Wer derzeit auf der Suche nach einer Wohnung oder einem Eigenheim ist, bekommt die enormen Preissteigerungen am deutschen Immobilienmarkt direkt zu spüren. Vor allem in den Metropolen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart waren im ersten Halbjahr 2016 starke Preisanstiege zu verzeichnen. Wie der Immobiliendienstleister Jones Lang Lasalle ermittelt hat, lag der Quadratmeterpreis für eine Eigentumswohnung im ohnehin schon extrem teuren München in den ersten sechs Monaten des Jahres bei 6.490 Euro. Im ersten Halbjahr 2015 waren es noch 5.770 Euro pro Quadratmeter. Dies entspricht einer Zunahme von 12,5 Prozent. In den übrigen genannten Städten waren die Steigerungen zum Teil sogar noch ausgeprägter. So mussten Wohnungskäufer in Leipzig im ersten Halbjahr 2015 im Schnitt noch 1.350 Euro pro Quadratmeter aufbringen, im ersten Halbjahr 2016 waren es schon 1.620 Euro – das sind 20 Prozent mehr.

Läuft der deutsche Immobilienmarkt also heiß? Wenn es nach Ansicht der Analysten von der Commerzbank geht lautet die Antwort: Ja, „der Immobilienboom in Deutschland nimmt immer mehr die Züge einer Blase an.“ Die Ökonomen hatten schon zu Jahresbeginn vor Übertreibungen am Immobilienmarkt gewarnt, inzwischen hätten sich die Anzeichen für eine Blasenbildung jedoch verstärkt. Denn, so argumentieren die beiden Studien-Autoren Dr. Ralph Solveen und Dr. Marco Wagner, die Häuserpreise koppeln sich mehr und mehr von den Fundamentalfaktoren ab. Seit 2010 seien die Immobilienpreise schneller gestiegen als Mieten, Verbraucherpreise und das Einkommen der privaten Haushalte. Demnach hätten sich die Nettokaltmieten zwischen 1975 und 1999 pro Jahr um mehr als vier Prozent erhöht. Seit dem Jahrtausendwechsel habe das jährliche Plus bei etwa konstant gut einem Prozent gelegen. In der ersten Jahreshälfte 2016 hingegen betrug das Plus bei den Immobilienpreisen im Schnitt gegenüber dem Vorjahr fünf Prozent. Zwar seien die entsprechenden Relationen immer noch deutlich niedriger als vor dem Jahrtausendwechsel, dies sei aber „kein Grund zur Entwarnung“. Denn damals war die Inflation deutlich höher, weshalb auch die (nominalen) Einkommen und die Mieten schneller zulegten. Insbesondere in Relation zu Mieten und zum Verbraucherpreisindex lägen die Preise inzwischen bereits deutlich höher und auch in Relation zu den Einkommen seien die Häuserpreise inzwischen so hoch wie 2003.

Als wichtigsten Treiber für den Preisboom machen die Ökonomen die expansive Geldpolitik der EZB verantwortlich, an der sich auf absehbare Zeit kaum etwas ändern dürfte. Eine ähnliche Entwicklung sei bereits im Vorfeld der verheerenden US-Immobilienkrise von 2007 zu beobachten gewesen. Im Rückblick hätten die Probleme dort schon im Jahr 2003 begonnen, als die Zinsen nicht mehr gefallen, die Preise aber weiter gestiegen seien. Der Anstieg der Immobilienpreise wurde demzufolge nicht mehr durch die Aussicht auf sinkende Zinsen ausgeglichen. Und obwohl Immobilien somit immer schwerer zu finanzieren waren, griffen viele Privathaushalte bei Hauskauf-Darlehen zu. Die Blase platzte schließlich, als die Zinsen später wieder anzogen. Im Hinblick auf Deutschland warnen die Experten daher: Sollte die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen im Verlauf des nächsten Jahres allmählich steigen und würden die Hypothekenzinsen ebenfalls nach oben klettern, würden die Spannungen am Häusermarkt weiter zunehmen – auch wenn das Platzen einer Blase kaum prognostizierbar sei.

Positiv bewerten die Autoren im Hinblick auf die Situation in Deutschland, dass hierzulande keine Schuldenexzesse wie z.B. während der Blasen in den USA oder in Spanien zu beobachten seien. Die Verschuldungsquote der privaten Haushalte in Deutschland sei bis Ende 2015 sogar eher gefallen. Deshalb dürfte der hiesige Immobilienmarkt weniger anfällig gegenüber steigenden Zinsen sein. Die Risiken könnten nach Ansicht der Analysten jedoch steigen, wenn es in Deutschland zu einem Bauboom käme. Denn dann würde auch der zweite Treiber für den starken Preisanstieg – die Wohnungsknappheit in den Metropolregionen – an Bedeutung verlieren. Bisher könne davon jedoch nicht die Rede sein.