Der ordentliche Ertrag ist für eine Stiftung nicht nur der Zins oder die Dividende. Für einen Privatanleger ist die Ausschüttung eines Stiftungsfonds, Income-Fonds oder stiftungsgeeigneten Fonds schönes Beiwerk, für Stiftungen ist sie elementar. Denn eine Stiftung hat durch ihre Errichtung ein Steuerprivileg erfahren, und dieses Steuerprivileg muss über den ordentlichen Ertrag verdient werden. Ein ganz einfaches aber heute nicht mehr sehr leicht umzusetzendes Prinzip. Stiftungen sind also aufgefordert, ihr Kapital arbeiten zu lassen, um dann aus den hieraus resultierenden Erträgen ihre Zwecke zu verwirklichen. Umso wichtiger ist es, dass sie in Fondsanlage auf Fonds setzen, die von Haus auf Ausschüttungen ausgelegt sind und das in den Fonds auch ausschüttungsfähige Erträge produziert werden.


Ordentlicher Ertrag ist nicht nett, sondern notwendig


Ganz grundsätzlich kann man Stiftungsfonds unterstellen, dass sie auf den ordentlichen Ertrag schon vom Konzept her fokussieren, dass die Fondslenker wissen, dass ohne eine Ausschüttung in erklecklicher Höhe die Legitimation bei der adressierten Zielgruppe fehlt – positive Wertentwicklung hin oder her. Ein Stiftungsfonds muss ausschütten, er muss ordentliche Erträge liefern, und das dauerhaft und konsistent. Genauso verhält es sich mit Fonds, die als stiftungsgeeignet gelten wollen. Hier zählt letzten Endes zuerst der ordentliche Ertrag, und erst in zweiter Linie die Wertentwicklung gefolgt von Kosten, Drawdown und Informationsbesatz. Der ordentliche Ertrag ist die zentrale Richtgröße für eine Stiftung, denn daran richtet sie ihre Planungen aus. Der Liquiditätsplan einer Stiftung gibt vor, wie viel Ausschüttung sie notwendigerweise braucht, um die damit verbundenen Zwecke zu erfüllen. Können Fonds hier nicht immer und immer wieder Ausschüttung liefern, ist der Fonds für Stiftungen eigentlich nicht investierbar – zumindest nicht als Basis- oder Ankerbaustein in einem Stiftungsportfolio.


Bei den Ausschüttungen gilt es zudem darauf zu achten, dass die Dividenden nicht steuerbefreit sind, denn diese gelten dem Vernehmen nach nicht als ordentlicher Ertrag. Hat ein Fonds also solche, meist dividendenstarken Titel im Portfolio, muss die Stiftung genau nachfragen bzw. einen diesbezüglichen Hinweis an die Fondsverantwortlichen geben. Eine Liste mit den Unternehmen, die steuerbefreite Dividenden auskehren (es handelt sich um deutsche Unternehmen) ist im Internet recherchierbar. Bei Income-Fonds oder stiftungsgeeigneten Fonds ist der Maßstab der Gleiche, manche dieser Fonds schaffen es sogar, die Vorgaben vieler Stiftungen noch eher zu erfüllen. Sie liefern auskömmliche Ausschüttungen, auch zu mehreren Terminen im Jahr, zeigen darüber größtmögliche Transparenz und machen die Stiftung letztlich wieder handlungsfähig nur durch einen Fondstausch. Denn viele Stiftungsfonds sind leider konzeptbedingt heute zu vorsichtig aufgestellt und können die notwendigen ordentlichen Erträge ob ihres immer noch vorhandenen Übergewichts bei Zinspapieren nicht mehr wie früher liefern.


Drei Aspekte der Ausschüttung


Damit Stiftungen bei der Suche nach Fonds mit immer noch auskömmlichen ordentlichen Erträgen nicht im Nirwana landen, gibt es drei Punkte, auf die sie wert legen sollten:


1) Ausschüttungspolitik


2) Ausschüttungshöhe


3) Ausschüttungskonsistenz


Die Ausschüttungspolitik sollte nachvollziehbar sein, sie sollte verlässlich sein, und sie sollte auch gelebt werden. Das bedeutet, dass der Fondsanbieter erläutert, woraus sich vor allem die Ausschüttung speist und ob die Ausschüttungspolitik auch darauf ausgelegt ist, Ausschüttungsreserven anzulegen, um im Falle von sinkenden ordentlichen Erträgen auch weiterhin „lieferfähig“ zu sein. Derlei können Stiftungen durchaus einmal erfragen. Die Ausschüttungshöhe sollte nicht homöopathisch sein, es sollte immer noch zumindest eine zwei vor dem Komma stehen. Eine homöopathische Ausschüttung reicht nicht. Auch sollte die Ausschüttungshöhe nicht beliebig variieren, sondern einigermaßen stabil gehalten werden.


Stiftungen müssen planen können


Natürlich kann die Ausschüttungshöhe im aktuellen Umfeld auch durchaus mal zurückgehen, aber das muss dann sauber kommuniziert werden, auch insbesondere was die Stiftung im nächsten Jahr zu erwarten hat. Diese Ausschüttungskonsistenz ist für die jährliche Planung einer Stiftung extrem wichtig. Mancher Fonds hält sich hier bedeckt, was verständlich ist, was auch automatisch einen Nachteil in der Planbarkeit gegenüber einer Staatsanleihe anzeigt. Deren Kupon bekomme ich als Stiftungen immer pünktlich zu einem fixen Termin, und ich weiß auch, dass das im kommenden Jahr in der Regel so sein wird. Hier muss der Fondsanbieter verstehen, woher die Mehrheit der Stiftungen kommt und warum sie hier und da immer noch nicht direkt zum Fonds greifen, obwohl dieser gegenüber der Einzelanleihe zahlreiche Vorteile hat.


Zusammengefasst


Das Prinzip Ordentlicher Ertrag muss Anbietern von Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds in Fleisch und Blut übergehen. Stiftungen brauchen ordentliche Erträge, da sie sich ihr Steuerprivileg über diese verdienen müssen. Liefert ein Fonds das in Form von Ausschüttungen nicht, ist er im Kern nicht stiftungsgeeignet. Stiftungen müssen hier ihrerseits heute einfach etwas tiefer graben und vor allem die Ausschüttungskonsistenz im Auge haben. Aber solche Fonds, die das Prinzip des ordentlichen Ertrags fest im Auge haben, gibt es doch ausreichend viele. Und das ist trotz Niedrigzins auch mal eine gute Nachricht.


 


Zum Autor: Tobias Karow ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit zehn Jahren aktiv. Er ist Herausgeber der FondsFibel für Stiftungen & NPOs (www.fondsfibel.de), Vorträge hält er vor allem zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘. Für beide Themen betreibt er den Blog #stiftungenstärken.