Die Trump-Wahl hat die Börse befeuert und auch die Wahl in den Niederlanden ist für Anleger glimpflich verlaufen. Obwohl der Rechtspopulist Geert Wilders Stimmen hinzugewinnen konnte, hat es für einen Wahlsieg nicht gereicht. Die nächste Etappe in diesem ‚Jahr der politischen Risiken‘ steht am 23. April in Frankreich an, wo ein möglicher Wahlsieg von Marine Le Pen bei den Präsidentschafts-Wahlen weitreichende Folgen für Frankreich, Europa und die Finanzmärkte haben könnte.

Obwohl ein Wahlsieg Le Pens gegen ihre Konkurrenten François Fillon und Emmanuel Macron in der ersten Wahlrunde möglich ist, gilt Le Pen in der darauf folgenden Stichwahl im Mai Umfragen zufolge als Verliererin. Doch Umfragen können trügerisch sein das Szenario Le Pens als neue Präsidentin Frankreichs ist nicht ganz auszuschließen.

Ihr Front National will aus dem Euro austreten. Ein möglicher „Frexit“ wäre schlimmer einzuschätzen als der Brexit, da er „das ganze europäische System zusammenbrechen“ lassen könne, befürchtet die Frankfurter Rundschau. Gemeint ist eine potenzielle Rückkehr zum Franc, die eine Kapitalflucht aus Frankreich auslösen würde, weil Investoren das Abwertungsrisiko der französischen Währung absichern müssten. Dieses Risiko äußert sich derzeit in steigenden Spreads der zehnjährigen französischen Staatsanleihen (OAT) im Vergleich zu Bundesanleihen.

Nicht nur dieser Risikoaufschlag am Rentenmarkt verdeutlicht die Unsicherheit der Finanzmärkte. „Auf der Aktienseite könnte die Unsicherheit im Hinblick auf die potenziellen Auswirkungen für die EU auf dem europäischen Markt unmittelbar zu einem Kursrückgang von bis zu zehn Prozent führen“, schreibt Mark Burgess, Chief Investment Officer für die Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) sowie globaler Aktien-Chef beim Asset Manager Columbia Threadneedle Investments in einem Marktbericht. Bei den Banken könne es 20 bis 30 Prozent bergab gehen, so Burgess, weil sich bei auf Euro lautenden Forderungen und Verbindlichkeiten erhebliche Diskrepanzen ergeben würden, wenn Frankreich den Franc wieder einführte.



Wie hoch ist das „Frexit-Risiko“ für Privatanleger?
Nicht nur Medien und Asset Manager sind besorgt, selbst Analyse-Unternehmen schlagen Alarm. Die Rating-Agentur Scope warnt vor einem „Beben“ an Frankreichs Börsen, sollte Le Pen als Siegerin aus der Präsidentschaftswahl hervorgehen. Auch deutsche Anleger, die in europäische Aktien- und Rentenfonds investiert sind, würden diese Turbulenzen zu spüren bekommen. Einer Analyse des Frankreich-Anteils in den 20 größten Aktien- und Rentenfonds zufolge beträgt der Anteil französischer Assets 17 Prozent (Stand: März 2017).

Bei passiven Investments schlägt dieses Risiko doppelt so hart durch. Denn aufgrund der hohen Marktkapitalisierung französischer Unternehmen haben europäische Aktienmarktindizes einen hohen Frankreich-Anteil. Der Euro Stoxx 50, der die 50 größten börsennotierten Unternehmen der Eurozone repräsentiert, hat einen Frankreich-Anteil von fast 35 Prozent – Anleger, die einen ETF auf diesen Index im Depot haben, sind also mit über einem Drittel am Risiko der Frankreich-Wahl beteiligt. In den breiter gefassten und auch Großbritannien umfassenden Indizes MSCI Europe und EuroStoxx 600 sei der Frankreich-Anteil zwar geringer – mit knapp 16 Prozent aber immer noch signifikant, berichtet Scope.

Aktienfonds Europa – Anleger sollten Frankreich-Risiko überprüfen
Die 20 größten aktiv gemanagten Fonds aus der Peergroup „Aktien Europa“ haben im Durchschnitt den gleichen Frankreich-Anteil wie die Vergleichsindices MSCI Europe oder EuroStoxx 600. Allerdings variiert der Anteil von Fonds zu Fonds deutlich. Das Spektrum reicht von fünf bis 41 Prozent. Anleger können sich im Factsheet ihres Fonds über das aktuelle Frankreich-Exposure informieren oder in den Fondsprofilen auf FondsDISCOUNT.de nachschauen.

