Seit dem 1. Januar 2023 müssen Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) für alle offenen und geschlossenen Publikumsinvestmentvermögen mit einer bestehenden Vertriebsanzeige ihren Anlegern sogenannte PRIIPs-KID zur Verfügung stellen – dafür entfällt die Pflicht, wesentliche Anlegerinformationen zur Verfügung zu stellen. Die Verordnung war bereits 2014 vom Europäischen Parlament verabschiedet worden und 2018 in Kraft getreten.


PRIIPs steht dabei für Packaged Retail and Insurance-based Investment Products – zu Deutsch: verpackte Anlageprodukte für Privatanleger und von Versicherungsanlageprodukten. Dazu gehören unter anderem offene Investmentfonds (OGAW), Alternative Investmentfonds (AIF), Exchange Traded Funds (ETF) und Exchange Traded Commodities (ETC), Zertifikate und Versicherungsanlageprodukte. Sprach man in Deutschland im allgemeinen Sprachgebrauch beim alten Format von den wesentlichen Anlegerinformationen (wAI), so spricht man bei den seit diesem Jahr geltenden PRIIPs-KID vom Basisinformationsblatt (BiB).


Ausnahmen bei der BiB-Pflicht gibt es für diejenigen Investmentfonds und AIF, die sich an professionelle Anleger richten.


EU-weite Vergleichbarkeit aller Publikumsangebote


Ziel der Verordnung ist, alle Finanzprodukte für Privatanleger europaweit miteinander vergleichbar zu machen. Das neue Informationsdokument unterscheidet sich nicht nur namentlich, sondern auch durch zahlreiche inhaltliche Unterschiede von den wAI. Über Sinn oder Unsinn mancher dieser Anforderungen für das BiB sind sich die Finanzproduktanbieter noch uneinig – es kommt die Frage auf, ob das Standard-Format des BiB tatsächlich gleichermaßen erfolgreich auf alle PRIIPs angewendet werden kann.


Das BiB wird laufend auf dem aktuellen Stand gehalten. So wird die Risikoklasse monatlich neu berechnet – ergeben sich hier (oder bei anderen Daten) Änderungen, müssen diese zeitnah im BiB angepasst werden. Aber auch ohne Änderung besteht die Pflicht, spätestens nach Ablauf von zwölf Monaten eine aktualisierte Version zu veröffentlichen.


Aufbau des BiB


Die Rahmenanforderungen an das BiB besagen, dass es nicht länger sein darf als drei Seiten, dass es „präzise, redlich und klar formuliert“ sein muss und die Anleger nicht in die Irre führen darf. Die Reihenfolge der Inhalte und Überschriften folgen einer klar definierten Vorlage.


Das Basisinformationsblatt ist unterteilt in acht Bereiche:



  1. Produkt

    Hier finden interessierte Anleger Angaben wie den Namen des Produkts und des Anbieters sowie Kontaktmöglichkeiten und das Erstellungsdatum des BiB. Auch findet sich bei komplexen Finanzprodukten an dieser Stelle der Hinweis auf die Komplexität und schwere Verständlichkeit des Produktes.



  2. Um welche Art von Anlageprodukt handelt es sich?

    Zu diesem Punkt gehören Angaben wie die Produktart, Laufzeit, Ziele und Kleinanlagerzielgruppe.



  3. Welche Risiken bestehen und was könnte ich im Gegenzug dafür bekommen?

    Der Risikoindikator (SRI=Summary Risk Indicator) beinhaltet eine Skala von 1 bis 7, wobei 1 das niedrigste, 7 das höchste Risiko kennzeichnet. Er setzt sich zusammen aus dem Marktrisiko und dem Kreditrisiko. Wichtig für die Anleger: Die Risikoklassen der BiB sind nicht identisch mit denen, die Anbieter offener Immobilienfonds zuvor in den wAI einen Synthetic Risk and Reward Indicator (SRRI) angeben mussten. Zwar verfügt auch der SRRI über eine Werteskala von 1 bis 7, die Risikoklasse ergibt sich aber aus der Berechnung der Volatilität auf Grundlage der historischen Fondspreise. Das bedeutet: Eine veränderte Risikoeinstufung ist nicht unbedingt damit gleichzusetzen, dass sich das Risiko des Produkts geändert hat – die Einstufung beruht lediglich auf anderen Berechnungsgrundlagen.


    Die Chancen, die das Investment mit sich bringt, werden über die verschiedenen Performance-Szenarien über die empfohlene Haltedauer dargestellt. Zu den in den wAI üblichen drei Performance-Szenarien – pessimistisches Szenario, Basisszenario und optimistisches Szenario – kommt im BiB ein weiteres hinzu: das Stressszenario.


    Das Stressszenario soll zeigen, was Anleger unter extremen Marktbedingungen zurückbekommen könnten.



  4. Was geschieht, wenn der Anbieter nicht in der Lage ist, die Auszahlung vorzunehmen?

    Dieser Punkt des BiB ist selbsterklärend. Bei Investmentprodukten wie AIF wird er um eine Information ergänzt, was bei einer Zahlungsunfähigkeit der Investment-KG selbst geschieht.



