FondsDISCOUNT.de: Sie reklamieren für Swisscanto Invest, bereits seit Jahrzehnten nachhaltige Fonds anzubieten? Welche Summe managen Sie derzeit unter wie strengen Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten?


Jan Sobotta: Es sind derzeit rund acht Milliarden Euro von insgesamt 170 Milliarden Euro, die wir unter nachhaltigen Gesichtspunkten als Asset Manager verwalten. Die Strenge der Kriterien unterscheidet sich bei den beiden Produktlinien Responsible und Sustainable, wobei die Sustainable-Fonds im Marktvergleich mit die strengsten Kriterien aufweisen. Im Laufe des Jahres werden allerdings nahezu alle Fonds auf eine nachhaltige Strategie umgestellt.


Können Sie basierend auf der langjährigen Erfahrung den Mehrwert beziffern, den nachhaltige Investments erzielen?


Der Mehrwert liegt darin, verantwortungsbewusst zu investieren, ohne dabei auf Rendite zu verzichten. Es gab Zeiten, da wurde dieses Vorurteil tatsächlich häufiger genannt. Aber es existieren seriöse Studien, die aufzeigen, dass sowohl nachhaltige als auch herkömmliche Fonds outperformen können und nicht prinzipiell eine Gattung dauerhaft weniger oder mehr Rendite ausweist.


Sie sprachen die zwei Kategorien von Nachhaltigkeitsfonds - Responsible und Sustainable - an. Gibt es tatsächlich unterschiedliche Investorengruppen in diesem Segment mit unterschiedlichen Bedürfnissen? Können Sie die typisieren?


Die gibt es tatsächlich und daher haben wir uns vor knapp zwei Jahren entschlossen, beide Nachhaltigkeitsprofile anzusprechen: Responsible für Einsteiger ins nachhaltige Fondssegment und Investoren, die bewusst nicht zu viele Ausschlüsse wünschen. Und Sustainable für Anleger, die puristische Nachhaltigkeitsfonds wünschen ohne Wenn und Aber.


Welche konkreten Ausschlüsse weisen die strengeren Sustainable-Fonds auf, wie sieht es im Vergleich bei den Responsible-Fonds aus?


Für das Responsible-Universum durchlaufen Unternehmen einen zweistufigen Filterprozess. Dadurch fallen etwa 20 Prozent des Ausgangsuniversums weg. Im ersten Schritt werden Unternehmen ausgeschlossen, die in kontroversen Bereichen aktiv sind, etwa in der Herstellung von Waffen, Kohlereserven oder Pornographie. Im zweiten Schritt werden die Unternehmen mit den tiefsten ESG-Bewertungen pro Sektor und Region identifiziert (so genanntes Laggard-out-Verfahren).


Bei den Sustainable-Fonds haben wir unter den Überbegriffen Anthropogener Klimawandel, Gefährdung der Erdatmosphäre, Rückgang der Artenvielfalt sowie Gefährdung von Gesellschaft und Gesundheit über 20 Ausschlusskriterien festgelegt. Diese führen bei den Aktienindizes zu einem Ausschluss von rund 20 Prozent des Anlageuniversums. Nach Anwendung unseres ESG-Quant-Scores und einer Impact-Bewertung schließen wir schlussendlich etwa 70 Prozent des Universums aus und erstellen aus den verbleibenden Werten aktiv die Portfolios.


Wie werden ganz konkret die Sustainable Development Goals der UN in Ihren Nachhaltigkeitsfonds unterstützt?


Durch die Berücksichtigung eines positiven Impacts. Darunter verstehen wir, dass Unternehmen mit ihren Produkten, Dienstleistungen oder Technologien einen Beitrag zur Erreichung der Sustainable Development Goals leisten. Diese 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung wurden von den Vereinten Nationen ausgerufen und sollen weltweit der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene dienen. Für uns sind diese Ziele ein sinnvoller Gradmesser in punkto Nachhaltigkeit.


Nutzen Sie die Möglichkeit, als Investor im Dialog mit Unternehmensverantwortlichen oder während Hauptversammlungen mehr nachhaltiges Handeln einzufordern?


Das machen wir, denn die aktive Einflussnahme institutioneller Aktionäre auf Unternehmen ist relevant für nachhaltige Anlagen. Zu diesem „Engagement“ zählen die direkte Kommunikation mit dem Management oder dem Verwaltungsrat (Dialog), die aktive Wahrnehmung der Stimmrechte sowie die Traktandierung von Anträgen an Hauptversammlungen (HV). Neben Engagement für eine bessere Corporate Governance werden zunehmend Umwelt- und Sozialthemen angesprochen. So fordern Investoren Verbesserungen von Unternehmen, die ihre Umwelt- und sozialen Risiken vernachlässigen und damit langfristig auch ein finanzielles Risiko eingehen. Die internationale Investoreninitiative UN PRI (Principles for Responsible Investing) koordiniert für mehr als 1700 Unterzeichner mit einem Anlagevolumen von etwa USD 75 Billionen regelmäßig soziale oder ökologische Engagements. Swisscanto Invest nimmt an diesen gemeinsamen Engagements im Rahmen der UN-PRI-Plattform teil.


Wie sieht es mit den Mittelzuflüssen aus: Steigen Sie bei Ihren nachhaltigen Fonds überproportional? In welchem Maße?


Wir hatten in 2019 das beste Jahr seitdem wir in 2002 mit dem Vertrieb in Deutschland starteten - und das beruhte zu 100 Prozent auf den nachhaltigen Fonds. Die Kunden schätzen unsere langjährige Expertise und schenken uns dafür das Vertrauen. Insbesondere die strengen Sustainable-Fonds stehen im Vordergrund, denn viele Kunden sagen sich: "Wenn schon nachhaltig, dann aber richtig“.