Unter den 20 größten Aktienfonds hat der Alken Fund - European Opportunities (ISIN: LU0235308482) einen Frankreich-Anteil von 40,86 Prozent (FWW, Stand: 29.03.2017). Bei einem Fondsvolumen 2,24 Milliarden Euro stehen also Assets in Wert von 896 Millionen Euro im Risiko. Im aktuellen Factsheet beschreibt der Fondsmanager die politische Unsicherheit in Frankreich kurzfristig gesehen als den größten Unsicherheitsfaktor. „Trotzdem verbessern sich nach wie vor die Grundlagen der europäischen Unternehmen und bestärken damit unser Vertrauen in das Portfolio“, heißt es weiter.

Auch der Pioneer Funds - European Equity Target Income (ISIN: LU0701926320) ist 19,7 Prozent in Frankreich investiert und deutlich übergewichtet. Im Vergleich der 20 größten Fonds liegt er mit diesem Anteil im Mittelfeld. Eine Erklärung für die Zuversicht der Fondsmanager ist die Risikosteuerung bei aktiv gemanagten Fonds. Im Gegensatz zu passiven Investments können sie Kursverluste antizipieren und Assets flexibel umschichten.

Wer sich allerdings nicht auf das Risikomanagement verlassen möchte, kann sich auch einen Europa-Fonds mit geringem Frankreich-Risiko aussuchen. Der Fonds mit dem geringsten Frankreich-Exposure (6 %) ist der Invesco Pan European Structured Equity Fund (ISIN: LU0119750205).

Rentenfonds Europa – Frankreich deutlich untergewichtet
Wie sieht es nun auf dem Rentenmarkt aus? Die 20 größten aktiv gemanagten Fonds aus der Peergroup „Renten Euro“ haben einen Frankreich-Anteil von durchschnittlich 20 Prozent und sind im Vergleich zu den gängigsten europäischen Rentenindizes für in Euro notierte Anleihen wie den Citi Euro Broad Investment-Grade Bond Index und den Citi EMU Government Bond Index bereits untergewichtet. Auch hier kann das Spektrum jedoch von drei bis 37 Prozent deutlich variieren.

Der Parvest Bond Euro (ISIN: LU0075938133) ist mit knapp 29 Prozent in französische Rentenpapiere investiert und liegt am oberen Ende der Vergleichsgruppe der 20 größten Rentenfonds. Der Robeco Euro Government Bonds (ISIN: LU0213453268) liegt mit einem Frankreich-Exposure noch immer im oberen Mittelfeld. Der PIMCO GIS Euro Income Bond (ISIN: IE00B3QDMK77) hingegen verzichtet mit nur 3,6 Prozent französischer Wertpapiere fast komplett auf das Frankreich-Risiko.

Hinweis: Die komplette Fonds-Studie von Scope steht auf der Webseite der Rating-Agentur zum Download zur Verfügung.

Frankreich-Wahl: Die Chance neben dem Risiko
Der schlimmste anzunehmende Umstand, dass Le Pen die Wahl gewinnt und danach auch den Euro-Austritt bewerkstelligt gilt aufgrund der politischen Machtverhältnisse in der Parteienlandschaft jedoch als sehr unwahrscheinlich, denn dazu benötigte Le Pen eine Mehrheit in der Nationalversammlung, damit sie sich gegen das Parlament durchsetzen kann.

Für eine Abschaffung des Euro ist zudem ein Referendum erforderlich. Gegenwärtig sprechen sich Renaud zufolge jedoch zwei Drittel der Franzosen für den Verbleib in der Gemeinschaftswährung aus.

Sehr viel wahrscheinlicher ist eine Niederlage der Rechtspopulistin. Dies wiederum dürfte den europäischen Aktienmarkt beflügeln. Die Investmentbanker von JPMorgan rechnen einem Bericht von CNBC zufolge mit Kurssteigerungen von bis zu zehn Prozent. Die Wahl am 23. April in Frankreich hält also nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für Anleger bereit.