Was haben Formel 1 und Private Equity miteinander zu tun? Vieles! Die Königsklasse des Motorsports gehört zu 63,4 Prozent dem Finanzinvestor CVC Capital Partners, der Bernie Ecclestone schon 2006 als Geschäftsführer für die Formel 1 eingesetzt hat. Der Brite schlägt nun vor, den Rennsportzirkus in Singapur an die Börse zu bringen. Das zeigt, dass der nach der Finanzkrise totgesagte Private-Equity-Sektor wieder in Fahrt kommt. Die Zuflüsse in Private-Equity-Fonds in Europa stürzten von 175 Milliarden US-Dollar im Spitzenjahr 2007 auf 59 Milliarden Dollar 2010 ab. Seitdem erholen sie sich zwar langsam, aber stetig. Die Zahl der Transaktionen in Europa kletterte von 509 im Jahr 2009 auf 931 im Vorjahr. Das tun auch die Kurse börsennotierter Firmenjäger. Seit Januar zogen die Notierungen der 50 größten Branchenvertreter im Schnitt um 14 Prozent an. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass sich der Sektor im Konsolidierungsprozess befindet.

Das Geschäftsmodell von Private-Equity-Firmen besteht darin, sich an meistens nicht börsennotierten Gesellschaften zu beteiligen. Durch Umorganisation wird der Wert der erworbenen Firmen gesteigert, dann werden sie mit Gewinn verkauft. Das geschah früher vorzugsweise durch Börsengänge. Dieser Kanal ist seit der Finanzkrise verstopft. „Für Private-Equity-Firmen sind daher der Verkauf von Beteiligungen an größere Unternehmen der jeweiligen Branche, sogenannte Trade Sales, und der Weiterverkauf an Finanzinvestoren die dominierenden Ausstiegsvarianten geworden“, sagt Steffen Meister, Chef des Private-Equity-Verwalters Partners Group. Trotz des jüngst erfolgreichen Börsendebüts des Handelskonzerns DKSH in Zürich ist Meister skeptisch bei Neuemissionen in Europa. „Zwar sind viele Portfoliofirmen reif für einen Börsengang, potenziellen Investoren fehlt aber noch die Zuversicht. 2013 könnte es aber besser werden“, hofft Meister.

Weniger Kreditfinanzierung
Jede Krise hat auch eine gute Seite. Da Banken bei der Kreditvergabe seit der Finanzkrise sehr restriktiv sind, mussten Firmenjäger ihr Eigenkapital stärken. „Die verrückten Finanzierungen mit hohen Kredithebeln sind vorbei“, sagt Private-Equity-Forscher Christoph Kaserer von der TU München. Zudem seien die Portfolios nun gesünder als vor und kurz nach der Finanzkrise, da die als Heuschrecken geschmähten Finanzinvestoren ihren Beteiligungsmix bereinigen mussten. Großes Wachstum für den Sektor erwartet er zwar nicht, da dieser sich wegen der Regulierungsdiskussion im Schwebezustand befinde. Die Branche werde sich jedoch auf dem geschrumpften Niveau stabilisieren. „Viele Anleger halten aus Diversifikationsgründen an Private Equity fest“, sagt Kaserer. „Die niedrigeren Renditen — bedingt durch weniger Fremdkapitaleinsatz — werden in Kauf genommen, da Anlagealternativen auch wenig bringen“, erklärt Michel Degosciu, Geschäftsführer von LPX, eines auf Private Equity spezialisierten Züricher Analystenhauses. Er sieht gute Chancen bei börsennotierten Firmenjägern. Die könnten im unsicheren Umfeld rasch wieder abgestoßen werden, seien aber auch von der Bewertung her attraktiv. Die 50 größten Branchenvertreter, die im LPX-50-Index gelistet sind, notieren derzeit bei einem Buchwert von 0,73. Das heißt, der Börsenkurs weist einen Abschlag von 27 Prozent zum inneren Wert der Portfoliobeteiligungen auf. „Das ist historisch betrachtet einer der attraktivsten Abschläge überhaupt“, sagt Degosciu. Nur in der Finanzkrise und Ende 2011 seien die Buchwerte noch niedriger gewesen. Zudem haben die LPX-Analysten ermittelt, dass seit 1993 auf ein Jahr, in dem die Private-Equity-Titel im LPX 50 einen hohen Rabatt aufwiesen, fast immer zwölf Monate folgten, in denen sich die Beteiligungstitel positiv entwickelten und Standardaktien klar schlugen. Mit fast 80 Prozent Wahrscheinlichkeit folgten sogar drei Jahre, in denen der LPX 50 den MSCI-World-Index abhängte. Umgekehrt trifft das zwar nicht immer zu, aber meistens. 1999 und 2006 hatten Private-Equity-Aktien einen Aufschlag zum inneren Wert und verloren danach kräftig.

Hohe Geldzuflüsse
Positiv gestimmt für gelistete Beteiligungsaktien ist auch Markus Pimpl von Partners Group. Die inneren Werte seien zuletzt stetig gestiegen, auch weil es kaum noch Abschreibungen gebe. Obwohl der Markt für Börsengänge (IPOs) im zweiten Halbjahr 2011 weitgehend verschlossen gewesen sei, hätten die Gesellschaften durch Trade Sales und Verkäufe an andere Beteiligungsfirmen hohe Geldzuflüsse erwirtschaftet. „Das zeigt, dass der IPO-Markt nur eine begrenzte Rolle für den Erfolg von Private-Equity-Investitionen spielt“, so Pimpl. Das Geld verwendeten die Gesellschaften für Zukäufe im Portfolio, Schuldentilgung und Dividendenausschüttungen, die oft üppig seien. „Manche Firmen haben sogar Rückkaufprogramme angekündigt, weil sie ihre Aktien für unterbewertet halten“, merkt Degosciu an. Das sollte sich positiv auf die Börsenkurse auswirken. Interessant sei, dass 2010 und 2011 vier Fünftel der Portfolioverkäufe im LPX 50 über dem Buchwert realisiert wurden. „Das zeigt, wie verlässlich diese Bewertung ist“, erklärt Degosciu.

Dennoch sollten sich Anleger über das Risiko im Klaren sein. Aktien von Beteiligungsfirmen steigen zwar in Haussephasen stärker als Standardwerte, fallen aber in der Baisse auch viel tiefer. So stürzte der LPX-50-Index vom Hoch am 1. Juni 2007 bis zum Tief der Finanzkrise am 9. März 2009 in Euro um 83 Prozent ab, der MSCI-World-Index dagegen „nur“ um 53 Prozent. Von März 2009 bis Juli 2011 stieg der LPX 50 dann um 179 Prozent, der MSCI World dagegen nur um 64 Prozent. Ähnlich verhielt es sich nach dem Platzen der Technologieblase und dem nachfolgenden Börsenaufschwung zwischen 2003 und 2007. Auch von August bis Ende Dezember 2011 wiederholte sich das Muster. Ursache dafür ist, dass im Boom Gewinne gehebelt werden, in Krisen dagegen hohe Abschreibungen drohen. Durch die höhere Eigenkapitalausstattung und die geringere Kreditfinanzierung wird dieser Effekt künftig kleiner. Trotzdem handelt es sich um ein gehebeltes Aktieninvestment. Nur Anleger, die glauben, dass sich die Börsen positiv entwickeln, sollten einsteigen. Oder geduldige Investoren, die warten können, bis sich die Kurse den inneren Werten angleichen. Das unterscheidet sie von Rennfahrern — die wollen immer schnell ins Ziel kommen.