Lieferengpässe und bürokratische Bremsen belasten den Mittelstand. Trotzdem schlagen viele Unternehmen wieder den Wachstumskurs ein. Zur Finanzierung begeben viele Mittelständler immer häufiger Anleihen. Für Hans-Jürgen Friedrich sind diese auch für konservative Anleger und Stiftungen interessant, wenn sie gut ausgewählt werden. Im Interview erläutert er, worauf es ankommt.


Fondsdiscount.de: Herr Friedrich, welchen Blick haben sie auf die aktuelle Wirtschaftssituation, ist zumindest ein Trend hin zur Normalisierung erkennbar?


Hans-Jürgen Friedrich: Wer nach dem Coronajahr 2020 auf ein ruhigeres Jahr 2021 gehofft hatte, sah sich getäuscht. Die Pandemie wirbelte auch im nun auslaufenden Jahr Wirtschaft und Gesellschaft global durcheinander. Mit den Coronawellen prasselten Lockdowns und Beschränkungen um die Welt, die Folgen spüren wir gerade deutlich. Die Systeme der Lieferketten sind ziemlich durcheinandergeraten, bei vielen Produkten gibt es Engpässe. Den Autoherstellern fehlen Computerchips, Containerschiffe lagern wochenlang vor Häfen und warten darauf, wieder Fahrt aufnehmen zu können. Gleichzeitig haben die Preise angezogen, teilweise drastisch. Autofahrer an der Tankstelle und Unternehmer, die Vorprodukte kaufen, wissen, was gemeint ist. Neben den Lieferengpässen sind es die steigenden Energiekosten, die die Inflation antreiben. Das sind die Vorzeichen für das neue Jahr.


Sie sprechen die Inflation an: Welche Tendenz erwarten sie bei der Preisentwicklung?


Man muss für einen fundierten Ausblick die unterschiedlichen Phänomene einzeln betrachten. Stichwort Energiekosten: Die ökologische Transformation treibt die Preise, auch für die Verbraucher. Hier ist vieles hausgemacht. Der Staat hat mit der CO2-Abgabe Steuern oben draufgepackt. Mit weiteren Preissteigerungen ist zu rechnen. Anders sieht es bei den Lieferketten aus. Bislang wurde vieles an den billigsten Standorten vorwiegend in Asien produziert und geordert. Jetzt stellen die Unternehmen ihre Prozesse um. Sie wollen die Lieferketten sicherer machen und lassen wieder mehr in Europa produzieren. Das verteuert tendenziell zunächst die Produktion, aber die Lieferengpässe werden sich auflösen. Insgesamt werden die Preise dann auch wieder sinken.


War es aus Ihrer Sicht ein Fehler, die Produktion derart umfangreich zu verlagern? Die Risiken ausländischer Standorte waren ja stets bekannt?


Deutsche mittelständische Unternehmen, die vorausschauend planen, hatten ohnehin schon darauf geachtet, ihre Produktionsprozesse international in der Balance zu halten. Ihre Lieferketten hatten sie schon diversifiziert, da sie in der Regel eher risikoavers agieren. Auf veränderte Marktbedingungen reagieren sie wie Schnellboote. Daher dürften sie besonders vom erwarteten Aufschwung profitieren. Der Internationale Währungsfonds erwartet im nächsten Jahr für Deutschland ein Wachstum von 4,6 Prozent.


Das heißt, Sie sind für gut aufgestellte deutsche mittelständische Unternehmen klar positiv gestimmt?


Das kann ich so deutlich leider nicht bejahen. Für den Mittelstand treten andere Beschwernisse in den Vordergrund. Zum Beispiel eine überbordende Bürokratisierung. Wenn die Umsetzung von Regelwerken einen Großteil der Arbeit ausmacht, dann läuft da etwas schief, und es bedroht den Standort Deutschland. Unternehmen, die Wettbewerbsnachteile befürchten, verlagern ihr Geschäft und die Produktion ins Ausland. Es gibt noch weitere Belastungen, die zeigen: Unternehmertum wird in Deutschland nicht so gefördert, wie es nötig wäre.


Welche Belastungen meinen Sie?


Verschärfte Kreditvergaberichtlinien blockieren für Unternehmen den Zugang zu Mitteln, die sie für die Finanzierung ihrer Investitionen benötigen. Die Kredithemmnisse führen dabei zu einer verzerrten Wahrnehmung. Die Förderbank KfW meldete im Oktober dieses Jahres einen geringeren Kreditbedarf im Mittelstand. Immer weniger Unternehmen verhandeln mit Banken über die Aufnahme von Krediten. Das heißt aber nicht, dass die Mittelständler keine Darlehen nachfragen, weil sie womöglich untätig sind – im Gegenteil, sie wollen investieren. Aber bei den Banken kommen sie nicht an die Finanzmittel. Die Regulierung schränkt die Kreditvergabe der Banken ein. Die Situation dürfte sich noch zuspitzen, wenn im Jahr 2025 das Eigenkapital-Regelwerk Basel IV eingeführt wird. Mittelständlern wird es dadurch weiter erschwert, an Kredite zu kommen.


