FondsDISCOUNT.de: Frau Bruegel, ein Fonds, der speziell auf die Unterstützung und Förderung der Kinderrechte ausgelegt ist – woher kommt diese Idee?


Berenice Bruegel: SOS-Kinderdörfer weltweit hatte schon längere Zeit die Idee, einen Investmentfonds mit dem Fokus auf Kinder zu entwickeln. Ende 2020 haben unsere Wege dann zueinander gefunden, da auch uns bei der GLS Investments die soziale Komponente und eine ganzheitliche Betrachtungsweise von Nachhaltigkeit sehr wichtig ist. Wir teilen die Vision, eine sozial gerechtere und ökologisch nachhaltigere Zukunft für alle zu schaffen. Das Konzept und die konkrete Ausgestaltung des Kinder Perspektivenfonds (ISIN: DE000A3DEBS8) haben wir dann gemeinsam entwickelt. Unsere Perspektiven haben sich super ergänzt und die Zusammenarbeit hat sehr gut geklappt.


Lesetipp: Kinder Perspektivenfonds – Investieren für eine nachhaltige Zukunft


Für eine lebenswerte Zukunft sind nachhaltige Investments unumgänglich. Immer mehr Anleger sowie auch Anbieter von Finanzprodukten haben dies inzwischen erkannt – und auch die Politik zieht nach. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein: Sind wir auf dem richtigen Weg, oder müsste noch viel mehr passieren?


Ich denke wir befinden uns auf dem richtigen Weg, aber es muss noch viel passieren. Unternehmen müssen sich mittlerweile Gedanken um Nachhaltigkeit machen – das fordern die regulatorischen Vorgaben im Investmentbereich ganz eindeutig ein. Besonders das „E“ in ESG ist schon gut repräsentiert – Kennzahlen und Kriterien haben sich bereits etabliert. Aber im sozialen Bereich, dem „S“ in ESG, gibt es noch viel zu tun. Es ist schwieriger, soziale Kriterien in Kennzahlen zu erfassen und zu systematisieren. Für uns sind die sozialen Kriterien aber dennoch gleichwertig zu betrachten, auch wenn es dann häufig eine qualitativere Entscheidung ist, ob investiert wird oder nicht.


GLS Investment ist eine hundertprozentige Tochter der GLS Bank – die 1974 als erste Bank gegründet wurde, die nach sozial-ökologischen Grundsätzen agiert. Das Thema Nachhaltigkeit ist also gewissermaßen Teil der DNA. Wird dies im Unternehmen selbst auch gelebt?


Neben dem sozial-ökologischen Kerngeschäft leben wir in der GLS Gruppe Nachhaltigkeit nach innen und außen.


Das interne Nachhaltigkeitsmanagement kümmert sich neben offensichtlichen Dingen wie Mitarbeitenden-Mobilität und Frühstück und Mittagessen in Bioqualität auch um Themen wie Gleichstellung und Diversität. So haben wir als eines der ersten Finanzinstitute überhaupt unseren Gender-Pay-Gap veröffentlicht. Verschiedene Maßnahmen helfen dabei, die Ungleichheiten zu verringern, so haben wir beispielsweise schon lange Eltern-Kind-Büros in der GLS Bank, Ferienbetreuung – und aktuell bauen wir sogar eine eigene KiTa direkt vor unserem Bankgebäude. Führung ist auch in Teilzeit- oder Sharing-Modellen möglich. Solche sozialen Aspekte gehören für uns ganz eindeutig zu ganzheitlicher Nachhaltigkeit dazu.


Nach außen engagieren wir uns lautstark politisch und fordern schon seit Jahren politische Rahmenbedingungen für mehr Klimaschutz und einen sozialeren und gerechten Wandel der Wirtschaft.


Sie selbst sind nicht nur Senior-Nachhaltigkeitsanalystin bei GLS Investments, sondern auch Teil des Engagement Councils, der unter der Leitung der SOS-Kinderdörfer weltweit den Kinder Perspektivenfonds als Expertengremium unterstützt. Verschmelzen diese beiden Aufgaben in Ihrem Arbeitsalltag, oder trennen Sie sie bewusst voneinander?


Für mich verschmelzen die Aufgaben ganz klar. In meinem Arbeitsalltag analysiere ich Unternehmen nach sozial-ökologischen Kriterien und versuche mir ein möglichst holistisches Bild zu machen. Dabei spielen die schon erwähnten qualitativen sozialen Kriterien eine ebenso große Rolle wie die ökologischen Fakten. Durch die Arbeit im Engagement Council gelingt es mir, hier nochmal eine ganz andere Perspektive einzunehmen – wie wirken sich bestimmte Unternehmenspraktiken und Richtlinien auf Kinder aus? Müssen bestimmte soziale Kriterien, z. B. die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, höher gewichtet werden? Diese neuen Perspektiven und Expertise aus dem Engagement Council bereichern meine tägliche Arbeit, und gleichzeitig ist es mir so alltäglich möglich, die Bedeutung von Kinderrechten bei Unternehmen und Investoren präsenter zu machen.


Was genau sind die Aufgaben des Engagement Councils und wer gehört noch zu den Mitgliedern?


Der Engagement Council wird von den SOS-Kinderdörfern weltweit geleitet und kann als Beratungsgremium für die speziell auf Kinderrechte fokussierte Ausrichtung des Kinder Perspektivenfonds und die dazu notwendigen sozial-ökologischen Kriterien gesehen werden. Zusätzlich sieht das Gremium es als seine Aufgabe, auch in den direkten Dialog zu Kinderrechtsthemen mit Unternehmen zu gehen. Hier agiert der Engagement Council möglichst lautstark als Fürsprecherin zur Einhaltung von Kinderrechten in wirtschaftlichen Zusammenhängen.


Neben erfahrenen Kinderrechtsexpert*innen wie Lanna Idriss, Vorständin der SOS-Kinderdörfer weltweit, Susanna Krüger, ehemalige CEO von Save the Children, oder Üwen Ergün, Vorsitzender und Geschäftsführer des KinderRechteForum und politischer Berater, haben wir auch Expert*innen für Impact Investing dabei. So zum Beispiel Dr. Andreas Rickert, Co-CEO von NIXDORF Kapital und CEO von PHINEO, einem Think-and-Do-Tank für strategische Philanthropie und Impact Investing.


Woher kommt Ihre persönliche Leidenschaft für das Thema Nachhaltigkeit – und ganz speziell Kinderrechte?


Es stellt sich ja fast die Frage, wie einem das Thema Nachhaltigkeit nicht wichtig sein kann. Mittlerweile tangiert der Klimawandel wirklich alle Menschen in ihrer Lebensgrundlage. Für mich geht es aber am meisten um Gerechtigkeit: Fast jeder wirtschaftliche Gewinn geht auf Kosten anderer Menschen. Kinder und Jugendliche ziehen hier oft den Kürzeren, denn in vielen Bereichen und Ländern werden Rechte von Kindern noch nicht so selbstverständlich gewahrt, wie es manchmal scheint. In sowohl meinem Studium als auch in meinen beruflichen Erfahrungen habe ich gelernt, dass Wirtschaft auch anders geht und dass einige Unternehmen schon „enkeltauglich“ wirtschaften. Es freut mich also sehr, dass ich tagtäglich daran mitarbeiten darf Unternehmen und Investoren für das Thema Kinderrechte zu sensibilisieren; denn nur zusammen können wir die Welt gerechter für alle Menschen – auch in zukünftigen Generationen – gestalten.


Frau Bruegel, herzlichen Dank für Ihre Antworten!