Immer dann, wenn die teuersten Materialien und die besten Namen nicht mehr ausreichen, bringen Produktdesigner einen Trumpf ins Spiel: Diamanten. Sie schmücken Handys, Taschen und Uhren der Schönen und Reichen. Selbst mit Edelsteinen besetzte Autos wurden schon entworfen, um die Gier nach Prunk und Einzigartigkeit zu befriedigen. Diamanten sind so etwas wie das Upgrade für jedes Luxusprodukt — beliebt vor allem bei Frauen. „Diamonds are a girl’s best friend“, hauchte schon Marilyn Monroe ins Mikrofon, Elizabeth Taylor war besessen von den Steinen, und auch Männer wissen, womit sie das Herz ihrer Liebsten erobern können. Aufgrund der Unsicherheit an den Finanzmärkten könnten Diamanten bald auch zum besten Freund vieler Anleger werden. Experten erwarten, dass die Preise für die Edelsteine in den nächsten Jahren deutlich steigen werden und Diamanten eine ähnliche Rolle spielen könnten wie Gold.

Eurokrise stoppt Preisrally
Darauf setzt auch Kohlberg Kravis Roberts und Co. (KKR). Das Private-Equity-Unternehmen will Medienberichten zufolge die Diamantensparten der Rohstoffgiganten BHP Billiton und Rio Tinto übernehmen und anschließend verschmelzen. Beide Unternehmen hatten schon seit Längerem laut darüber nachgedacht, sich von ihren Diamantengeschäften zu trennen. Die Förderung der funkelnden Steinchen macht nur einen geringen Teil des Gesamtgeschäfts beider Konzerne aus. Bei Rio Tinto waren das im vergangenen Jahr dennoch 1,2 Milliarden Dollar. KKR will den Gewinn nach der Übernahme um mehr als 50 Prozent steigern. Nochkonkurrent BHP Billiton könnte nach Ansicht des New Yorker Unternehmens 750 Millionen Dollar jährlich abwerfen. Kommt die Fusion zustande, würde auf diese Weise der drittgrößte Diamantenkonzern der Welt mit einem Marktanteil von 16 Prozent entstehen. Das Vorhaben könnte sich lohnen. Mit der Flucht vieler Anleger in Sachwerte sind auch Diamanteninvestments ins Zentrum des Interesses gerückt. „Die Preise auf dem Diamantenmarkt befinden sich zurzeit auf einem vergleichsweise hohen Niveau“, sagt Daniel Briesemann, Rohstoffexperte bei der Commerzbank. Seit 2009 ist der Rapaport Diamantenindex um 50 Prozent gestiegen, bis im Sommer 2011 die Eurokrise den Höhenflug stoppte. Der Index fiel um zehn Prozent, weil Käufer ihr Geld angesichts der Marktverwerfungen lieber zusammenhielten.

Die Stimmung auf dem Diamantenmarkt wird sich laut Experten in diesem Jahr aufhellen. „Indien und China könnten wahre Preistreiber für Diamanten werden. In beiden Ländern entsteht eine Mittelschicht mit hoher Kaufkraft“, sagt Briesemann. In Indien gelten Diamanten vor allem als Talismane und sind zusammen mit Silber und Gold wichtiger Bestandteil der Mitgift für die Braut. In China und auch der arabischen Welt sind die Steine vor allem Statussymbole. In drei Jahren, schätzen Experten, könnten Indien, China und der Nahe Osten zusammengenommen die USA als größten Käufermarkt ablösen. Rund 50 Prozent aller Diamanten werden derzeit von Amerikanern erworben. Die Chinesen liegen mit 25 Prozent auf Platz 2 der eifrigsten Diamantenkäufer. Insgesamt soll sich die weltweite Nachfrage einer Studie der Beratungsfirma Bain & Company zufolge bis 2020 verdoppeln. Das bedeutet einen jährlichen Anstieg von sechs Prozent.

