Die Erschließung der Gasvorkommen in Nordamerika hatte in den vergangenen Jahren etwas vom Goldrausch des 19. Jahrhunderts: Immer mehr Bohrungen überzogen das Land, jeder wollte dabei sein und vor allem mitverdienen, wenn die USA mit heimischem Gas endlich die Abhängigkeit von ausländischen Ressourcen verringern. Doch der Schuss ging nach hinten los. Der Markt wurde von Gas förmlich überschwemmt, die Preise sanken. Ein noch dazu außergewöhnlich milder Winter ließ US-Erdgas („Henry Hub“) in der vergangenen Woche auf 2,40 Dollar, den niedrigsten Stand seit zehn Jahren, fallen. „Bei den aktuellen Preisen arbeitet unseren Schätzungen zufolge keine einzige Schiefergasquelle profitabel“, sagt Mark Lacey, Manager des Investec Global Energy Fund. „US-Gas notiert sogar unter den reinen Förderkosten. Das ist sehr selten bei Rohstoffen und für gewöhnlich eine gute Kaufgelegenheit.“

Tatsächlich könnte in den kommenden Monaten die Wende am Gasmarkt bevorstehen. Ende 2011 haben die Produzenten begonnen, unproduktive Bohraktivitäten zurückzufahren. Seit Oktober ist die Zahl der Bohrungen um 30 Prozent gefallen. Auf der anderen Seite steht der Bau von diversen Verflüssigungsanlagen und Exportterminals in den Startlöchern. Denn bisher wird so gut wie kein US-Erdgas exportiert. Dabei liegen die Gaspreise außerhalb der USA viel höher. In Europa ist Gas viermal so teuer, in Asien siebenmal. In China übersteigt beispielsweise die Nachfrage das Angebot deutlich. Mit eigener Förderung kann das Land ab 2015 nicht einmal 65 Prozent des Bedarfs decken.

Im Frühjahr wird das US-Energieministerium über die Vergabe von neuen Exportlizenzen für Gas entscheiden. Cheniere Energy hat die Erlaubnis und Finanzierung für eine Anlage in Louisiana bereits in der Tasche, sie soll in der zweiten Jahreshälfte 2014 in Betrieb gehen. Weitere Terminals könnten schnell folgen, da vorhandene Regasifizierungsanlagen in den Häfen umgebaut werden. „Wir erwarten für 2013 einen Gaspreis zwischen drei und 3,50 US-Dollar, dann sollte es Richtung fünf Dollar gehen. Ab 2015 rechnen wir mit sechs Dollar“