FondsDISCOUNT.de: Herr Pesarini, Sie sind 1961 in Italien geboren und haben sich nach Ihrem Studium in Mannheim zunächst in Deutschland niedergelassen – Sie kennen also sowohl die deutsche als auch die italienische Mentalität. Unterscheiden sich Italiener und Deutsche in ihrem Anlageverhalten?
Luca Pesarini: Die Ungewissheit wegen des Euros und die Angst, weil einfach unklar ist, was passieren wird, ist nach meiner Beobachtung in Italien und Deutschland gleich – und in beiden Ländern sehr groß.

Ihr Flaggschiff, der Ethna-AKTIV E, wurde in diesem Jahr zehn Jahre alt und performt zuverlässig über dem Durchschnitt. Wie erzielen Sie Renditen, worauf basieren Ihre Anlageentscheidungen als Fondsmanager?
Generell können wir sagen, dass vor allem die Unternehmensanleihen in den letzten Monaten besonders zur positiven Entwicklung des Fonds beigetragen haben. Zudem stellte unsere hohe Cash-Quote von 30 Prozent einen hervorragenden Risikopuffer dar. Die Herausforderung besteht natürlich weiterhin darin, innerhalb eines schwierigen Kapitalmarktumfeldes reale Renditen zu erwirtschaften, ohne die Schwankungen des Fondspreises, also die Volatilität, unnötig zu erhöhen. Deshalb ist unsere Antwort: Diversifikation, die nicht mit der Frage beginnt, welche Anlage und welche Gewichtung – Gold, Immobilien, Anleihen oder Aktien. Für uns ist vielmehr zunächst die Erwartung des einzelnen Anlegers von großer Bedeutung. Die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass das größte Risiko darin besteht, alle Mittel nur einem einzigen, gerade populären Kapitalmarktszenario anzuvertrauen. Entscheidend ist, dass wir als verantwortliche Fondsmanager unsere Strategie laufend aktiv überprüfen und anpassen. Unser eigener Standpunkt ist dabei sehr wichtig, aber wenn das Festhalten daran große Verluste verursacht, steht „Recht haben“ hinter „Kapital erhalten“ zurück. Es ist relevant zu erkennen, wann es an der Zeit ist, die eigene Einschätzung zu revidieren. Anstatt an unserer Meinung unausweichlich festzuhalten, sind wir offen, sie abzustoßen – wie Anlagen, die unser primäres Anlageziel gefährden. Der Erhalt des Kapitals unserer Anleger steht für uns im Mittelpunkt unseres Handelns. Diesem Anspruch versuchen wir jeden Tag neu gerecht zu werden.

Sie haben vor elf Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Was waren Ihre Beweggründe und was waren die größten Herausforderungen, die Sie in der Anfangszeit zu meistern hatten?
Nach weit über zehn Jahren in verschiedenen Banken, zuletzt als Vorstand, wollte ich eigener Herr im Haus sein. Die Organisation und Strukturierung eines neuen Geschäftes im Finanzsektor ist nicht so einfach in der Umsetzung. Man braucht nicht nur eine Geschäftsidee, sondern auch viele Überlegungen bezüglich der Verwirklichung und – das ist besonders wichtig – gute Mitarbeiter.

Ihre Fonds investieren hauptsächlich in Unternehmensanleihen, die Aktienquote ist recht übersichtlich, Sie wollen dem Anleger hohe Schwankungsrisiken ersparen. Sind Sie auch persönlich eher der defensive Typ?
Ja, natürlich! Wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich eine Investition tätigen soll, sage ich lieber "Nein!" und halte Kasse.

Stichwort „Risiko“: Die Zeiten werden allgemein unsicherer. Der Euro steht vor harten Bewährungsproben, in den EU-Staaten wächst der Schuldenberg, viele Bürger fürchten sich vor Inflation. Worauf sollten sich Anleger Ihrer Meinung nach einstellen?
Die fundamentale Lage der Wirtschaft, vor allem in den USA und Europa, ist katastrophal. Es wird unglaublich viel Geld ins System gepumpt, ohne Rücksicht auf Verluste. Damit verschärft man aber die Probleme im Ergebnis. In den USA und teilweise auch in Europa befürchtet man eher eine Deflation als eine Inflation. Das sehe ich anders. Im Fall der USA mag die inflationäre Politik ja noch verständlich sein: Wenn die Deflation kommt, drückt das auf die Löhne, und das wiederum bringt höhere Ausfallraten bei den „Häuslebauer-Krediten“. Das ist das Schlimmste, was die Amerikaner zu befürchten haben. Ich bin insgesamt skeptisch bezüglich der Erfolgsaussichten, vor allem in Europa. Bei so viel Geld im Kreislauf wird einiges davon zwangsläufig falsch allokiert. Und am Ende des Tages wird die Rechnung doppelt und dreifach bezahlt. Viele tun heute so, als ob die Liquiditätsschwemme kein Risiko für die Realwirtschaft darstellt. Das ist sträflich, denn in vier, fünf Jahren werden die Probleme von heute nicht mehr zu ignorieren sein: Das Wachstum ist extrem niedrig, die Jugendarbeitslosigkeit ist sehr hoch, die Ausbildung ist schlecht, Arbeitsplätze gehen verloren, und die Alterspyramide verschiebt sich immer weiter. Europa hat gewaltige Probleme.

Herr Pesarini, vielen Dank für das Gespräch!