Braucht es ein EU-Kennzeichen?
Wichtig ist in erster Linie Transparenz, sodass Anleger in die Lage versetzt werden, die Spreu vom Weizen zu trennen. Siegel können eine Entscheidungshilfe darstellen. Ob Solarunternehmen per se nachhaltig sind, sei dahingestellt. Es kommt nämlich auch auf die finanzielle Nachhaltigkeit an wie die Kursentwicklung verschiedener Solarunternehmen anschaulich beweist. Zudem ist die gesamte Wertschöpfungskette zu untersuchen. Ein nachhaltiges Endprodukt kann durch seine Zulieferungskette oder den Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter problematisch werden.
Wenn ein Unternehmen schlecht wirtschaftet, gehen womöglich Arbeitsplätze verloren. Wenn eine große Investmentbank schlecht wirtschaftet, droht eine Krise. Sollten die „too big to fail“-Banken an besondere Nachhaltigkeitsvorschriften gebunden werden?
Der EU Aktionsplan ist für die Realwirtschaft gedacht und nicht für die Finanzbranche. Letztere ist dabei Unterstützer für die Akteure und hilft, eine Umstellung auf Wirtschaftsaktivitäten zu bewirken, die auf nachhaltiges Wachstum einzahlen. Beides geht also Hand in Hand und das Finanzsystem kann Kapitalströme entsprechend kanalisieren.
Welche Aufgaben stehen den Finanzmärkten in Zukunft bevor?
Nachhaltigkeit im Finanzbereich dürfte einer der spannendsten Themen in den nächsten Jahren sein und das Potential bergen, die Finanzierungsprozesse fundamental zu verändern. Mit einer zunehmenden Zahl von Finanzakteuren, die Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Analysen mit einbeziehen, sollte auch die Bewertung von Unternehmen stärker als bislang die Nachhaltigkeit reflektieren.
Kann die grüne Revolution auch Rendite bringen oder kostet sie nur?
Akademische Analysen zeigen ganz klar, dass die Einbeziehung von Nachhaltigkeitskriterien in das Portfoliomanagement keine Rendite kostet, sondern sogar das Chance und Risikoverhältnis verbessert.
Vielen Dank!