1. Annahme: Mit einem ETF bin ich immer breit gestreut und mein Depot ist bestens aufgestellt


Richtig ist, dass ETFs auf verschiedene Weise einen Index – also eine z.B. länder- oder branchenspezifische Bündelung bestimmter Börsenwerte – nachbilden. Während man also mit Einzelaktien schon sehr viel Kapital, Researchaufwand und Zeit investieren muss, um eine gewisse Streuung seines Vermögens zu erzielen, kauft man mit einem ETF gleich einen ganzen Markt. Genau dies ist aber auch gleich der Knackpunkt: Wer sich drei bis fünf ETFs ins Depot legt, die aber doch alle auf den Heimaktmarkt fokussieren oder die aufgrund ihrer zugrundegelegten Indizes eine Häufung bestimmter Werte aufweisen, läuft hier in die Falle. Bedenken Sie immer: Auch ein ETF bildet nur einen Marktausschnitt ab! Als Anleger kommt man daher nicht umhin, sich eine Auswahl an ETFs auszusuchen, die möglichst nicht miteinander korrelieren. Beliebt sind die großen Börsenindizes, wer eine spekulativere Note hinzufügen möchte, kann sich zusätzlich z.B. im Technologiebereich umsehen oder einen Biotech-ETF hinzunehmen. Wer Outperformance über bestimmte Anlagestrategien oder Marktsegmente erzielen möchte, kommt an aktiven Fonds aber kaum vorbei – die Mischung bestimmt den Erfolg!


     2. Annahme: ETFs sind börsentäglich handelbar – damit werde ich zum Daytrader


Korrekt ist: Die Abkürzung ETF steht für Exchange Traded Funds, womit die Handelbarkeit an der Börse zum Ausdruck kommt. Denn anders als aktive Investmentfonds werden ETFs nicht über eine Fondsgesellschaft, sondern eben ausschließlich an der Börse gehandelt. Der Nettoinventarwert (NAV) des ETFs wird zudem ständig aktualisiert – bei Investmentfonds geschieht dies nur einmal am Tag. Dies suggeriert, dass sich ETFs auch zum Daytrading eignen, um kurzfristige Marktopportunitäten auszunutzen. Wer ETFs mit dieser Absicht kauft, wird sich allerdings keinen Gefallen tun. Zum einen ist das Thema Daytrading und damit die ewige Frage nach dem optimalen Timing an der Börse sehr umstritten. Statt den besten Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf eines Papiers zu erwischen, ärgern sich viele Börsianer eher darüber, zu früh oder zu spät reagiert zu haben. Denn: Börse ist immer langfristig! Wer sich etwa die Entwicklung des weltweiten Börsenindex MSCI World ansieht, wird mit einem langen Atem über die Jahre besser abschneiden, als es durch hektische Handelsaktivität möglich wäre. Auch bei ETFs gilt daher, dass man diese über einen längerfristigen Anlagehorizont halten sollte. Kurzfristige Schwächephasen in den großen breit streuenden Indizes gleichen sich über die Jahre in der Regel wieder aus. Bei kleineren und spekulativeren Indizes hilft ein jährlicher Depotcheck, bei dem man sich dann von dauerhaften Verlustbringern auch trennen sollte.


3. Annahme: ETFs sind aufgrund ihrer Kostenstruktur immer zu bevorzugen


Hier muss man genau hinsehen. Richtig ist, dass ETFs gegenüber aktiv gemanagten Fonds eine geringere Gesamtkostenquote aufweisen. Denn dahinter sitzt kein Fondsmanager, dessen Leistung vergütet werden muss, sondern der ETF bildet lediglich einen Vergleichsindex ab. Wie aber auch bei den aktiven Fonds, deren Kosten sich z.T. sehr deutlich voneinander unterscheiden, sollte die Kostenquote allein nicht ausschlaggebend sein. Es empfiehlt sich vielmehr, die Kosten ins Verhältnis zur erzielten Performance zu setzen. Ja, ein aktiver Fonds kostet Geld. Aber dafür besteht hier auch die Chance, eine Überperformance zu erzielen. Auch wenn dies einiges an Research erfordert, um solche Fondsperlen zu finden – es gibt sie. Mit einem ETF hingegen geht man immer mit dem Markt. Man wird den Index niemals outperformen und Markteinbrüche schlagen sich ungebremst im Depot nieder – daran ändert auch die günstige Kostenstruktur nichts.


4. Annahme: ETFs sind absolut transparent – da weiß ich, was ich kaufe


Leider nicht ganz! Wer glaubt, mit einem Dax-ETF kauft man ausschließlich Dax-Werte, irrt. Denn ETFs bilden je nach Konstruktion ihren Vergleichsindex unter Umständen synthetisch ab. Das heißt, dass die Werte des Index nicht direkt erworben werden, sondern über ein Tauschgeschäft („Swap“) abgebildet werden. Der ETF ertauscht sich hierbei lediglich die entsprechende Indexrendite bei einem Finanzinstitut. Der Anleger hat dann am Ende nicht den beispielhaften Dax-Titel im Portfolio, sondern vielleicht ein chinesisches Unternehmen, das vergleichbare Werte liefert. Dieses Verfahren ist nicht „gefährlich“ oder schädlich. Möchte man jedoch gerne wissen, wohin sein Geld fließt, sollte auf die Replikationsmethode des ETF geachtet werden. Physisch replizierende ETFs bilden den Index eins zu eins ab. Wer hingegen ein „Gesicht“ hinter den Investments präferiert, auf z.T. langjährig renommierte Fondsgesellschaften vertraut und gerne mehr über die Titelauswahl oder aktuelle Markteinschätzungen erfahren möchte, ist mit einem aktiven Fonds besser bedient.


5. Annahme: ETFs sind ideal für Einsteiger geeignet, damit kann nichts schiefgehen


ETFs haben ihre Wurzeln in den 1970er Jahren, ihren Siegeszug in der Masse haben die passiven Fonds allerdings erst in den vergangenen Jahren angetreten. Die geringen Kosten und die vermeintliche Transparenz lassen die Produkte geradezu als ideal für Börsenneulinge erscheinen. Doch hier sollte man eine gesunde Portion Vorsicht walten lassen. Denn ETFs sind letztlich ebenfalls komplexe Finanzprodukte – allein die Methode, wie die Titelzusammensetzung zustande kommt, erfordert wie oben angeführt die Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen. Daher gilt wie immer der Grundsatz: Investieren Sie nur in Produkte, die Sie verstehen.  Dies reicht von der Konstruktion der Anlageprodukte über das jeweilige Marktumfeld bis hin zu steuerlichen Aspekten. Wer dies beachtet und sein zur Verfügung stehendes Anlagekapital auf verschiedene Fonds und ETFs, Branchen und Regionen streut und kein Geld bei der Depotführung verschenkt, wird an der Börse seinen Spaß haben!