1. Anleihen und Schuldverschreibungen


Der Begriff „Anleihe“ kann als Oberbegriff für ein Wertpapier verstanden werden, das die zeitlich begrenzte Kapitalüberlassung gegen Zinszahlung regelt. Eine Anleihe ist demnach ein fest- oder manchmal auch variabel verzinsliches Wertpapier mit in der Regel festen Laufzeiten. Emittenten von Anleihen sind Staaten und Unternehmen, sie leihen sich Geld mit dem Versprechen, den Betrag am Ende der vorab festgelegten Laufzeit der Anleihe zurückzuzahlen. Anleger erwerben die Anleihen und erhalten dafür eine – meist jährliche – Zinszahlung. Bei Fälligkeit der Anleihe wird diese grundsätzlich zum Nominalbetrag zurückbezahlt.


Anleihen sind in Deutschland nicht börsenpflichtig, das heißt, ein Handel an der Börse ist damit nicht zwingend gegeben. Der Anleihenemittent kann jedoch einen Antrag an einer Wertpapierbörse stellen, so dass ein Börsenhandel möglich wird. Je geringer das Emissionsvolumen, desto unwahrscheinlicher ist ein solcher mit Kosten verbundener Antrag. Selbst wenn die Einbeziehung zum Beispiel in den Freiverkehr an einer deutschen Wertpapierbörse erfolgt ist, wird aufgrund des geringen Volumens kaum ein Handel stattfinden.


Eine Schuldverschreibung ist nichts anderes als eine Anleihe, oft auch als Rentenpapier bezeichnet. Es gibt zwei typische Ausprägungen. Die Inhaberschuldverschreibung ist ein so genanntes Inhaberpapier. Der Besitzer der Urkunde hat das Recht an der Schuldverschreibung. Somit ist nicht nur eine unproblematische Übertragung möglich, sondern auch eine hohe Verkehrsfähigkeit gegeben. Die einfache Fungibilität gewährleistet die Handelbarkeit einer Inhaberschuldverschreibung an der Börse, sofern sie zum Börsenhandel zugelassen ist. Eine Namensschuldverschreibung lautet auf den Namen des Gläubigers. Zins- und Tilgungszahlungen werden nur an die in der Schuldverschreibung namentlich genannte Person geleistet. Eine regelmäßige Übertragung auf andere Personen ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Je nach Emissionsbedingungen kann hier sogar die ausdrückliche Zustimmung des Emittenten erforderlich sein. Namensschuldverschreibungen werden daher mangels Verkehrsfähigkeit nicht an der Börse gehandelt.


2. Darlehen und deren Ausprägungen


Ein Darlehen ist ein schuldrechtlicher Vertrag, bei dem der Darlehensgeber einem Darlehensnehmer einen bestimmten Geldbetrag gegen regelmäßige Zinszahlung zur Verfügung stellt und der Darlehensnehmer verpflichtet ist, nach Ablauf der vereinbarten Darlehenslaufzeit den Geldbetrag an den Darlehensgeber zurückzuzahlen. Das Darlehen ist also im Gegensatz zu einer Anleihe kein Wertpapier.


Partiarisches Darlehen


Partiarische Darlehen zählen zum sogenannten Mezzanine-Kapital, mit dem sich Unternehmen bankenunabhängig Kapital beschaffen können. Besonderheit bei einem partiarischen Darlehen ist, dass als Entgelt für die Überlassung des Darlehens ein Anteil am Gewinn oder Umsatz des Unternehmens gewährt wird. Neben der Gewinnbeteiligung kann eine feste Verzinsung vereinbart werden. Die Verlustbeteiligung ist grundsätzlich nicht vorgesehen, die Rückzahlung des partiarischen Darlehens erfolgt grundsätzlich zum Nennbetrag.


