Im Interview mit der Welt gibt EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger klar zu verstehen, welche Gefahr er im Brexit sieht: China könnte Europa überholen. Der Staatenbund sei durch den Brexit gelähmt. „Seit mehr als zwei Jahren beschäftigen wir uns nun schon mit dem Brexit. Das kostet Zeit und Mühe, Nerven und Geld. Dabei gibt es so viel zu tun, was wichtiger wäre. Damit machen wir andere stark. Größter Gewinner ist dabei China. Die Chinesen bringen ihre Strategie unbeirrt voran und stoßen überall auf der Welt in die Lücken, die Europa nicht füllen kann, weil es so sehr mit sich selbst beschäftigt ist.“


Die Sorgen sind keinesfalls unbegründet. Schon jetzt warnen Experten, dass China auf dem Feld der KI-Technologie und der Quantenforschung sogar den USA weit voraus ist. Zum Thema tagt Dienstag (09.04.2019) ein EU-Gipfel. „China investierte zuletzt mindestens zehnmal mehr in die Quantenforschung als die USA und meldete zweieinhalb Mal mehr Patente im Bereich der künstlichen Intelligenz an“, sagt Sinologin Kristin Shi-Kupfer in der Süddeutschen Zeitung.  Sie brachte kürzlich eine Studie für das Merics raus – einer deutschen Denkfabrik, die sich ausschließlich auf China fokussiert. Darin sieht sie vor allem eines: China will mehr Einfluss nehmen. Die Chinesen schließen US-Firmen wie Google und Facebook aus. Sie sind im Land gesperrt. „Nur in diesem abgeschotteten Umfeld war es den chinesischen Jungunternehmen Alibaba und Tencent Anfang der 2000er Jahre möglich, zu den Weltkonzernen aufzusteigen, die sie heute sind“, so Shi-Kupfer.


Aber nicht nur die Forscherin sieht im wirtschaftlichen Ehrgeiz Chinas, die Ambitionen international Kontrolle zu erhalten. Immer wieder wird dem Konzern Huawei unterstellt mit dem chinesischen Geheimdienst unter einer Decke zu stecken. Auch deshalb tagt der EU-China-Gipfel in Brüssel. Bereits im Jahr 2011 warnte der Bundesnachrichtendienst, dass beim Verbau von Firmentechnologie des chinesischen Telekommunikationsausrüsters, die Chance von Ausspähungen durch China steigen würde.


„Neue Seidenstraße“


Doch nicht nur beim Thema Huawei schreit der Westen auf. Das gigantische Bauprojekt „Neue Seidenstraße“ will das ferne China mit über 100 Staaten auf der Welt verknüpfen. Auch Europa soll als Verteilerposten für chinesische Waren dienen. Vielerorts gab es wegen der dafür notwendigen Kredite Kritik. Die zu bauende Infrastruktur würde China in Form eines Darlehens vorschießen. Somit bauen sich die Länder aber auch Schulden auf, die abhängig machen. Außerdem werden nur große deutsche Firmen wie Siemens am Projekt beteiligt, die mit speziellen Technologien unerlässlich sind. Deutsche Mittelständler schließt man aus, öffentliche Ausschreibungen finden nicht statt.


Für das Megaprojekt hat man in Europa mit Italien einen Verbündeten gefunden, der lieber Chancen als Risiken sieht. Marode Häfen wieder in Stand zu setzen, kann Politikern wie Ministerpräsident Guiseppe Conte zu einer Wiederwahl verhelfen. Konkret geht es um die Häfen Triest, Genua, Ravenna und Palermo, wie durch eine geleakte Absichtserklärung zwischen Conte und Chinas Staatspräsident Xi Jinping bekannt wurde, von der die Welt berichtet. In den Regionen hat man mit erhöhten Arbeitslosenzahlen zu kämpfen. Da kommt das Geld aus Fernost gerade recht. Aber auch andere EU-Staaten wie Griechenland, Polen oder Ungarn haben sich dem 900-Milliarden-Dollar-Projekt angeschlossen.


Abseits aller Voreingenommenheit ist Chinas Grund für die „Belt and Road Initiative“, wie das Projekt offiziell heißt, simpel: Die Absatzmärkte fehlen. China produziere derzeit bereits die Hälfte des weltweiten Stahlbedarfs, könnte aber noch viel mehr herstellen, so die Zeit. "Gerade Unternehmen aus Branchen, die in China stagnieren oder rückläufig sind, sollen ihre Profite zunehmend im Ausland generieren", meint Thomas Eder, ebenfalls vom Think-Tank Merics. Man wolle Kohlekraftwerke bauen und betreiben. Kredite der chinesischen Staatsbanken seien oft gezielt an Branchen gebunden.


Was spricht für China?


Obwohl China jüngst von Experten mäßige Wachstumsprognosen erhalten hat, steigen die nackten Zahlen an der Börse. Der A-Shares-Index am Parkett in Shanghai und Shenzen stieg laut AnlegerPlus seit Jahresbeginn um 30 Prozent – rund dreimal so viel wie der DAX oder der EURO STOXX 50. An dieser Entwicklung sollen ausländische Investoren beteiligt sein. Das Magazin nennt drei Gründe: die Regierung in Peking hat den Zugang zu A-Aktien erleichtert, die Bilanzqualität hat sich zunehmend internationalen Standards angepasst, und führende Finanzdienstleister haben diese A-Aktien in ihre Indizes aufgenommen, was für mehr Liquidität sorgte.


Derweil steht auch noch der Handelskonflikt mit den USA aus. Doch Experten sehen die Lösung in naher Zukunft. „Ich erwarte, dass der Handelskonflikt mit den USA beigelegt wird. Etwa indem China zustimmt, mehr Agrarprodukte aus den USA zu importieren sowie Firmen im Allgemeinen den Zugang zum chinesischen Markt zu erleichtern. Zugleich wird die lockere Geldpolitik der Zentralbanken ihre stimulierende Wirkung entfalten. So könnte die Autoindustrie durch supergünstige Kredite an die Konsumenten angeschoben werden“, meint Sean Taylor, Anlagestratege Asien-Pazifik, zu AnlegerPlus. Er setze weiter auf die chinesischen Wachstumsfelder, E-Commerce, Internet, Tourismus und Lifestyle.


China-Fonds


Der UBS (Lux) Equity Fund – China Opportunity (USD) P-acc (ISIN: LU0067412154) investiert unteren anderem in die Branchenriesen Alibaba und Tencent. Aufgelegt wurde der Fonds 1996. Fondsvolumen: 6,74 Milliarden US-Dollar.


Mit einem Volumen von 260,17 Millionen US-Dollar, investiert der Vontobel Fund – mtx China Leaders A (ISIN: LU0278091896) ebenfalls in die Schwergewichte Alibaba und Tencent. Knapp ein Drittel des Fonds machen Investitionen in die Finanzbranche aus. Aufgelegt: 2007.


Der GAM China Evolution Equity (USD) B (ISIN: LU0982189804) wurde 2013 aufgelegt. Das Fondsvolumen beträgt 84,29 Millionen US-Dollar. Investiert wird ebenfalls in Tencent und Alibaba.


Alle drei Fonds sind sparplanfähig.