FondsDISCOUNT.de: Herr Dr. Gündel, das neue KAGB ist nun seit einem halben Jahr in Kraft. Wie bewerten Sie die diese Regulierung des grauen Kapitalmarkts – sowohl für die privaten Anleger als auch für die Emissionshäuser?
Matthias Gündel: Der Markt für geschlossene Fonds ist auf Anbieterseite bereits seit Juli 2005 und auf Vertriebsseite spätestens seit Januar letzten Jahres umfassend reguliert. Von einem „grauen Kapitalmarkt“ zu sprechen, wird weder der rechtlichen Rahmenbedingungen noch dem Ansinnen der Marktteilnehmer gerecht. Die Umsetzung der AIFM-Richtlinie ist deshalb auch nur ein weiterer Regulierungs-Baustein, der im Ergebnis eine weitere Anlageklasse schafft. An die neue Anlageklasse werden dabei gesteigerte Zulassungs- und Vertriebspflichten gestellt werden.
Aber nach Ablauf eines halben Jahres nach In-Krafttreten des KAGB kann man noch nicht von nennenswerten Vorteilen sprechen. Derzeit herrscht bei vielen Marktteilnehmern und auch teilweise bei den Emissionshäusern eine große Unsicherheit im Hinblick auf die Frage: Wann bin ich KAGB-pflichtig und wann nicht? Dies betrifft nicht nur Alt-Fonds, sondern auch neue Angebotsvorhaben. Ursächlich dafür sind die auslegungsfähigen und auch auslegungsbedürftigen Kriterien für ein Investmentvermögen, die über die Anwendbarkeit des KAGB entscheiden. Hier hat auch das Auslegungsschreiben der BaFin nicht alle Abgrenzungsfragen sicher geklärt. Auch lässt sich noch nicht beurteilen, wie die Aufsichtspraxis bzgl. der Einstufung von operativ tätigen Unternehmen endgültig aussehen wird. Da es bisher nach unserem Kenntnisstand keine geschlossenen Publikums-AIFs gibt, fehlen schlicht die Erfahrungswerte, wie sich die neuen gesetzlichen Regelungen auf Privatanleger auswirken. Spezial-AIFs sind dagegen schon im Vertrieb. Wie diese von den professionellen und semi-professionellen Anleger aufgenommen worden, ist uns nicht bekannt.

Ein Ziel der Regulierung war es ja auch, den Markt der Sachwertbeteiligungen transparenter zu machen. Ist dies aus Ihrer Sicht gelungen bzw. kann dies gelingen? Bislang wurde ja, wie Sie bereits sagten, noch kein einziger geschlossener Fonds nach neuem Recht aufgelegt.
Mehr Transparenz hinsichtlich der Investitionen ist sicherlich ein ehrenwertes Ziel. Dies ist jedoch ein produktbezogener und kein Initiatoren- bzw. Anbieter-bezogener Ansatz. Der Gesetzgeber hat aber mit der Zulassung- und Registrierungspflicht und den Folgepflichten die Initiatoren- und Anbieterseite reguliert. Sicherlich werden hierdurch erstmals gesetzliche Anforderungen an das Risiko- und Liquiditätsmanagement von Sachwertinvestitionen aufgestellt. An der Wirtschaftlichkeit einer Sachwertinvestition können diese Anforderungen dem Grunde nach jedoch nichts ändern. Oder sollte der Fondsmanager im Rahmen des Risikomanagements bei einem Windkraftfonds in windschwachen Zeiten mit Fächern wedeln, damit sich das Windrad dreht? Dieses Beispiel ließe sich auch auf jeden anderen Sachwert in abgewandelter Form anwenden. Transparenz ist also nicht für jede Herausforderung eine Lösung. Die neuen Regelungen sind dennoch geeignet, frühzeitig etwaige Fehlentwicklungen auf Ebene des AIF aufzudecken. Fehlinvestitionen lassen sich jedoch dadurch nicht vermeiden.

