FondsDISCOUNT.de: Herr Küssner, das Traditionshaus Schroders verwaltet ein Gesamtvermögen von über 240 Milliarden Euro, Ihre Produktpalette umfasst weltweit rund 550 Fonds mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Risikoprofilen. Wohin geht die Tendenz derzeit bei den Anlegern, spüren Sie ein vermehrtes Sicherheitsbedürfnis?
Achim Küssner: Nun, man merkt natürlich, dass die Eurokrise die Anleger schon verunsichert – und das nicht erst seit gestern. Was beim Anlegerverhalten aber interessanterweise auffällt, ist, dass die Anleger trotz allem immer noch so handeln wie in den guten Tagen. Sie verhalten sich immer noch prozyklisch und haben offenbar immer noch eine Art „Alles-oder-Nichts“-Mentalität im Hinterkopf. Anlageklassen, die derzeit als riskant wahrgenommen werden, wie zum Beispiel Aktien, werden momentan misstrauisch beäugt und gemieden. Man kann schon sehen, dass die Anleger sich gerade sehr konservativ verhalten.

Was würden Sie privaten Anlegern aus Ihrer persönlichen Sicht raten – sind Anleihen im Portfolio derzeit zu empfehlen?
Lassen Sie es mich so ausdrücken: Wenn Anleger keine Misch- oder Multi-Asset-Fonds im Portfolio haben, sind Anleihen in jedem Fall zu empfehlen – und nicht nur zurzeit. Denn jeder sollte ein ausgewogenes Portfolio haben, in dem prinzipiell in allen Wetterlagen viele unterschiedliche Anlageklassen drin sein sollten. Die Frage ist also nicht, was in ein Portfolio gehört, sondern wie hoch die Aktien, Anleihen und die anderen Anlageklassen gewichtet sind. Der Rentenanteil sollte in schwierigen Zeiten mehr Gewicht haben. Aber Vorsicht: Rentenfonds sind kein Sparbuch oder keine Einbahnstraße und Anleger sollten auf gut gemanagte Produkte achten, um kein Geld zu verlieren. Was in ein ausgewogenes Portfolio gehört – und das gilt gerade für Anleihen – sollte vernünftig ausgewählt werden.

Welche Vorteile bietet ein Rentenfonds gegenüber dem Direkteinstieg in den Anleihenmarkt?
Es gibt einen sehr entscheidenden Vorteil – ein Rentenfonds nimmt dem Anleger die Arbeit ab. Das klingt jetzt banal, ist es aber nicht. Denn Anleihen als Anlageklasse sind komplex und machen deswegen viel Arbeit. Es fängt damit an, dass man zum Beispiel die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens oder eines Landes analysieren muss. Außerdem muss man bei Renten auf die Währungskurse achten. Dann gibt es noch den Zusammenhang zwischen Inflation und der Zinskurve von Anleihen, die man ebenfalls im Hinterkopf haben muss. Dass Renten als Anlageklasse so kompliziert sind, spricht eindeutig für ein aktives Fondsmanagement. Dort haben die Experten die vielen verschiedenen Faktoren im Blick und können die unterschiedlichen Verknüpfungen richtig einschätzen. Denn auch bei Renten kann eine Fehleinschätzung fatal sein. Das beste Beispiel für ein Worst-Case-Szenario ist bis heute Argentinien. Anstatt den Haushalt auszugleichen hat sich die Regierung immer mehr Geld über die Rentenmärkte besorgt. Von 1991 bis Ende 2001 stieg die Verschuldung des Landes von 35 auf 64 Prozent des Bruttoinlandsprodukts an. Entsprechend attraktiv waren die Verzinsungen der argentinischen Staatsanleihen damals. Viele Anleger haben sich von den hohen Kupons zwischen 14 und 18 Prozent verführen lassen. Einen Tag vor Heiligabend 2001 kam dann das Moratorium mit dem Erlass aller Auslandsschulden und viele Anleger von argentinischen Staatsanleihen haben bis zu 70 Prozent ihres Geldes verloren. Über 70 Milliarden Dollar wurden einfach nicht zurückgezahlt.

