Healthcare-Titel haben im Zuge einer Sektorrotation bereits zu Jahresbeginn überproportional nachgegeben. Vor allem hochbewertete Titel erfuhren Rücksetzer. Ähnliches gilt für ambitioniert bewertete Technologieaktien, die ebenfalls unter erhöhter Risikoaversion von Investoren litten. Der russische Angriff auf die Ukraine verstärkte diese Entwicklung. Im Ergebnis notiert der Fondita Healthcare (ISIN: FI4000321096) deutlich im Minus. Die Analyse von Janna Haahtela zeigt: Bislang reduzierte sich der durchschnittliche KGV europäischer Healthcare-Aktien von Anfang des Jahres von 29 auf 21 Ende des ersten Quartals. „Und dies, obwohl die Gewinne der Unternehmen weiter steigen.“ Die ersten Earnings Calls im April hätten durchschnittliche Gewinnsteigerungen um 21 Prozent erbracht.


Die niedrigeren Kurse seien demnach ganz überwiegend nicht auf schlechte Zahlen oder schlechte Forecasts, sondern Umschichtungen von Investoren in Bereiche wie Mining, Metals und fossile Energien zurückzuführen. Diese ersten Berichte sind zwar nicht repräsentativ, zeigen aber einen weiter positiven Trend im Sektor. Die übergreifenden Mega-Trends wie der demografische Faktor mit einer immer älter werdenden Bevölkerung, Wellbeing mit stetig steigenden Ausgaben für Gesundheit und Vorsorge, Klimawandel mit den daraus resultierenden gesundheitlichen Belastungen und schließlich die Digitalisierung des Gesundheitssystems sind intakt, „und deshalb auch die Aussichten von Healthcare-Titeln“.


Nachfrage gegeben – und weiter steigend


Haahtela betont, dass die Produkte und Lösungen der Healthcare-Unternehmen mehr denn je benötigt würden und ein Nachfrageproblem nicht zu erkennen sei: „Der Bedarf ist gegeben und steigt.“ Im Fondsportfolio denke sie weiterhin sehr langfristig und weniger in Opportunitäten. Deshalb ist zum Beispiel der Anteil der Biotechnologie deutlich geringer als im MSCI World HC-Index. Dafür sind Equipment und auch Services übergewichtet. An der Strategie eines „High convictions“ Portfolios, also einer sehr konzentriert zusammengestellten Auswahl der Unternehmen, von denen das Management am meisten überzeugt ist, wird festgehalten. Anfang Mai waren 38 Titel versammelt. Neben einigen bekannten Blue Chips finden sich auch eine Reihe kleinerer Unternehmen im Fonds. Motto: Schweizer Präzision und nordische Gelassenheit. Wir haben uns einmal näher mit einigen Einzeltiteln befasst und analysiert, warum es Rückschläge gab – und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das gegebene Portfolio sich schnell erholt und so das Resilienz-Versprechen des Sektors erfüllt.


Produktionswissen für Arzneimittel


Unternehmen mit neuen Wirkstoffen zählen zu den Lieblingen an der Börse, doch die zahllosen Medikamente müssen auch qualitätssicher in hohen Mengen produziert werden. An diesem Punkt kommt die Siegfried Holding aus der Schweiz ins Spiel. Siegfried entwickelt und produziert pharmazeutische Aktivsubstanzen für die Pharmaindustrie – also vieles von dem, was man in den Packungsbeilagen als Zutaten findet. Hinzu kommen Entwicklungs- sowie Herstellungsdienstleistungen für die fertig formulierten Arzneimittel inklusive steriler Abfüllung. Das Unternehmen hat den Umsatz in den vergangenen sechs Jahren mehr als verdoppelt, auch durch Spartenzukäufe von BASF und Novartis. 2021 wurde erstmals mehr als eine Milliarde CHF umgesetzt, genau 1,102 Milliarden CHF. Der Reingewinn fiel mit 95,3 Millionen CHF um 31,4 Prozent höher aus als im Vorjahr. Angesichts des Gewinns pro Aktie von 22,60 CHF errechnet sich bei aktuellen Kursen ein KGV 2021 von 28. In der zweiten Jahreshälfte 2021 hatte Siegfried mit der Herstellung („Fill & Finish“) des Impfstoffs Comirnaty von BioNTech begonnen. Zusätzlich hat Siegfried einen Liefervertrag mit dem US-amerikanischen Biotech-Unternehmen Novavax für deren Impfstoff Nuvaxovid abgeschlossen und den Fertigungsprozess etabliert. Allein das erwartbare Wachstum aus diesen Deals drückt das KGV auf unter 25.


Luxus-Implantate boomen


Mit der Straumann Group macht ein weiterer Schweizer Wert mit hohem Wachstum auf sich aufmerksam. Straumann hat sich auf Kieferorthopädie, CAD/CAM-Prothetik und Implantologie spezialisiert, vor allem die hochpreisigen Implantate sorgen für immense Deckungsbeiträge. Die Straumann Group erzielte 2021 erstmals mehr als zwei Milliarden CHF Umsatz, wobei Wachstum über alle Regionen zu sehen war. Das organische Umsatzwachstum belief sich auf 41,7 Prozent, wobei einige Währungseffekte negativ dämpften. Letztlich stieg der Gewinn pro Aktie um etwa 50 Prozent auf 24,70 CHF. Die Dividende wird auf 6,85 CHF angehoben. Im Jahresbericht bekennt sich der Vorstand ausdrücklich dazu, die Dividende weiterhin erhöhen zu wollen. Strategisch sieht sich Straumann im wachsenden Markt sehr gut aufgestellt, das mittelfristige Ziel lautet mehr als fünf Milliarden CHF Umsatz zu erreichen, auch durch Akquisitionen. Das erste Quartal 2022 wurde mit organischem Wachstum in Höhe von 28 Prozent absolviert. Vor diesem Hintergrund ist der Rückgang des Aktienkurses um mehr als 30 Prozent nicht auf interne Probleme, sondern Umschichtungen von Investoren zurückzuführen, die die ordentlichen Kursgewinne der vergangenen Jahre mitgenommen haben.


