Acht Währungen


Eine Währung ist nicht nur Zahlungsmittel, sie gibt auch Auskunft über Staatsgebiete, über Staatsformen und Ideologien. Gerade die deutschen Gebiete, die in ihrer Geschichte oft ihre Form und Grenzen verändert haben, profitierten von einer gemeinsamen Währung. Der Reichstaler zum Beispiel war eine Silbermünze, die vom 16. bis zum 19. Jahrhundert im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation genutzt und dafür standardisiert wurde. Sie verband den Flickenteppich der vielen kleinen Bistümer, Erzbistümer, Fürstentümer und Kurfürstentümer, die das Heilige Römische Reich nach Ende der Glaubensstreitereien um Martin Luther und dem Westfälischen Frieden 1648 ausmachten. 1871 entsteht nach Ende des Deutsch-Französischen Krieges erstmals ein einheitliches deutsches Gebiet, das Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm I., das die Mark mit sich brachte. Im Rückblick wird sie als Goldmark bezeichnet, was auf ihren Feingoldgehalt anspielt und sie von späteren Münzen und Scheinen mit dem Namen Mark abgrenzt. Das Deutsche Reich verband das damalige Preußen mit den südlichen Königreichen, Herzog- und Großherzogtümern zum ersten deutschen Staatsgebiet.


Bezahlen unter Kaiser und Weimar


In seiner kurzen Geschichte von 1871 bis 1945 (man vergleiche es mit dem Heiligen Römischen Reich, das von 962–1806 bestand) weist das Deutsche Reich bedingt durch Weltkriege und politische Umwälzungen drei Währungen auf. Im Ersten Weltkrieg wurde die Ausgabe der Goldmark eingestellt. Stattdessen wurde das Papiergeld in Form von Reichskassenscheinen und Reichsbanknoten eingeführt. Nachdem der Erste Weltkrieg verloren und die Weimarer Republik gegründet worden war, stand das Deutsche Reich auf wackeligen Füßen: Hohe Reparationszahlungen, die im Versailler Vertrag festgesetzt wurden, eine traumatisierte Nachkriegsgesellschaft, extreme politische Strömungen und die Schmach der Niederlage torpedierten die Demokratiebestrebungen. Die Preise für Lebensmittel schnellten derart in die Höhe, dass eine Hyperinflation die Papiermark komplett entwertete. Scheine wurden in Pakete gebündelt und waren kaum das Papier wert, aus dem sie bestanden. Im November 1923 löste die Interimswährung Rentenmark das Inflationsgeld ab und beendete damit die Hyperinflation. Im Verhältnis eine Billion zu eins konnte die Bevölkerung ihr wertloses Geld umtauschen. Die Rentenmark deckte sich durch eine Hypothek auf den deutschen Grundbesitz und galt offiziell bis zur Reform im Oktober 1924, als sie von der Reichsmark ergänzt wurde. Obwohl nur die Reichsmark gesetzliches Zahlungsmittel wurde, ließen die Regierungen beide Währungen parallel im Verhältnis eins zu eins bis 1948 laufen. Die Rentenmark half dabei, das Vertrauen der von der Inflation traumatisierten Bevölkerung in das Zahlungssystem zu stärken. Die Menschen verbanden die Rentenmark mit dem Ende der Inflation, sodass die Währung großes Vertrauen genoss.


Vom Rückstau bis zum Euro


1929 setzte die Weltwirtschaftskrise der Reichsmark und der Gesellschaft zu. Im Nationalsozialismus finanzierte die Führung ihre Rüstungsausgaben mit Mefo-Wechseln. Das waren Handelswechsel der Scheinfirma „Metallurgische Forschungsgesellschaft mbH“, die in Zusammenarbeit mit der Reichsbank ausgegeben wurden. Die Wechsel waren nicht gedeckt und die Rückzahlung von vornherein auf fünf Jahre hinausgeschoben. Dadurch erhöhte sich die Geldmenge, was zu einer verdeckten und rückgestauten Inflation führte. Diese wurde erst 1943 spürbar, als die Reichsmark im Devisenhandel nicht mehr einzutauschen war. Bereits ab 1944 gaben die Alliierten Besatzer die Militärmark als Übergangslösung aus, die bis 1948 Bestand hatte. Mit der Teilung Deutschlands wurde die D-Mark eingeführt. In der BRD war sie von der Goldbindung des US-Dollars gedeckt. In der ehemaligen DDR nannte sich die Währung Mark der DDR, die bis zur Wiedervereinigung und der damit verbundenen Einführung der D-Mark genutzt wurde. 2002 folgte dann die Einführung des Euro, der die achte Währung in einem Jahrhundert deutscher Geschichte ausmacht.


