Die Automobilbranche ist immer noch Deutschlands wichtigste Branche. Mein Fondsteam und ich halten die BMW Vorzugsaktie im Max Otte Vermögensbildungsfonds (ISIN: DE000A1J3AM3) und im PI Global Value Fund (LI0034492384) – das Unternehmen besitzt kluge Hauptaktionäre, gute Produkte. Und die Aktie ist mit einem KGV von 5,6 optisch billig. Auch die Dividendenrendite stimmt aktuell mit satten 5,7 Prozent. Es könnte aber an der Zeit sein, sich von den deutschen Autobauern zu verabschieden. Seit Jahren stehen die Automobilfirmen massiv unter Beschuss. Mit einer selbstzerstörerischen Politik versuchen wir, auch noch eine der letzten Stärken der deutschen Wirtschaft zu schleifen. Die vormals satten Gewinne beginnen zu bröckeln. Der Umsatz- und Gewinnpeak ist erreicht, der Druck durch Konjunktur und neue Technologien nimmt zu. So gesehen ist die Bewertung nicht unbedingt niedrig, denn Metriken müssen immer in Relation zum (erwarteten) Gewinn gestellt werden. Seit 2015 hat sich in den Kursen nichts getan. Nach vier Jahren steht praktisch kein Gewinn für den Aktionär auf der Uhr. Das ist nicht nur auf den Dieselskandal zurückzuführen. Damals war es aus konjunktureller Sicht noch deutlich besser, die Verkäufe und Gewinne (vor allem in China) stiegen bis Ende 2017 stark an. Zudem stehen die Dividenden auf wackeligen Füßen. Daimler und BMW haben bereits leicht gekürzt.


Nachholbedarf bei Elektroautos


Es steht außer Frage, dass viel investiert werden muss, um den massiven Rückstand bei E-Autos aufzuholen. Es ist einfacher, E-Autos zu bauen, aber es ist kein Selbstläufer. Audi hat den e-Tron mehrmals verschoben. Die deutschen E-Autos sind teuer und noch ist die Modellauswahl überschaubar. Die Reichweite bleibt weiterhin ein Handicap und schön sind die Autos (i3) auch nicht gerade, verglichen mit den Verbrennern. (Letzteres ist natürlich reine Geschmacksfrage). Das Chance-Risiko-Verhältnis für die deutschen Autobauer verschlechtert sich. Sie haben jahrelang davon gelebt, dass sie regelmäßig die Preise erhöhen konnten. Es gab keine technische Deflation. Fernseher, Computer und andere Geräte werden entweder bei gleicher Leistung günstiger oder die Leistung steigt. Die Premiumautos verteuerten sich aber im Gleichschritt. Dabei befinden sich die Unternehmen schon seit Jahren in einer Rabattschlacht. Bei Tesla gibt es nicht einen Cent Rabatt, die Autos werden dem Hersteller aus den Händen gerissen. Dennoch können Sie Teslas Model 3 mittlerweile zu „Verbrennerpreisen“ haben. Und es sind keine Kampfpreise, um die Autos mit Verlust in den Markt zu drücken. Audi-Ingenieure haben das Model 3 auseinander- genommen und herausgefunden, dass es möglich und sehr wahrscheinlich ist, dass Tesla auch mit dem günstigeren Model 3 profitabel ist.


Kooperationen und Sparmaßnahmen


Um bei der E-Mobilität voran zu kommen, kündigten Daimler und BMW eine engere Zusammenarbeit an. Ob man es dadurch wirklich – wie diese Woche verkündet – „gemeinsam zum Marktführer“ schafft, ist fraglich. Wenn zwei Erzrivalen sich plötzlich zusammentun, ist das ein Indiz dafür, wie ernst die Lage ist. Eine „Daimler-BMW-AG“ wird zumindest weiter ausgeschlossen. Auch Überkreuzbeteiligungen zwischen den Konzernen seien „überhaupt kein Thema“, wie BMW-Chef Harald Krüger nun nochmals betonte.


Zu dem Münchener Autobauer gibt es diese Woche noch Weiteres zu vermelden. In seinem Bestreben, das Geschäft mit Antriebssystemen für Industriekunden auszubauen, macht BMW Fortschritte. Gerade zog BMW einen Großauftrag zur Motorenlieferung von Ineos Automotiv an Land. Für ein neues Geländewagen-Projekt hat Ineos bei BMW eine fünfstellige Zahl an Motoren bzw. Aggregaten bestellt. Derweil werden die Sparmaßnahmen weiter verstärkt. Bis Ende 2022 will BMW insgesamt mehr als 12 Milliarden Euro Effizienzpotenzial heben. So soll das Antriebsportfolio um bis zur Hälfte reduziert und der Entwicklungsprozess für neue Autos deutlich verkürzt werden. Man strengt sich also an, die operative Rendite im Autogeschäft wieder auf mindestens acht Prozent zu steigern. Da sich erst in den Folgejahren zeigen wird, ob die eingeleiteten Maßnahmen ihre erhoffte Wirkung entfalten, wird sich auch dann erst zeigen, ob BMW dieses Ziel erreichen kann.


Abschließend sei noch erwähnt, dass bei BMW zwar eine starke Eigentümerfamilie dahintersteht, das Management selbst ist aber, wie auch das von Daimler und VW, nicht in großem Stil an den Unternehmen beteiligt. VW-Vorstand Diess hat jetzt zwar für 2 Millionen Euro nachgekauft, aber in Relation zu seinem Gehalt ist es in Summe dann wieder eher überschaubar. Das ist kein gutes Zeichen.


Max Otte