  5. Welche Kosten entstehen?

    Hier erfahren interessierte Anleger die Höhe der Gesamtkosten, welche Kosten bei einer Investition einmalig anfallen, welche laufenden Kosten pro Jahr es gibt und welche zusätzlichen Kosten anfallen können – all dies bezogen auf die empfohlene Haltedauer. Bei Produkten, die – im Gegensatz zu beispielsweise AIF – ständig (oder zumindest jährlich) handelbar sind, werden die gleichen Kosten bei Ausstieg nach einem Jahr Haltedauer mit aufgeführt.



  6. Wie lange sollte ich die Anlage halten, und kann ich vorzeitig Geld entnehmen?

    Hier werden Anleger je nach Anlageprodukt erhebliche Unterschiede feststellen. So ist ein Merkmal von AIF – umgangssprachlich auch „geschlossene Investmentfonds“ genannt, dass ein Ausstieg vor Ende der Laufzeit nicht vorgesehen und nur unter bestimmten Voraussetzungen über den sogenannten Zweitmarkt möglich ist – die „empfohlene Haltedauer“ entspricht in diesem Fall also dem Zeitraum, in dem Anleger unter normalen Umständen nicht auf ihr investiertes Kapital zugreifen können. Die Laufzeiten von AIF können sehr unterschiedlich sein. So gibt es Strategien mit Laufzeiten von zehn Jahren und länger, aber auch Kurzläuferangebote, bei denen das Kapital nur etwa drei bis fünf Jahre lang gebunden ist.


    Auch Anbieter offener Investmentfonds benennen meist eine empfohlene Haltedauer von drei bis zehn Jahren – bei Bedarf können die Anleger ihre Anteile aber schnell veräußern und über das investierte Kapital verfügen.



  7. Wie kann ich mich beschweren?

    Hier finden Anleger verschiedene Wege, über die sie sich beschweren können: von Telefonnummern, mit denen sie das interne Beschwerdemanagement des Anbieters erreichen, über Post- und E-Mail-Adressen bis hin zu den Kontaktdaten der zuständigen Ombudsstelle.



  8. Sonstige zweckdienliche Angaben

    Unter diesem Punkt können die KVGen bei Bedarf Informationen ergänzen – Disclaimer, Gültigkeit des BiB, weiterführende Links etc.




Kritik am BiB


Schon mit den wAI haben Anbieter übersichtlich, kurz und prägnant über wichtige Merkmale der Produkte aufgeklärt. Mit der Umstellung auf das BiB kommt es auf Seiten der Anbieter zu einem erhöhten operativen Aufwand, um nicht nur die komplexen Anforderungen des BiB, sondern auch die monatliche Überprüfung – gegebenenfalls inklusive Aktualisierung – umzusetzen.


Für etwaige Besonderheiten des Finanzproduktes bietet das BiB wenig Platz. Die BaFin fasste 2017 in einer Vorstellung des BiB zusammen: „Daher kann [der Anleger] nicht erwarten, dass das BiB auf ihn persönlich zugeschnitten ist. Dieses ist vielmehr eine abstrakte Information, dessen konkreter Adressat ein fiktiver Kleinanleger eines bestimmten Zielmarkts ist.“ Daran hat sich bisher nichts geändert.


Ein anderer Kritikpunkt ist der Risikoindikator SRI. Dieser gleicht, obwohl er auf völlig anderen Grundlagen beruht, stark dem SRRI. Dadurch kann bei interessierten Anlegern der Eindruck entstehen, das Produkt sei weniger riskant als zuvor. Eine Überarbeitung der BiB-Regulierungen vor dem 1. Januar 2023 erlaubt es den Anbieter nun zwar, Angaben zum Indikator zu machen und zu erklären, wie die Unterschiede in der Risikoklasse zustande kommen – wie sehr von dieser Möglichkeit jedoch Gebrauch gemacht wird, sei dahingestellt. Das Finanzinformations- und Analyseunternehmen Morningstar ist der Meinung, dass die Inhalte des BiB mit dieser und weiteren Änderungen verbessert worden seien, bedauert aber gleichzeitig, dass die EU-Kommission nicht weiter gegangen sei. „Die Aussicht auf eine weitere Runde von Änderungen, die sich aus einer künftigen Überarbeitung ergeben, hält die Hoffnung aufrecht, dass das KID zu einem vollwertigen Hilfsmittel für Anleger wird. Eine Reihe von Überarbeitungen in kurzer Folge wird dagegen die Kontinuität und Vertrautheit für die Anleger beeinträchtigen und die Kosten für die Hersteller erhöhen.“


Alles in allem bleibt abzuwarten, inwiefern das BiB unterschiedliche Angebote nicht nur vergleichbar machen, sondern auch die Merkmale sowie Risiken und Chancen der Anlageprodukte adäquat darstellen kann.