Es weht ein kalter Wind. Seit 2009 sind die Preise für Windturbinen um ein Fünftel gefallen. Die mächtigen chinesischen Konzerne können dank staatlicher Subventionen große Europäer wie die dänische Vestas und Spaniens Gamesa mit Kampfpreisen attackieren. Überkapazitäten von bis zu 40 Prozent sind ein zusätzlicher Druck auf die Preise. Frühestens in drei Jahren sei deshalb wieder mit stärkerem Wachstum zu rechnen, schätzt Wolfgang Krenz, Partner des Beratungsunternehmens Oliver Wyman. Bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 stiegen die Windenergiekapazitäten zur Stromerzeugung jährlich um 25 bis 40 Prozent. Seit 2009 blieben sie nahezu unverändert. Die Profitabilität der Konzerne ist stark geschrumpft. Im Jahr 2010 lag die durchschnittliche operative Marge nach Berechnungen von Oliver Wyman bei 4,4 Prozent, 2011 waren es nur noch 1,4 Prozent. „Netto wird kaum noch was verdient“, sagt Krenz. Das hat Konsequenzen. Gamesa ersetzte Vorstandschef Jorge Calvet durch Ignacio Martín, Exchef des spanischen Autozulieferkonzerns Cie. Im Februar musste Vestas Finanzchef Henrik Norremark gehen — wegen horrender Verluste beim Branchenprimus.

Tiefpunkt überwunden
Einen Neuanfang macht auch der deutlich kleinere Konkurrent Nordex. Anfang März löste Jürgen Zetschky Thomas Richterich ab. Der langjährige Nordex-Chef hatte seinen Rückzug aus „persönlichen Gründen“ im Sommer des vergangenen Jahres angekündigt. Die Kursentwicklung der Turbinenbauer ist eine Katastrophe. Zwar hat sich die Nordex-Aktie auf Jahressicht wesentlich besser entwickelt als die Anteilscheine von Vestas und Gamesa, doch für Aktionäre ist das nur ein schwacher Trost. Schließlich hat sich der Kurs der Nordex-Aktie in diesem Zeitraum halbiert. Doch allmählich scheint die Flaute vorbei zu sein. Im April verzeichnete die gesamte Branche einen starken Auftragseingang, dessen Volumen sich im Vergleich zum Vorjahr verfünffacht hat: auf eines Gesamtleistung von 3,4 Gigawatt. Den größten Auftrag, der Bau eines Windparks auf See mit 1,9 Gigawatt Leistung, schnappte sich Alstom. Bei Nordex hat man das Geschäft mit den Meeresparks inzwischen ad acta gelegt. Das Projekt mit einem nicht genannten Partner scheiterte im April an knappen Ressourcen. „Wir brauchen unsere 100 Ingenieure, die im Offshoregeschäft gebunden waren, für das Kerngeschäft. Das Gemeinschaftsunternehmen ohne Einbindung unser Ingenieure war nicht möglich. Deshalb sind wir im April ausgestiegen“, so Nordex-Chef Zetschky. Bis Jahresende will der Exchef des Turbinenbauers Voith Nordex zurück in die schwarzen Zahlen führen. Der Start ins Geschäftsjahr ist dem gelernten Maschinenbauer gelungen. „In Summe bleibt der Auftragseingang nach einem starken ersten Quartal weiter gut“, sagt Zetschky. Mit dem 840 Millionen Euro Ordervolumen sei ein wesentlicher Teil des Jahresumsatzes durch fest finanzierte Projekte gesichert. Mit dem dicken Auftragsbuch habe sich die Situation im Vergleich zum vergangenen Jahr „wesentlich entspannt“. Vor einem Jahr sei Nordex bei „nur 400 Millionen Euro Auftragsvolumen“ stark von Projekten abhängig gewesen, die kurzfristig akquiriert werden mussten.

Liquidität ist kein Engpass
Projekte in Euro-Krisenländern wie Italien, Spanien und Italien bringen Windradbauer durch das Zaudern der Banken seit einiger Zeit zusätzlich in die Bredouille. Bei Nordex sind Schwierigkeiten in der Projektfinanzierung dagegen kein großes Thema. Mit über 200 Millionen Euro Reserven habe man „keinen Engpass“, so Zetschky. Man müsse 2012 nicht an den Kapitalmarkt, um Projekte zu finanzieren. Außerhalb Europas sind die Hanseaten auch in den USA und China präsent. Allerdings ist China als Absatzmarkt für westliche Unternehmen bisher tabu. Nordex’ Verhandlungen mit einem chinesischen Kraftwerksbetreiber kommen bisher langsamer als erwartet voran. „Für China gilt, dass wir das Gemeinschaftsunternehmen nur dann ausbauen, wenn es dort kurz- oder mittelfristig die Perspektive auf profitables Wachstum gibt“, sagt Zetschky. Der Partner sei an der Technologie interessiert und baue seine Windenergieleistung um ein bis 1,5 Gigawatt pro Jahr aus. „Nicht unbedingt im ersten Schritt, aber langfristig“ will Nordex diese Projekte exklusiv ausstatten. Allerdings sei man nicht unter Zeitdruck. Das Geschäft mit landgestützten Windanlagen in Europa und Afrika biete ausreichend Möglichkeiten, um profitabel zu wachsen. Der Ausbau in den USA und China müsse nicht zulasten der Profitabilität forciert werden, sagt Zetschky. Nordex hat sich etwas Spielraum verschafft.