Zielinvestments mit Renditecheck


Infrastrukturfonds erfreuen sich in Zeiten minimaler Zinsen hoher Beliebtheit. Das ist auch daran zu erkennen, dass stetig neue Fonds aus dem Genre aufgelegt werden. ClearBridge Investments, eine US-Investmentboutique mit einer eigenen nur auf Infrastruktur spezialisierten Investmenteinheit in Australien unter dem Dach von Franklin Templeton, hat den Fonds (ISIN: IE00B19Z3920) bereits vor 15 Jahren an den Start gebracht. Gemanagt wird er von „Infrastrukturexperten, die Investments verwalten, nicht Anlageverwalter, die Infrastruktur managen“, wie es selbstbewusst heißt. Der ClearBridge Infrastructure Value Fund investiert in gelistete Infrastruktur, insbesondere in Segmente mit behördlich regulierten Rahmenbedingungen, wie vertraglich abgesicherten Energieunternehmen sowie Infrastruktur mit Nutzern, die „per use“ für das jeweilige Angebot bezahlen.


Das Portfolio aus 30 bis maximal 60 Aktien wird nach einer klassischen makroökonomischen Analyse (top-down) in Verbindung mit einer Fundamentalanalyse (bottom-up) der Zielunternehmen konstruiert. Das Sondervermögen wird nicht an einem Referenzindex orientiert, vielmehr müssen sich alle Zielinvestments einem Renditecheck unterziehen. Im Ergebnis steht ein Portfolio, das nicht nur die durchschnittliche Inflation der G7 über einen vollen Konjunkturzyklus ausgleicht, sondern eben auch noch eine Rendite nach Inflation abwirft. Dabei ist der Fonds nicht durch feste Quoten in den Allokationsentscheidungen beschränkt. Aus Diversifikationsgründen wird natürlich dennoch auf hinreichende Verteilung über Regionen und Sektoren geachtet. Vor allen Dingen die Verteilung über unterschiedliche Staaten und Regionen sorgt für unterschiedliche regulatorische Vorgaben. Die Gewichtung einzelner Aktien im Fonds und die fortlaufende Anpassung erfolgt auf Basis der erwarteten Renditen, insbesondere auf einem elaborierten Ansatz zur Prognose der Dividenden der Zielunternehmen.


US-amerikanische Versorgungsunternehmen im Fokus


Jeder Kaufprozess ist letztlich nur so ertragreich wie die Qualität des Verkaufsprozesses. Clearbridge hat hierzu ein Verfahren entwickelt, das die stete Überprüfung der Rangfolge der Renditen ausgelöst. Entsprechende Aufwärts-/Abwärtstrends in der Szenarioanalyse deuten auf Verschiebungen der Risiko/Rendite-Relation hin – mit entsprechenden Auswirkungen für die Gewichtung der Titel. Veränderung der Anlagethese beziehungsweise des Auslösers für einen Kauf oder die Feststellung eines erhöhten Risiko (einschließlich Governance-Themen und/oder regulatorisches Umfeld) können ebenfalls Verkaufsaufträge generieren.


Grundsätzlich hält das Management die aktuelle Situation für besonders aussichtsreich in Infrastruktur zu investieren, da zurückblickend betrachtet einschlägige Investments gerade in Zeiten von Zinserhöhungsperioden besser performt haben als der MSCI World. Als derzeit aussichtsreiche Themen wurde insbesondere die Dekarbonisierung identifiziert. Entsprechend erfolgen Investitionen in erneuerbare Energieerzeugung dort, wo entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen attraktive Renditen versprechen. Als aussichtsreich sieht ClearBridge US-amerikanische Versorgungsunternehmen an, da die Bewertungsparameter wie KGV oder Dividendenrendite besonders attraktiv seien.


Das Thema „Erholung nach Corona“ erachtet das Management als weiteren Investment Case. „Mit Aufhebung der Lockdowns erholen sich die Straßen am schnellsten“, lautet eine Feststellung die darauf abzielt, dass sich die Mauteinnahmen für Autobahnen, Brücken und Tunnel relativ am schnellsten erholen, während zum Beispiel Flughäfen längere „recovery periods“ von bis zu vier Jahren absolvieren. Der Schienenverkehr profitiere ebenfalls zeitnah vom Wirtschaftsaufschwung mit zunehmender Mobilität in den USA.


Die großen Investitionsprogramme in den USA (1,2 Billionen US-Dollar sind bereits für Infrastruktur vom Kongress freigegeben) und Europa (die 750 Milliarden Euro des Aufbaufonds) sind ein großes Thema, das die Manager des Fonds in ihre Entscheidungen miteinbeziehen. Schließlich wird ein weiterer Schwerpunkt in Investitionen vorgenommen, die im Zusammenhang mit dem Ausbau des 5G-Netztes stehen. Hier sieht ClearBridge erhebliche Investitionen der Frachtunternehmen, den Zwang zur Verbesserung und Verdichtung kleinteiliger Netzwerke und sieht vor allem börsennotierte Mobilfunkmastenanbieter als Profiteure der Entwicklung.