Sie meinen, trotz der Geldschwemme der Notenbanken kommen deutsche Mittelständler nicht hinreichend an Kredite?


Das ist die Realität. Aber wenn deutsche Mittelständler von den Banken kein Geld bekommen, nutzen sie eben – flexibel, wie sie sind – andere Finanzierungsinstrumente. Die Zahl der Emissionen von Mittelstandsanleihen wird weiter zunehmen. Neue Emittenten kommen auf den Markt. Das Universum ist schon von rund 50 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf aktuell etwa 190 Milliarden Euro angestiegen, und es wird weiter wachsen. Damit ergeben sich auch für Anleger attraktive Chancen.


Attraktive Chancen, also mit höherem Coupon, bedeuten aber nach geltender Meinung auch erhöhte Risiken. Oder gilt diese Symmetrie in den heutigen Zeiten nicht mehr und winkt sogar ein asymmetrischen Risiko-Rendite-Profil?


Die Unternehmen zahlen aus unterschiedlichen Gründen höhere Zinsen als die Konzerne, und sie können das. Viele Mittelständler sind Marktführer, versteckte Champions. In ihren Märkten kennt sie jeder, aber am Kapitalmarkt sind sie wenig bekannt. Die Markteintrittsbarriere überwinden sie mit höheren Zinsen. Zudem ist das Volumen der ausgegebenen Wertpapiere kleiner als bei großen Unternehmen oder Staaten. Auch dafür gibt es einen Aufschlag.


Und bei den Investment Grade-Angeboten sehen Sie keine Besserung der Coupons?


Auf der Zinsseite können Investoren bei Anleihen im Investment Grade, also von Großkonzernen oder Staaten, nicht auf höhere Renditen hoffen. Zwar steigen diese am langen Ende bei Bundesanleihen wieder ins Plus, aber die 0 vor dem Komma bleibt offensichtlich noch lange erhalten. Dennoch finden selbst solche Papiere Abnehmer. Viele institutionelle Investoren müssen sie aus regulatorischen Gründen erwerben. Die Zentralbanken tragen dazu bei, dass dieses Spiel weiterläuft. Anleger können hier also keine besseren Erträge erwarten. Ganz anders sieht es bei den Mittelstandsanleihen aus. Die Unternehmen erzielen auch in diesen unübersichtlichen Zeiten mit ihrer nachhaltigen Wirtschaftskraft attraktive Ergebnisse.


Welcher quantitative Erfolg ist denn bei Mittelstandsanleihen realistisch?


Seit 2013 investiert die KFM Deutsche Mittelstand AG in solche Anleihen. Die Historie belegt den Erfolg: Der Deutsche Mittelstandsanleihen FONDS (LU0974225590) erwirtschaftet seither jedes Jahr eine Rendite von mindestens vier Prozent. Die Erträge werden einmal jährlich den Investoren gutgeschrieben. Damit ist der Fonds für konservative Anleger und Stiftungen interessant, die stetige Einnahmen brauchen.


Sie nennen Stiftungen als eine Zielgruppe. In diesem Bereich benötigen Verantwortliche allerdings besondere Transparenz, um gegenüber Stiftungsgremien und Rechtsaufsicht gewappnet zu sein. Sehen Sie Ihren Fonds da gut aufgestellt?


Das ist ganz klar: Stiftungsverantwortliche benötigen tragfähige Informationen, um nicht in ein Haftungsrisiko zu geraten – insbesondere mit Blick auf die Reform des Stiftungsrechts, die 2023 in Kraft tritt. Sie nimmt Stiftungsverantwortliche stärker in die persönliche Haftung. Hilfreich sind hier Prüfberichte externer Analysten. Für die KFM haben die Spezialisten von Reuss Private Analytics, einem Netzwerk spezialisierter Partner aus Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Stiftungsexperten und Wertpapierspezialisten, zusammen mit Experten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner eine solche Prüfung vorgenommen. Die Spezialisten sind zum Ergebnis gekommen, dass der Deutsche Mittelstandsanleihen FONDS die Grundsatzanforderungen für Stiftungsvermögen erfüllt und der Fonds für viele von ihnen geeignet sein können. Und damit eben auch für Privatanleger mit vergleichbarem Risikoprofil.


Sehr geehrter Herr Friedrich, vielen Dank für diese interessanten Einblicke.