Mit Ihrem Schroders Global Bond Fund investieren Sie in ein weltweit gestreutes Anleihen-Portfolio. Nach welchen Kriterien werden die Papiere ausgewählt und auf welche Rentenklasse fokussiert man sich?
Der SISF Global Bond Fund, der von Bob Jolly und Gareth Isaac gemanagt wird, legt vor allem in Staatsanleihen mit unterschiedlicher Haltedauer und guten Bonitätsnoten an. 99,4 Prozent aller Wertpapiere liegen im Investment-Grade-Status, haben also Bonitätsnoten von mindestens BBB. Fast die Hälfte aller Anleihen in diesem Portfolio hat sogar die Best-Noten AAA. Qualitativ hochwertige Staatsanleihen machen etwas mehr als die Hälfte des Fonds-Portfolios aus. Club-Med-Mitglieder dürfen hier nicht über die Eingangsschwelle – Staatsanleihen aus Griechenland, Spanien, Italien und Portugal bleiben also fast komplett draußen. Die größte Position des Fonds mit 4,2 Prozent besteht aus japanischen Staatsanleihen, die mit 1,8 Prozent verzinst sind und am 20. März 2016 fällig werden. Zu den zehn größten Beständen des Fonds gehören auch britische, französische und norwegische Staatsanleihen mit Verzinsungen um die vier Prozent. Unter den ersten zehn finden sich auch amerikanische Treasuries mit einer Verzinsung von fast fünf Prozent. Der Fonds investiert aber auch jeweils zu gut zehn Prozent in MBS – das sind hypothekenbesicherte Wertpapiere – aber auch zu gut 20 Prozent in Unternehmensanleihen. Sie sehen: breit gestreut und gezielt ausgewählt.

Insbesondere vor dem Hintergrund der Währungs- und Staatsunsicherheiten suchen Anleger stabile Anlageklassen und wollen Schwankungen vermeiden. Bieten die Rentenmärkte eine geringere Schwankungsbreite gegenüber Aktienmärkten und/oder Zertifikate-Investments?
Schlicht und ergreifend ja. Die Volatilität des Fonds ist aktuell vier Mal niedriger als die des deutschen oder europäischen Leitindexes: Sie liegt beim Fonds bei fünf Prozent und beim DAX bei 20 Prozent. Mit Blick auf die Volatilität lieg der SISF Global Bond übrigens schon seit Jahren im ersten Quartil. Einer der Gründe ist, dass das Fondsmanagement auf Qualität setzt. Die Problemländer aus der Eurozone sind, wie bereits erwähnt, nicht im Fonds erhalten. Die hat man aber, wenn man über einen ETF oder ein Zertifikat kauft. In den meisten großen Rentenindizes ist der eine oder andere klamme Südeuropäer samt Risiko nämlich noch drin.

Welche Rentenmärkte sind derzeit interessant, wo sehen Sie lukrative Nischen?
Was die Staatsanleihen der Industrienationen angeht, sind wir generell eher neutral. Es gibt Signale für eine moderate Inflation und eine Wachstumsdynamik, die etwas schwach auf der Brust sein dürfte. Einzige Ausnahme sind amerikanische Staatsanleihen, weil hier die Leitzinsen wieder steigen. Weil die Bilanzen vieler amerikanischer Firmen gesund sind, sehen auch amerikanische Unternehmensanleihen mit und ohne Investment-Grade-Status, also Hochzinsanleihen, derzeit gut aus. Bei europäischen Unternehmens- und Hochzinsanleihen bleiben wir wegen des aktuellen Umfelds, das politische Sparmaßnahmen und weniger Wachstum in der Eurozone mit sich bringen dürfte, erst einmal abwartend.

Welchen Indexstand bzw. welche Entwicklungen der weltweiten Indizes erwarten Sie persönlich bis Ende des Jahres?
Gute Frage, das würde ich auch gerne wissen und zwar am liebsten punktgenau! Im Ernst: Wenn ich das so beantworten könnte, müsste ich nicht mehr arbeiten. In meinem privaten Portfolio bin ich immer noch alles andere als draufgängerisch, sondern bleibe noch etwas in Deckung. Ich würde es als moderat konservativ beschreiben. Nur die monatlichen Sparpläne meiner Kinder sind zu 100 Prozent in Aktien und Emerging Markets angelegt. Und ich bin mir sicher, dass die beiden in zehn oder 15 Jahren sehr viel Freude damit haben werden. Wenn ich auf das laufende Jahr zurückblicke, muss ich sagen, dass es mich positiv überrascht hat. Silvester 2011 habe ich definitiv nicht mit einem DAX über 7.000 in diesem Jahr gerechnet. Die Notenbanken haben die Märkte mit Liquidität versorgt und deswegen sind wir bisher noch ganz gut davon gekommen. Zeit zum Aufatmen ist es aus meiner Sicht aber noch lange nicht. Die Probleme in Europa sind noch nicht wirklich vom Tisch und echte Lösungen lassen immer noch auf sich warten. Allerdings ist es auch noch nicht zu früh, jetzt mal langsam aber vorsichtig wieder ein paar Aktienpositionen aufzubauen.

Herr Küssner, vielen Dank für das Gespräch!