Alles andere als unumstritten

 


In den vergangenen Jahren haben börsengehandelte Indexfonds (Exchange Traded Funds, ETFs) einen großen Zulauf erhalten. Lange Zeit waren sie vor allem für institutionelle Investoren interessant, zuletzt wurden vermehrt auch Privatanleger auf sie aufmerksam, was der Branche einen Wachstumsschub versetzte.

Laut Statistiken der Londoner Analysefirma ETFGI gab es zum Ende des ersten Quartals 2019 allein in Europa 1.721 ETFs. Diese verwalteten ein Vermögen von 816 Milliarden US-Dollar. Eine beeindruckende Zahl, wenn man bedenkt, dass diese Produkte in Europa erst seit 19 Jahren zugelassen sind. Am 11. April 2000 wurde der erste börsengehandelte Fonds in Europa gelistet. In den USA gibt es diese Analageform bereits seit den 1970er-Jahren. Allerdings sind ETFs trotz des zwischenzeitlichen Hypes um diese Anlageform alles andere als unumstritten.


Eine Kostenfrage

 


Auf den ersten Blick liegen die Vorteile passiv gemanagter Fonds gegenüber den aktiv gemangten Investmentfonds auf der Hand. Häufig wird der Kostenaspekt angeführt. ETFs werden über die Börse gehandelt, während klassische Investmentfonds häufig zu einem festen Tageskurs direkt bei einer Fondsgesellschaft zu haben sind. Die anfallenden Kosten sind im Fall von ETFs daher geringer. Bei ihnen fällt der Ausgabeaufschlag weg. Die laufenden Kosten fallen bei ETFs ebenfalls geringer aus. Dies vor allem an ihrer Ausgestaltung.

Während Fondsmanager bei aktiv verwalteten Fonds versuchen, eine Outperformance gegenüber einem Vergleichsindex zu erreichen, konzentrieren sich ETFs lediglich darauf, die Entwicklung eines zugrundeliegenden Index möglichst exakt abzubilden. Dies können ETF-Anbieter im Vergleich zu klassischen aktiv gemanagten Fonds günstiger bewerkstelligen. Schließlich fällt die aufwendige Einzeltitelauswahl, die Fondsmanager regelmäßig vornehmen, weg. Auf diese Weise können Anlegern aber auch Chancen entgehen, besser als der jeweilige Vergleichsindex abzuschneiden.


Aktiv bleiben

 


Je nach Ausgestaltung eines Fonds liegt es am Fondsmanagement, mithilfe einer ausgeklügelten Auswahl an Aktien, Anleihen oder Rohstoffen, den Markt zu schlagen und Anlegern nach Abzug der Kosten eine hohe Rendite zu bescheren. In gut laufenden Börsenphasen können sie das Fondsvermögen in Richtung riskanterer, jedoch chancenreicherer Papiere umschichten. In Abschwungphasen können Fondsmanager für eine zusätzliche Absicherung sorgen, anders als dies bei starren Indizes der Fall ist. Diese folgen dem Markt nach oben und nach unten. Für diesen Service lassen sich Fondsmanager entlohnen.

ETFs können jedoch nicht nur einer höheren Rendite im Wege stehen. Sie könnten Finanzkrisen verstärken. Denn in Abschwungphasen verkaufen sie eine Vielzahl von Aktien, was angesichts der erreichten Größe des ETF-Marktes und des zunehmenden Computer-Handels zu verstärkten negativen Effekten am Finanzmarkt führen kann. Außerdem sollte man bedenken, dass ETF-Anbieter Aktien kaufen, ohne sie auf ihre Kursaussichten zu prüfen. Gute und schlechte Unternehmen kommen so ins Körbchen. Auf diese Weise wird die Bewertung verzerrt. Im Extremfall bricht die Preisbildung an den Börsen ganz zusammen, wenn nur noch Indizes gehandelt werden.


Klumpenrisiken vermeiden


Unabhängig davon, ob Anleger auf ETFs oder aktiv gemanagte Fonds zurückgreifen, gilt es einige Grundregeln zu beachten. So genannte Klumpenrisiken sind zu vermeiden! Das Zauberwort heißt in diesem Fall Diversifikation. Ein Portfolio sollte aus verschiedenen Anlageklassen bestehen. Ein guter Mix aus Aktien, Anleihen, Immobilien oder Edelmetallen wie Gold ist wichtig. Anleger sollten auch nicht vergessen, innerhalb der einzelnen Anlageklassen eine möglichst breite Streuung vorzunehmen, um sich gegen Risiken abzusichern.


Eine allzu große Korrelation sollte vermieden werden. Der Korrelationskoeffizient wird mit Werten zwischen -1 und +1 angegeben. Je höher dieser Wert ist, desto größer die Korrelation. Dies bedeutet, dass sich die entsprechenden Werte tendenziell in die gleiche Richtung bewegen. Wer beispielsweise viele europäische Blue Chips im Depot hat, sollte vielleicht nicht auf US-Standardwerte setzen, sondern eher einen Blick in Richtung Emerging Markets riskieren, um den Grad der Diversifikation im Depot zu erhöhen.


Das Beste aus zwei Welten


Anleger müssen sich jedoch nicht immer zwischen aktiv gemanagten Fonds und passiven Produkten entscheiden. Sie können beide Anlageformen kombinieren, um den Grad der Diversifikation innerhalb des eigenen Portfolios weiter zu erhöhen. ETFs können ihre Stärken ausspielen, wenn eine möglichst marktbreite Strategie abgedeckt werden soll.


Allerdings empfiehlt es sich, gleichzeitig auf aktiv gemanagte Fonds zu setzen, die in der Vergangenheit eine Outperformance gegenüber ihren Vergleichsindizes an den Tag legen konnten oder eine vielversprechende Nischenstrategie fahren, die mithilfe von ETFs schwierig nachzubilden ist. Auf diese Weise profitieren Anleger von dem besten aus zwei Welten und tragen zudem zu einer besseren Portfolio-Diversifikation bei.