Ihre Kanzlei hat das Beratungsmandat für Emissionshäuser, die sich im Bereich erneuerbare Energien einen Namen gemacht haben. Nach Ihrer Einschätzung könnten diese weiterhin Fonds nach altem Recht initiieren. Wie ist das möglich?
Betroffen von den Regelungen des KAGB sind ausschließlich Beteiligungsangebote von Unternehmen des Finanzsektors, also von Unternehmen die nicht operativ tätig sind. Operativ tätige Unternehmen außerhalb des Finanzsektors können sich nach wie vor ohne Beachtung der Vorschriften des KAGB refinanzieren. Dies gilt auch für Unternehmen in Form einer GmbH & Co. KG. Bei den angesprochenen Unternehmen wurde die Fondstätigkeit als operative Tätigkeit ausgestaltet.

Das heißt, solche operativ tätigen Fonds könnten nach genau demselben Muster konzipiert werden, wie es vor der Regulierung üblich war? Also in Bezug auf Anlagesumme, Anzahl der Investitionsobjekte, Fremdkapital-Anteil, steuerliche Behandlung etc.
So ist es. Es ergeben sich in der Konsequenz keine konzeptionellen Unterschiede zum alten Vermögensanlagenrecht. Für einen juristischen Laien sind die Unterschiede im rechtlichen Bereich nicht wahrnehmbar.

Welche Vorteile hätte dies für die Anleger? Vermutlich höhere Renditeaussichten aufgrund geringerer Prüf- und Verwaltungskosten auf Seiten des Anbieters…
Die Vorteile für den Anbieter sind sicherlich darin zu sehen, dass es auf Ebene des Fonds keine zusätzlichen Kostenbelastungen gibt, wie sie sonst mit den laufenden Anforderungen an KVGs über das KAGB verbunden sind, wie z.B. Verwahrstelle, Sachwertprüfer, Verhaltens- und Organisationspflichten, Risiko- und Liquiditätsmanagement, Anzeige- und Meldepflichten gegenüber der BaFin, etc. Diese Kosten entstehen schlicht und einfach nicht und werden also auch nicht an den Fonds weitergeben.

In Anbetracht der aktuellen Situation und der eher abwartenden Haltung zahlreicher Emissionshäuser: Wie wird sich die Beteiligungsbranche aus Ihrer Sicht entwickeln?
Das ist schwer vorherzusagen: Es wird sicherlich eine nennenswerte Anzahl zugelassener KVGs geben, die Produkte im Mantel eines AIF auf den Markt bringen. Hierfür sprechen neben dem Argument der staatlichen geprüften Produkte auch die Vorteile beim Vertrieb. Für Fonds, die nicht in Sachwerte, sondern in Beteiligungen, Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente investieren, führt grundsätzlich keine Weg am KAGB vorbei. Dies war im Übrigen auch das Regulierungsanliegen des europäischen Gesetzgebers. Initiatoren von Sachwertefonds können sich dagegen entweder für ein Angebot nach dem KAGB oder nach dem Vermögensanlagengesetz entscheiden.
Registrierte KVGs wird es aller Voraussicht nach weniger geben als von vielen Marktteilnehmern erwartet. Denn für den Vertrieb von AIF-Neufonds registrierter KVGs benötigen die Vermittler aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelungen eine § 32 KWG-Lizenz. Dass eine Vertriebslizenz nach § 34f Absatz 1 Nr. 2 GewO nicht mehr ausreicht, ist Folge einer eindeutigen Änderung der KWG-Ausnahmevorschrift (§ 2 Abs. 6 Nr. 8e) KWG) im Zuge der AIFM-RL Umsetzung. Spannend wird dagegen die Entwicklung des Zweitmarktes für AIF-Anteile sein, die von registrierten und zugelassenen KVGs verwaltet werden. Während es keine Einschränkungen des Vertriebs von am Zweitmarkt angebotenen Vermögensanlagen mit einer Erlaubnis nach § 34f GewO gibt, können AIF-Zweitmarktanteile ausschließlich nur mit einer § 32 KWG-Erlaubnis oder von vertraglich gebundenen Vermittlern im Sinne des KWG vermittelt werden.

Herr Dr. Gündel, vielen Dank für das informative Gespräch!