Integrierter Gesundheitsdienstleister


Ein besonders krasses Beispiel eines Kursrückgangs stellt Medicover AB aus Schweden dar. Dieses Unternehmen verlor binnen Wochen mehr als die Hälfte der Notierung. Der Gesundheitsdienstleister ist in zwei Segmenten tätig: Diagnostik und Service in Zentral- und Osteuropa sowie Indien. Die Diagnostiksparte deckt mit 99 Laboren, einer Vielzahl von Blutabnahmestellen und 24 Kliniken einen Bereich ab, der während der Pandemie ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte. Offenbar haben hier Investoren das Abflachen der Pandemie als Anlass genommen, Gewinne mitzunehmen. Die Servicesparte betreibt 32 Krankenhäuser und mehr als 60 Zahnkliniken. Hinzu kommen Reha-Zentren, medizinische Gyms und Reproduktionskliniken. Medicover kam mit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine besonders kräftig unter die Räder. Obwohl nur acht Prozent des Umsatzes in der Ukraine getätigt werden, sackte der Kurs ab. 2021 hatte das Unternehmen dennoch Rekordumsatz in Höhe von 1,377 Milliarden Euro vermeldet und das Ergebnis pro Aktie auf 0,68 Euro mehr als verdreifacht. Die Dividende beträgt 0,12 Euro, der Vorstand hat sich 0,50 Euro mittelfristig als Ziel gesetzt. Das erste Quartal 2022 war das beste der Unternehmensgeschichte, sodass Medicover trotz Kriegs in der Ukraine auf Kurs ist.


Hörgeräte aus Dänemark


Als Telegraphenunternehmen 1869 gegründet, zählt die GN Store Nord A/S aus Dänemark heute zu den weltweit führenden Herstellern von Hörgeräten. Während das Unternehmen für 2021 Umsatzwachstum in Höhe von 20 Prozent auf 2,7 Milliarden DKK und 43 Prozent Gewinnwachstum auf 13,90 DKK pro Aktie vermeldete, zerbröselte der Kurs von 79 Euro im Juli 2021 auf unter 30 Euro im April 2022. Die Dividende für das Jahr beläuft sich auf 1,55 DKK. Tatsächlich war das erste Quartal 2022 dann mit leichten Umsatz- und Gewinnrückgängen belastet. Diese haben laut Management aber nichts mit der Nachfrage, sondern mit Lieferkettenproblemen zu tun. Für das Gesamtjahr 2022 prognostiziert das Unternehmen fünf bis zehn Prozent organisches Umsatzwachstum sowie zehn Prozent Gewinnwachstum als Guidance. Angesichts der Marktstellung der Dänen, die auch im nicht-medizinischen Bereich etwa mit Headsets aktiv sind, und des demographischen Faktors mit zunehmendem Bedarf nach Hörhilfen, ist auch bei GN Store Nord die Erholung des Kurses wahrscheinlich.


Pharmaunternehmen speziell für weibliche Kunden


Bei Mithra Pharma aus Belgien handelt es sich um ein Biotech-Unternehmen, das sich ganz der Frauengesundheit verschrieben hat. Mit dem Estretol genannten Wirkstoff wurde 2021 ein neuartiges Kontrazeptivum unter dem Handelsnamen Estrelle weltweit auf den Markt gebracht. Aktuell befindet sich ein Wirkstoff in der klinischen Phase-3 der Tests, der als Basis für eine neuartige Behandlung von Menopause-Beschwerden unter der Marke Donesta eingesetzt werden soll. Weitere Wirkstoffe befinden sich in früheren Testphasen, insbesondere im Bereich Enzephalopathie für Neugeborene. Mithra hat 2021 den Umsatz zwar auf 22 Millionen Euro verdoppeln können, ist mit –9,25 Euro als Ergebnis pro Aktie aber noch defizitär. Dem stehen die Chancen der neu eingeführten „Pille“ sowie der Einführung des Menopause-Präparats in 2023 gegenüber.


Fazit


Vieles spricht dafür, dass die aktuelle Kursdelle einen aussichtsreichen Zeitpunkt zum Einstieg darstellt – dennoch kann die Kursentwicklung natürlich nicht eindeutig prognostiziert werden. Weiterhin kann kein Zweifel daran herrschen, dass Healthcare-Fonds aus Diversifikationsgründen ins Stiftungsportfolio gehören. Hervorzuheben ist, dass das Fondsmanagement die klare Linie beibehält, investiert bleibt und lediglich kleinere Adjustierungen vornimmt. Dabei konnte auch noch der Umweltscore verbessert werden. Der liegt nun bei AA von MSCI ESG, der CO2-Footprinnt wurde auf 28,3 Tonnen pro Millionen US-Dollar Umsatz gedrückt.


Zum Autor: Dieses Text wurde von Stefan Preuß im Auftrag von www.stiftungsmarktplatz.eu erstellt. Er ist freier Autor, spezialisiert unter anderem auf das Segment Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds. Er fungiert zudem als Redaktioneller Leiter für die FondsFibel für Stiftungen & NPOs (www.fondsfibel.de).