Der Begriff der Nachhaltigkeit ist schwer zu fassen. Noch viel schwieriger wird es, Unternehmen zu identifizieren, die tatsächlich nachhaltig wirtschaften und sich nicht nur hinter dem Etikett dieses Trendbegriffs verstecken. Ein kleiner Überblick über die Entstehung des neuen Bewusstseins am Kapitalmarkt verdeutlicht jedoch, wie weit das Bedürfnis der Anleger, Gutes zu tun, bereits fortgeschritten ist.

Die Research-Abteilung von Arabesque Partners notiert den Ursprung der nachhaltigen Generation (engl. Generation Sustainability) in den 90er Jahren, als der damalige UN Generalsekretär Kofi Annan den „Global Compact of shared values to give a human face to markets“ ins Leben gerufen hat. Unternehmen sollten überzeugt werden, dass es sich lohnt, Menschrechte, Arbeitsrechte, Umweltschutz und Korruption im wirtschaftlichen Alltag zu berücksichtigen, weil dadurch langfristig bessere Umsätze, geringere Kosten sowie eine Verbesserung der Unternehmensreputation folgen würde. Anfangs waren es nur 47 Unternehmen, die sich öffentlich zu diesen Prinzipen bekannt haben. Heute sind es mehr als 9.000 Unternehmen aus über 160 Ländern, die sich freiwillig den Prinzipien des UN Global Compact verpflichten.

Eine weitere Institution nachhaltigen Wirtschaftens ist die Global Reporting Initiative (GRI), die im Jahr 2000 die ersten Richtlinien zur Veröffentlichung von Informationen zu Unternehmensführung, Umwelt und Soziales herausgegeben. Die Zahl der anfänglich 48 Unternehmen, die sich dieser transparenten Unternehmens-Kommunikation nach außen verpflichteten, hat im vergangenen Jahr die 6.000er-Grenze überschriten.

Auch große Unternehmen folgen dem Trend. Im Jahr 2011 haben nach Angaben des Governance an Accountability Institutes 20 Prozent der Unternehmen, die im S&P500 gelistet sind, einen Nachhaltigkeitsbericht verfasst. In 2015 waren es schon mehr als 80 Prozent, wobei mehr als die Hälfte dieser Berichte von einer unabhängigen Drittpartei verifiziert worden sind.

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Um sich die Dimensionen vor Augen zu führen, hilft es, sich die Zahl der relevanten Organisationen anzuschauen, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verschreiben. Mehr als 120 Ratingorganisationen für Nachhaltigkeits-Informationen gibt es derzeit gemäß der in New York ansässigen Global Initiative for Sustainability Ratings (GISR). Zu nennen wären dabei zum Beispiel der International Integrated Reporting Council (IIRC) sowie das Sustainability Accounting Standards Board (SASB), die zur Verbesserung der Datenqualität von Nachhaltigkeitsinformationen beitragen.

S-Ray: Mit dem Röntgenblick zum nachhaltigen Wirtschafts-Kreislauf
Mit der Flut der Informationen entsteht ein neues Problem: Welche Regeln gelten für welche Akteure? In den weltweit 50 größten Volkswirtschaften gibt es mehr als 300 Regelwerke zur Integration von ESG Informationen. Mehr als die Hälfte der Regulationen wurden im Zeitraum von 2013 bis 2016 verabschiedet. Die Europäische Union hat mit der im Oktober 2016 verabschiedeten Richtlinie für Unternehmens-Pensionskassen eine internationale Führungsrolle übernommen. Diese Richtlinie wird aktuell in nationales Recht übersetzt und verpflichtet Unternehmenspensionskassen dazu, Klimarisiken, ESG Informationen sowie normative Werte bei der Investmententscheidung zu berücksichtigen und darüber zu berichten.

In den letzten Jahren haben Unternehmen und Investoren den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Wertentwicklung erkannt und Nachhaltigkeit als einen wichtigen Bestandteil der Unternehmensstrategie definiert.

Ein neues Kapitel in der Geschichte der Nachhaltigkeit zeichnet sich mit dem Projekt S-Ray ab. S-Ray‘ ist ein zusammengesetztes Wort aus ‚Sustainability (Nachhaltigkeit)‘ und ‚X-Ray (Röntgen)‘ und setzt sich zum Ziel, die Fülle der Informationen zu bündeln und einer breiten Masse transparent und kostenfrei auf einem Portal zur Verfügung zu stellen. Sein Initiator Arabesque wurde von der Nachrichten-Agentur Reuters bereits als das „Tesla der Finanzwirtschaft“ bezeichnet.

Mehr über das Projekt lesen Sie im zweiten Teil:

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S-Ray – Das Kapital sucht sich den Weg zu nachhaltigen Aktien