Nachhaltige Ausrichtung bereits mit Fondsauflage implementiert


Der Fonds erfüllt die Voraussetzungen nach Artikel 8 der Offenlegungsverordnung der EU und ist somit ausgewiesen nachhaltig. Das Infrastrukturteam hatte ESG-Faktoren seit der Auflegung des Fonds in den Prozess einbezogen. ClearBridge hatte schon 2008 die UNPRI unterzeichnet. Das Infrastrukturteam war der erste australische Kunde von Sustainalytics bereits im Jahr 2012. In der Portfoliokonstruktion nähert sich das Management dem Thema ganz pragmatisch durch eine Risiko-Bewertung der Nachhaltigkeitspositionen an. Dabei geht es unter anderem um das Vorgehen des Managements und gegebenenfalls ergriffene Eindämmungsmaßnahmen gegen bekannt gewordene Risiken. Für einzelne Themen innerhalb des Investmentkosmos wird ein relativer Score erarbeitet und innerhalb des Themas ein best-in-class-Ansatz umgesetzt. Das Fondsmanagement steht nicht nur im ständigen Kontakt mit den Entscheidern der Zielunternehmen, sondern stimmt bei Hauptversammlungen auch aktiv ab. Zum ESG-Monitoring zählen auch der stete Austausch mit Regulierungsbehörden und Regierungen sowie mit externen ESG-Experten.


Der Blick ins Portfolio zeigt, dass aktuell Enbridge, Exelon und Union Pacific mit jeweils mehr als 4,5 Prozent Anteil am Fonds die Top Picks anführen. Enbridge mit Firmensitz in Calgary betreibt in Kanada und den USA das weltgrößte Rohöl- und Flüssigkeiten-Pipeline-System. Das Leitungssystem weist eine Länge von 13.500 Kilometern auf. Das hört sich erstmal nicht sonderlich nachhaltig an, tatsächlich zählt Enbridge zu den so genannten Transitioners, die erheblich ESG-Anstrengungen unternehmen. Das umfasst das Ziel der Klimaneutralität als Unternehmen durch massive Investitionen in erneuerbare Energien, aber auch soziale Projekte wie mehr Mitsprache für Anlieger der Pipeline-Trassen und mehr Diversität in der Belegschaft.


Exelon zählt zu den größten Versorgern in Nordamerika. Auch dieses Unternehmen baut die Kapazität zur nachhaltigen Energieerzeugung stark. 613 MW Photovoltaik- und 746 MW Windenergieleistung sind einstweilen noch überschaubar, wachsen aber stetig. Mit Exelon zeigt sich allerdings auch ein anderer Ansatz zur Kernenergie als hierzulande, denn Exelon betreibt Atomkraftwerke, die den Großteil der Stromerzeugung erbringen, und stuft diese als nachhaltige Energie ein. Vor allem mit der Einsparung an CO² wird geworben. Wer also in den ClearBridge-Fonds investiert erhält auch einen geringen Anteil Atomenergie, die nach Sichtweise von Anlegern unerlässlich auf dem Übergang zu einer klimaneutralen Gesellschaft sei.


Aufgestockt wurde zuletzt die Position in Vinci S.A. Hier sieht das Fondsmanagement Chancen für Erholungseffekte. Vinci sei Konzessionär der Hälfte der mautpflichtigen Straßen in Frankreich, betreibe 45 Flughäfen in zwölf Ländern und verfüge über ein globales Infrastruktur- und Baugeschäft. Der Straßenverkehr werde sich schnell erholen, bei Flughäfen rechnet das Management mit zwei bis vier Jahren, ist aber sicher, dass es zu einer Erholung kommt. „Vinci hat während der Krise Vermögenswerte erworben, die Übernahme von ACS Industrials für fünf Milliarden Euro stärkt die Präsenz im Bereich Energie-Contracting und beschleunigt die Entwicklungsstrategie für erneuerbare Energien“, hat ClearBridge analysiert. Weitere Top Ten-Werte sind Getlink, American Tower und SBA Comm (je Mobilfunkmasten bzw. drahtlose Kommunikation), weitere Versorger und wie bereits erwähnt der Eisenbahnkonzern Union Pacific.


Fazit


Mit dem LM ClearBridge Infrastructure Value Fonds holen sich Investoren ein Kernportfolio an Infrastrukturaktien ins Depot, das ein ambitioniertes Ertragsniveau adressiert, zunehmende Nachhaltigkeit verspricht und vor allem inflationsgesichert ist. Denn die Preise für Energie oder Mautgebühren werden entsprechend angepasst. Die Strategie, auf „Transitioners“ zu setzen, dürfte für einen Extra-Ertrag gut sein.