Währung und Symbolik


Insbesondere in Deutschland ist die Währungsgeschichte eng mit der Landesgeschichte verknüpft. Auf den Münzen des Deutschen Kaiserreichs fand sich der Bundesadler mit der Kaiserkrone über dem noblen Haupt, das Konterfei des Monarchen war auf die Kopfseite eingeprägt. Im dritten Reich wurde das Hakenkreuz unter den Bundesadler gesetzt. Auf den deutschen Euromünzen finden sich historische Symbole deutscher Geschichte: Das Eichenlaub fand sich auch auf den Pfennigen, das Brandenburger Tor steht für die Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands und ist das Wahrzeichen der Hauptstadt, während der Bundesadler seit 1950 für die Souveränität Deutschlands steht. Auch in anderen Ländern finden sich geschichtliche Spuren zum Beispiel in der Symbolik der Münzen. So steht bis heute auf dem Zwei-Euro-Stück Frankreichs die Parole der Französischen Revolution von 1789 „Liberté, Égalité, Fraternité“. Auf dem Rand der Zwei-Euro-Münze stehen die Säulen der Demokratie: „Einigkeit und Recht und Freiheit“.


Kaufkraft der Währungen heute


„Fünfzig Euro? Das sind ja hundert Mark! Was ich mir damit alles hätte kaufen können!“ In den Köpfen der Menschen ist die D-Mark eng mit Wirtschaftsaufschwung und Stabilität verbunden. In ganz Europa gibt es noch (vor allem ältere) Menschen, welche den Euro empört in ihre alte Heimatwährung umrechnen – zum Umrechnungskurs des Jahres 2002. Die Kaufkraft der Währung nimmt jedoch mit der Inflation stetig ab. Und auch die D-Mark verlor im Laufe ihrer Existenz drei Viertel ihrer Kaufkraft. Ein einfaches Beispiel deckt das auf: Bezahlte meine Mutter in ihrer Kindheit in den späten Sechzigern noch fünf Pfennig für eine Kugel Eis, musste ich als kleines Mädchen in den Neunzigerjahren bereits eine Mark pro Kugel hinblättern. 2022 lag der Durchschnittspreis für eine Kugel Eis bei 1,47 Euro, in Großstädten wird gerne ein Spitzenpreis von 2,10 Euro verlangt. „Das sind ja 4,20 Mark“, werden die Feinde des „Teuro“ jetzt rufen, doch das stimmt nicht. Die 2,10 Euro wären im Jahr 1997 2,65 D-Mark gewesen. Das lässt sich mit einem Inflationsrechner feststellen. Den Preis hätte ich immer noch unverschämt gefunden, dennoch ist er weit entfernt von 4,20 D-Mark. In einer aktuellen Umrechnungstabelle der Bundesbank können Hobbywährungsforscher die Kaufkraft aller vergangenen Währungen einsehen.


Auf und ab – wie der Wert der Währung die Börsen beeinflusst


Währungen sind eng mit dem politischen Geschehen verbunden. Sie wirken sich jedoch auch auf die Wirtschaft und das Investmentverhalten der Anleger aus. Staaten werten ihre Währungen ab, wenn sie die Exporte ankurbeln und den Konsum der Verbraucher anregen. Das BWL-Lexikon erklärt das mit einem einfachen Beispiel: „Die Abwertung einer Währung führt dazu, dass der Euro statt 1,50 Dollar nur noch 1,0 Dollar wert ist. Statt einem Kaufpreis von 150 Dollar kostet die Ware nunmehr nur noch 100 Dollar. Dies bedeutet, dass immer mehr Personen aus den USA nun europäische Waren für weniger Geld kaufen.“ Das gezielte Abwerten der eigenen Währung funktioniert über die Senkung des Leitzinses. So wird Geld verbilligt, weil es leichter wird, Kredite zu erhalten. Der umgekehrte Fall findet aktuell statt: Um die Inflation einzudämmen, heben die Zentralbanken die Leitzinsen an. Das Geld wird teurer und die Währung aufgewertet. Importe werden so attraktiver, gleichzeitig verteuern sich Exporte.


Auch Anleger sollten die Wertschwankungen beachten. Wie wallstreet-online.de berichtet, richtet sich der Blick der Privatanleger zunehmend auf ausländische Aktien. Wird die Fremdwährung jedoch abgewertet, rutscht auch der Aktienkurs nach unten. Wer Aktien direkt in der Fremdwährung erwerben will, muss zudem ein Fremdwährungskonto eröffnen. Einige Anleger nutzen sogar die Währungsschwankungen, um damit Rendite zu erzielen.


Das liebe Geld


Die Währung ist nicht nur Zahlungsmittel, sondern ein Instrument für Politik und Wirtschaft. Sie kann gezielt beeinflusst werden, um Handel und Konsumverhalten zu lenken. Deutschlands Währungsgeschichte ist hochturbulent, vergleicht man sie zum Beispiel mit der Geschichte des US-Dollars, der seit 1785 Zahlungsmittel in den USA ist. Gleichzeitig können Wirtschaft und Gesellschaft aus den Fehlern der Vergangenheit Lehren ziehen und so drohende Währungskrisen erkennen und verhindern. Der Euro ist eine der stabilen und starken Leitwährungen der Welt, um die sich die Europäische Zentralbank kümmert. Ob er für immer Bestand haben wird, wird die Zeit zeigen.