Nachrangdarlehen


Nachrangdarlehen haben sich als bankenunabhängiges Finanzierungsinstrument etabliert. Im Bereich der Kapitalanlagen nicht zuletzt deshalb, weil sie sich damit innerhalb des regulatorischen Umfeldes vom Einlagengeschäft abgrenzen lassen. Zugleich bieten Nachrangdarlehen den Unternehmen die Möglichkeit, ihre wirtschaftliche Flexibilität zu erhöhen. Nachrangdarlehen vereinen Eigenschaften von Eigen- und Fremdkapital und zählen somit zu den hybriden beziehungsweise mezzaninen Finanzierungsformen. Ein „einfacher“ Nachrang ist eine reine Verteilungsregel für den Insolvenzfall. Solange kein Insolvenzverfahren eröffnet ist, kann ein Gläubiger, der nicht zugleich Gesellschafter ist, den verliehenen Geldbetrag grundsätzlich in voller Höhe zurückfordern, sobald die Forderung fällig ist. Die Aufnahme solcher Gelder ist darum als Bankgeschäft erlaubnispflichtig nach § 32 Absatz 1 Kreditwesengesetz. Um diese Einstufung nicht zu erhalten, kann und wird der Emittent eine „vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre“ vereinbaren (siehe unten).


3. Genussrechte


Bei Genussrechten gibt es zwei Ausprägungen. Genussrechte können als Wertpapiere (= Genussscheine) oder unverbriefte Genussrechte ausgegeben werden. Unverbriefte Genussrechte sind rein schuldrechtliche Kapitalüberlassungsverhältnisse. Da es keine gesetzliche Regelung zur vertraglichen Ausgestaltung von Genussrechten gibt, sind sehr unterschiedliche Ausgestaltungen möglich. Die Einzelheiten der Genussrechtsbedingungen kann der Emittent frei gestalteen. So kann zum Beispiel eine feste Laufzeit oder auch eine unbestimmte Laufzeit, verbunden mit einem Kündigungsrecht, vereinbart werden. Je nach Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen können die Genussrechte eher dem Eigenkapital oder dem Fremdkapital zuzurechnen sein. So können die Genussrechte einen Anspruch auf eine feste Verzinsung oder eine gewinnabhängige Erfolgsbeteiligung gewähren. Auch hinsichtlich der Haftung des Genussrechtsinhabers gibt es Unterschiede. Die Haftung kann entweder ausgeschlossen sein oder im Falle von Verlusten kann der Genussrechtsinhaber anteilig an den Verlusten bis zur Höhe seiner Zeichnungssumme beteiligt werden. Ferner ist auch bei Genussrechten eine Nachrangklausel möglich.


4. Besonderheit: Qualifizierter Nachrang mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre


Will der Emittent einer nachrangigen Namensschuldverschreibung, eines nachrangigen Darlehens oder eines nachrangigen Genussrechts die Einstufung als Bankgeschäft nach § 32 Absatz 1 Kreditwesengesetz vermeiden, muss er die einfache Nachrangklausel um eine so genannte „insolvenzverhindernde Qualifikation“ ergänzen. Dies bedeutet konkret: Der qualifizierte Rangrücktritt führt dazu, dass der Anleger in einem etwaigen Insolvenzverfahren sowie im Falle der Liquidation der Emittentin mit seinen Zahlungsansprüchen im Rang hinter sämtliche Forderungen, die in § 39 Abs. 1 der Insolvenzordnung aufgeführt werden, zurücktritt. Ferner sind Zahlungen auf die Zahlungsansprüche des Anlegers auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens sowie außerhalb einer Liquidation der Emittentin solange und soweit ausgeschlossen, wie diese Zahlungen


- zu einer Zahlungsunfähigkeit der Emittentin im Sinne des § 17 InsO oder einer Überschuldung der Emittentin im Sinne des § 19 InsO führen oder


- bei der Emittentin eine Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO oder eine Überschuldung im Sinne von § 19 InsO bereits besteht.


Diese Regelung wird vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre genannt. Die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre bewirkt eine Wesensänderung der Geldhingabe vom bankgeschäftstypischen Darlehen mit unbedingter Rückzahlungsverpflichtung hin zur unternehmerischen Beteiligung.


Resüme:


In der Praxis begegnen Kapitalanlegern die unterschiedlichsten Varianten der vorgenannten Vertragskonstellationen wie Anleihen, Nachrangdarlehen, Inhaberschuldverschreibungen, Namensschuldverschreibungen, qualifiziert nachrangige Namensschuldverschreibungen, partiarische Nachrangdarlehen mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre, Genussrechte und Genussrechten mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre. In allen Fällen gilt: Ein genaues Studium der Unterlagen geht jeder Investitionsentscheidung voraus und die Vertragsgestaltung ist im Gesamtkontext der angebotenen Kapitalanlage zu betrachten.