Es ist dies eine blöde Sache, das mit dem Durchschnittzins. Der verhält sich wie Butter in der Pfanne. Es ist noch was in der Pfanne, was über Milchreis ausgegossen dieser Mahlzeit das letzte Etwas verleiht, aber die Folgen für Cholesterinspiegel und Hüfttopografie werden auf jeden Fall nicht positiv sein. Irgendwie wissen viele Stiftungsverantwortliche intuitiv, dass in ihren Stiftungsfonds zu viele Anleihen vor allem mit kurzen Laufzeiten drin sind, dass der ausschüttbare Kupon daher stetig rückläufig bleiben wird und die Lösung eine wäre, die unbequem ist. Der Durchschnittszins in vielen Stiftungsfonds ist deshalb so knifflig, weil er sich ganz langsam aber stetig zurückentwickelt, und erstmal auf dem niedrigen Niveau verharrt. Sollte es doch zu Zinssteigerungen kommen, wird der Durchschnittszins auch nicht sofort wieder steigen, sondern sich genauso langsam wieder nach oben entwickeln. Für Stiftungen ist das tricky, denn wenn der Durchschnittszins erstmal unten angekommen ist, bedeutet das Dürre im Fondsdepot.


Die homöopathische Dosis Aktien reicht nicht mehr


Stiftungsfonds, die eigens für die Belange von Stiftungen aufgelegt wurden, stecken nun in einem Dilemma. Vielleicht verstehen die Macher dahinter tatsächlich am meisten von der Zielgruppe Stiftungen, aber ihr Angebot ist eben nicht mehr stiftungsgeeignet. Zu viele kurz laufenden Anleihen mit geringen Kupons treffen auf zu wenige Aktien. Nur: Eine homöopathische Dosis Aktien reicht heute nicht mehr, genauso wie zu hohe Anleihequoten heute nicht mehr zur Stiftungsrealität passen. Dividenden könnten den Durchschnittszins nach oben ziehen, könnten dafür sorgen, dass der Verfall des ordentlichen Ertrags ein wenig eingedämmt werden kann. Aber dann müssten es eben 35 oder 40% dividendenstarke Aktien sein, und nicht 13 statt 12%. Natürlich ist vielen Stiftungsfonds anzusehen, dass sie genau um die höheren Aktienquoten kämpfen, aber der Kampf scheint von außen betrachtet noch nicht entschieden zu sein.


Der Durchschnittszins knabbert


Angekommen ist derlei beispielsweise bei der Commerzbank, bei der zu ihrem relativ klassischen Stiftungsfonds jetzt noch einen Stiftungsfonds mit einer höheren maximalen Aktienquote von 35% aufgelegt wurde. Eine solche Aktienquote ist schlüssig, ist vielleicht immer noch zu niedrig, aber hier sehen Stiftungen einmal, dass sich ein Anbieter den Belangen der Stiftungen annehmen und proaktiv nicht nur n bisschen rumfummelt an einem Fonds, sondern eben ein neues stiftungsgeeigneten Produkt direkt neben den bisherigen Stiftungsfonds stellt. Bei manch anderen Stiftungsfonds knabbert der Durchschnittszins weiter kleine Löcher in den Becher mit den ordentlichen Erträgen, der Becher wird also leerer, ohne dass er regulär ausgelehrt wird. Beim Merck Finck Stiftungsfonds ist das zum Beispiel zu sehen, einem der vermutlich ehrlichsten Stiftungsprodukte mit dem längsten track record aller Stiftungsfonds, das viele Stiftungen zu Recht in ihrem Portfolio haben.


Stiftungsfonds womöglich hier und da mit neuer Rolle


Aber das Konzept schafft es eben nicht, sich gänzlich gegen den sinkenden Durchschnittszins auf der Anleiheseite richtig zur Wehr zu setzen. Anderen Stiftungsfonds ergeht es ähnlich. Damit verändert sich womöglich künftig das Profil einiger Stiftungsfonds, weg vom Basisbaustein hin zum Cash-Ersatzbaustein. Da Stiftungen ja auch mit dem Strafzins konfrontiert werden dürften, brauchen sie vermutlich liquide und vor allem bewährte Fondsbausteine, die ihnen einen zwar niedrigen aber dafür verlässlichen Ertrag liefern, was immer noch besser ist als das Bargeld auf dem Girokonto versauern zu lassen. Bargeld ist künftig so etwas wie die alte, schon leicht schimmelnde Leberwurst, die da irgendwie noch im Kühlschrank liegt vom vorvorletzten Einkauf. Braucht keiner, will keiner, hat keine Zukunft mehr auf dem Teller – also weg damit. Genauso könnte es Stiftungen mit ihren Barmitteln gehen, die sie künftig parken muss, und da könnten die klassischen Stiftungsfonds dann eine gute, eine neue Rolle spielen. Als Basis-Baustein würden sie jedoch vielleicht von Income-Fonds oder auch ausschüttungsstarken Aktienfonds in Kombination mit konservativ agierenden Income-Fonds abgelöst werden. 


Merke


Es findet ein Paradigmenwechsel statt da draußen. So formulierte es vor Kurzem ein Stiftungsvorstand im Gespräch. Er meinte, wir (gemeint waren Stiftungen) müssten uns da viel offener geben und den ordentlichen Ertrag viel stärker in den Fokus rücken. Weil dieser aber durch den fallenden Durchschnittszins bei Rentenanlagen maßgeblich malträtiert wird, sind davon auch viele der klassischen Stiftungsfonds betroffen. Stiftungen könnten diese Fonds daher künftig vielleicht anders einsetzen, als Cash-Ersatz. Andere Fondslösungen schlüpfen dagegen in neue Rollen, und helfen dabei, das Niveau der ordentlichen Erträge irgendwo erträglich zu konservieren. Wie das halt mit Paradigmenwechseln so ist, er bringt Veränderungen mit sich. Und Durchschnittzinsen nahe Null haben mit einem Paradigmenwechsel durchaus viel gemein.


 


Zum Autor: Tobias Karow ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit 10 Jahren aktiv. Er ist Herausgeber der FondsFibel für Stiftungen & NPOs (www.fondsfibel.de), Vorträge hält er vor allem zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘. Für beide Themen betreibt er den Blog #stiftungenstärken.