Privatanleger kauften von der Hamburger Magellan Maritime Services GmbH (MMS) Container, welche die Transportboxen dann weiter an internationale Reedereien vermietete. Anleger sollten von laufenden Mietzahlungen und einem Rückkaufpreis am Ende der Laufzeit profitieren. Rund 9.000 Anleger haben so insgesamt etwa 350 Millionen Euro in den Kauf von Containern von MMS investiert.

Am 1. September 2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen von MMS eröffnet und die Anleger stehen vor der Frage, wer denn nun tatsächlich Eigentümer der Container ist. Denn dieser Aspekt ist derzeit durchaus strittig: Gehören die Container den Anlegern oder MMS? Wir haben den Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt von der Kanzlei Reimer Rechtsanwälte um eine Darlegung seiner Auffassung gebeten. Zahlreiche Anwälte und auch Vermittlerorganisationen bewerten die Eigentumsfrage jedoch anders – bei der bevorstehenden Gläubigerversammlung am 18. Oktober 2016 in Hamburg könnte es daher zu hitzigen Diskussionen und sogar zu einer Abwahl Borchardts kommen.

FondsDISCOUNT.de: Herr Borchardt, strittig ist momentan die Frage, ob die Investoren tatsächlich Eigentümer der Container sind. Nach Ihrer Auffassung sollen die Mieten, die von Reedereien für die Nutzung der Container gezahlt werden, nicht direkt an die Investoren fließen, sondern stattdessen in die Insolvenzmasse eingehen. Wie lautet Ihre Begründung?
Peter-Alexander Borchardt: Die Container-Mietverträge bestehen zwischen Magellan und den Reedereien. Aus Sicht der Reedereien ist daher allein Magellan Vertragspartner und Gläubiger der Mietzinszahlungen. Es ist die Pflicht eines jeden Insolvenzverwalters, derartige Verbindlichkeiten einzuziehen und zu sichern. Das habe ich getan.
Ob und in welcher Höhe diese Mieten zur Insolvenzmasse zählen, ist noch unklar. Daher habe ich ein Anderkonto für die Mietzinszahlungen der Reedereien eingerichtet. Diese Konten bleiben bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage unberührt. Möglicherweise muss die Frage der Eigentumsverhältnisse und der daraus abzuleitenden Rechte im Rahmen eines Musterprozesses geklärt werden.

Rechtlich eindeutig einzuordnen sind hingegen die Mietzinszahlungen der Reedereien für die unstreitig ca. 27.000 eigenen Container aus der Eigenverwaltung von Magellan. Diese zählen zweifelsfrei zur Insolvenzmasse.
Zum weiteren Hintergrund: Mit den Investoren hat Magellan standardisierte Vertragswerke geschlossen. Deren wesentliche Bestandteile bestanden aus einem sog. Kaufvertrag sowie ein sog. Verwaltungsvertrag/-auftrag. Nach der Kaufpreiszahlung erhielten die Investoren ein sogenanntes Eigentumszertifikat.

Im Rahmen meiner Prüfungen haben sich Zweifel ergeben, ob das Eigentum an den Containern jemals rechtswirksam an die Investoren übertragen wurde. Diese Zweifel erstrecken sich auch auf den Umfang der Investorenrechte aus den sogenannten Verwaltungsverträgen, insbesondere an einem Rechteerwerb der Investoren an den Mietansprüchen gegenüber den Reedereien.

Ich habe daher die renommierte Anwaltskanzlei CMS Hasche Sigle (CMS) beauftragt, diese rechtlichen Fragen ergebnisoffen zu prüfen. CMS hat meine Bedenken geteilt. Die rechtlichen Begründungen für diese Zweifel finden sich sowohl im Insolvenzeröffnungsgutachten als auch im CMS-Gutachten. Diese Gutachten stehen den Investoren zur Verfügung.

Sollten sich diese Zweifel hinsichtlich der Eigentumsrechte und daraus abzuleitenden Rechten bestätigen, hätten die Investoren einen umfassenden schuldrechtlichen Anspruch gegen Magellan. In jedem Fall wird den Investoren daher der allergrößte Teil der eingehenden Mietzinsen zustehen. Dies ist unabhängig von der Frage der Eigentumsverhältnisse an den Containern.

Auf welche Summe belaufen sich die ausstehenden Mieten bzw. wie ist der aktuelle Stand: Haben die Reedereien, die die Container nutzen, die fälligen Mieten inzwischen bezahlt?
Die Ansprüche auf Mietzinszahlungen gegenüber den Reedereien betrugen zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung rund 2,7 Millionen Euro p.M. Die Reedereien sind ihren Verpflichtungen in den vergangenen Monaten nachgekommen.

Wie hoch ist die Insolvenzmasse, um die es hier geht?
Der Wert des Anlage- und Umlaufvermögens betrug zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung rund 138 Millionen Euro. Sollten die Investoren Aussonderungsrechte besitzen, betrug das freie Anlage- und Umlaufvermögen zum Zeitpunkt der Eröffnung rund 22 Millionen Euro. In diesen 22 Millionen Euro sind die Werte der Investoren-Container sowie der daraus fließenden Mieten ausdrücklich nicht enthalten.

Was erwartet die Anleger bei der Gläubigerversammlung am 18. Oktober 2016 und wie können sich die betroffenen Investoren auf diesen Termin vorbereiten?
Bei der Gläubigerversammlung werde ich über den Fortgang des Verfahrens berichten und Lösungsszenarien vorstellen, um den Interessen der Gläubiger bestmöglich gerecht zu werden und ihren finanziellen Schaden möglichst gering zu halten. Das beinhaltet insbesondere mögliche Angebote zur Übernahme des Magellan-Investments durch einen großen Investor. In der Versammlung werden die Gläubiger unter anderem über diese Vorschläge abstimmen. Zur Vorbereitung auf diese Versammlung werden die Investoren von mir Anfang Oktober 2016 ein Informationsschreiben erhalten, in dem ich über den aktuellen Stand der Sanierungsbemühungen berichten sowie die möglichen Lösungsszenarien darstellen werde.
Alle Anleger und alle bekannten sonstigen Gläubiger wurden von mir schriftlich über die Insolvenzeröffnung informiert. Mit diesem Schreiben habe ich ihnen u.a. erläutert, wie sie mögliche Forderungen form- und fristgerecht zur Insolvenztabelle anmelden können. Außerdem haben sie mit diesem Schreiben die Zugangsdaten zum Gläubigerinformationssystem erhalten. In diesem Online-System finden sich u.a. das vollständige Insolvenzeröffnungsgutachten sowie das Rechtsgutachten von CMS Hasche Sigle.

Herr Borchardt, vielen Dank für Ihre Auskünfte!