Fördermengen gehen zurück
Der steigenden Nachfrage steht ein sinkendes Angebot gegenüber. Bain & Company schätzt, dass das weltweite Diamantenangebot nur um 2,8 Prozent pro Jahr wachsen wird, weil die Fördermengen zurückgehen und kaum neue Vorkommen erschlossen werden. Zwischen 2007 und 2010 ist das Fördervolumen um ein Viertel gefallen. Ein stärkeres Interesse von Anlegern würde die Preise zusätzlich in die Höhe treiben. Einige Experten sehen in den funkelnden Steinen darum bereits das neue Gold. Sie sind wertstabil, ihre Vorkommen sind begrenzt, und sie haben gegenüber Gold einen großen Vorteil: Die Wertkonzentration ist höher. Gold im Wert von 450 000 Euro würde um die zehn Kilogramm wiegen. Ein Diamant bester Qualität mit demselben Wert bringt lediglich ein Gramm auf die Waage. Weiterer Unterschied: Jeder Diamant ist ein Unikat. Der Preis für einen Stein lässt sich, anders als bei Gold, nicht pauschal bestimmen und bemisst sich nach seinen individuellen Eigenschaften. Als Maßstab dienen dazu die sogenannten vier C für Colour (Farbe), Clarity (Reinheit), Carat (Gewicht) und Cut (Schliff). So werden für farbige Steine — sogenannte Fancy-Diamanten — wesentlich höhere Preise bezahlt als für farblose. Auch steigt der Wert nicht proportional mit der Größe des Diamanten: Für große Steine, die nur selten gefunden werden, sind viele Käufer bereit, Liebhaberpreise zu bezahlen.

Weil die Preisfindung so schwierig ist, werden Diamanten nicht an der Börse gehandelt. „Der Diamantenhandel ist ein physisches Geschäft“, sagt Ulrich Freiesleben, der die Online-Diamantenbörse Diamondax.com betreibt. „Angebot und Nachfrage werden hier noch über den Austausch von Diamanten geregelt.“ Freiesleben arbeitet selbst seit 30 Jahren als Diamantenhändler in Antwerpen. Die Stadt ist vor London und New York das größte Diamantenzentrum der Welt. Nur Händler mit ausgezeichneter Reputation dürfen hier ihre Geschäfte machen. Für Privatanleger ist es darum so gut wie unmöglich, direkt am Diamantenhandel teilzunehmen. Vor allem weil in sehr großen Tranchen gehandelt wird und die Transparenz am Markt relativ gering ist.

Trotz der Schwierigkeiten interessieren sich immer mehr Anleger, die auf der Suche nach einer sicheren Geldanlage sind, für Diamanten. Experten halten die Edelsteine für eine lohnende Portfoliobeimischung, zumindest mittel- bis langfristig. Allerdings gilt es einiges zu beachten. „Nur etwa ein bis zwei Prozent aller Diamanten eignen sich als Investment“, erklärt Freiesleben. „Für Anleger ist es ratsam, weiße und lupenreine Steine in handelsüblichen Größen wie 0,5 oder ein Karat zu kaufen. Der Schliffgrad des Diamanten sollte außerdem mit ,excellent‘ bewertet sein.“ Und nur ein Experte kann die Echtheit eines Diamanten prüfen. Deshalb hat jeder hochwertige Stein ab 0,3 Karat seinen eigenen Pass, das Zertifikat. Es wird von anerkannten Instituten wie dem GIA Geological Institute of America, IGI International Gemological Institute, HRD Hoge Raad voor Diamant oder dem Diamant Prüf Labor in Idar-Oberstein ausgestellt. Vor allem das GIA hat den Ruf, nach besonders strengen Qualitätsmaßstäben zu beurteilen. Das Zertifikat hilft auch bei einem späteren Verkauf des Steins, weil es weitere Prüfkosten oder gar Preisabschläge verhindert.

Verlobungsring als Investment
Neben der Qualität spielt bei Investmentdiamanten auch der Zeitpunkt des Kaufs eine Rolle. „Ist ein Diamant erst mal im Schmuckkreislauf, muss der Käufer die Handelsmargen der Schmuckproduzenten mitzahlen. Das drückt auf die Rendite“, sagt Freiesleben. Bei Juwelieren und Onlinehändlern lassen sich Diamanten direkt erwerben. Alternativ können Anleger auch auf Unternehmen setzen, die in der Branche tätig sind. Oder man geht ganz neue Investmentwege: Mit einem diamantenbesetzten 500 000-Dollar-Verlobungsring hat der US-Schauspieler Brad Pitt seiner Dauerfreundin Angelina Jolie einen Heiratsantrag gemacht. Die Hollywood-Schönheit ist mit einem Jahreseinkommen von 30 Millionen Dollar die bestbezahlte Schauspielerin der Welt — eine bessere Rendite ist kaum möglich.